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Knecht – Die Schattenherren II

Knecht – Die Schattenherren II

Titel: Knecht – Die Schattenherren II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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Tat merkwürdig. Normalerweise schlug ein Blitz am höchsten Punkt ein. Genau deswegen hatte Bren die Reiter in den Nachtschattenwald befohlen, zwischen die Bäume, trotz der gequälten Gesichter, die ihnen aus ihren Stämmen entgegenglotzten, ihnen stumme Warnungen zuschrien.
    »Ausgerechnet der Bannerträger«, murmelte Bren, als er sich neben den Toten hockte.
    Die prasselnden Tropfen verdampften auf dem heißen Kettenpanzer. Winnor war bei lebendigem Leibe gebraten worden, verschmort schon, bevor er auf dem Boden aufgeschlagen war. Auch sein Pferd war tot, aber die Kameraden rundherum waren unverletzt.
    »Das geht nicht mit rechten Dingen zu«, sagte Hauptmann Boldrik. »Da ist Magie im Spiel.«
    »Unsinn!«, zischte Bren. Solch ein Gerücht durfte sich nicht verbreiten. »Heb das Banner auf.«
    »Aber …«
    Bren ruckte zu ihm herum, starrte ihn an.
    »Ja, Herr.«
    Tatsächlich war Zauberei nach allem, was Bren darüber wusste, nicht dazu fähig, ein Gewitter zu kontrollieren. Die Erscheinungen der Natur entsprangen dem Wirken der Götter, und denen war Magie aller Art verhasst. Die dunkle Kunst war im Wortsinne widernatürlich.
    Andererseits hatte Bren niemals Umgang mit Fayé gepflegt. Ihre Magie sollte anders sein als die der Osadroi. Bei ihnen zwang der Zauberer die Wirklichkeit nicht unmittelbar unter seinen Willen, sondern handelte einen Pakt mit einem heraufbeschworenen Dämon aus, der dann seinerseits übersinnliche Kräfte anwandte. Aber für Bren waren das alles nur Informationen, die von einem Mund zum anderen gereicht worden waren. Wenig mehr als Gerüchte. Er hoffte, dass die Sonne bald unterginge. Dann würden die Osadroi erwachen, zumindest Gadior. Velon schlief manche Nächte durch.
    »Verfluchte Wolken!«, zischte Bren. Man konnte nicht erkennen, wie hoch die Sonne noch stand. Nach seinem Zeitgefühl konnte die Nacht nicht einmal mehr eine Stunde entfernt sein. Der Winter hatte den Kampf gegen den Frühling noch nicht aufgegeben, noch waren die Tage kurz.
    Boldrik hatte das Banner zaghaft aus dem Schlamm gehoben. Bren nickte ihm ermutigend zu. Noch hat dich der zuckende Tod nicht gefunden.
    Es brachte nichts, länger bei der Leiche zu verweilen. Jeder Blitz zeigte nur das, was die vorigen schon enthüllt hatten. Einen Körper mit so dunkler Haut, als hätte man ihn zwei Stunden auf einem Spieß über dem Feuer gedreht. »Wartet, bis er abkühlt, dann schlagt ihn in eine Decke und legt ihn auf ein Packtier. Wir werden ihn später begraben.« Er würde nichtzulassen, dass Winnor ein Schmaus für Ghoule würde. Oder für andere Aasfresser, die in diesem Wald ihr Unwesen treiben mochten.
    Boldrik war nicht dumm. Als Bren wieder in den Sattel stieg, hatte er das Banner bereits weitergegeben. Bren winkte ihn zu sich heran. »Sorge dafür, dass die Männer ein Lager aufschlagen. Sie sollen sich zu Schwadronen zusammenfinden und Planen abspannen.«
    »Der Boden ist nass wie ein Sumpf, Herr!«
    »Ich weiß. Aber es sieht nicht so aus, als ließe der Regen nach. Unter den Planen schaffen wir es vielleicht, Holz zu entzünden, und an den Feuern können wir uns trocknen.«
    Zweifelnd sah sich Boldrik um.
    »Ich weiß nicht, Herr …«
    »Du musst nur eines wissen, Hauptmann. Dein General hat dir einen Befehl erteilt!«
    Er straffte sich. »Ja, Herr.«
    Ein Feldherr musste kein Despot sein, aber Befehl und Gehorsam waren das Fundament jedes Heers. Nur dieses Prinzip ermöglichte, dass hundert oder tausend Mann handelten, als seien sie von einem einzigen Geist gelenkt. Nur so konnten sie ihre Kraft an der schwächsten Stelle der feindlichen Formation massieren, sie aufbrechen und den Gegner bezwingen. Die Offiziere mussten die Truppen ebenso beherrschen wie ein Kämpfer seinen eigenen Körper. Sieger überlebten, Verlierer starben. Meistens jedenfalls. Also rettete die Disziplin das Leben der Krieger, auch wenn sie manchmal mit den Zähnen knirschten, während sie einen Befehl ausführten. Für Disziplin war es hilfreich, wenn man nicht kumpelhaft mit seinen Untergebenen umging. Bren beschränkte sich meist auf das Geben von Befehlen, er zechte nie mit seinen Kriegern. Von vielen kannte er nicht einmal den Namen, das machte es leichter, sie in den Tod zu schicken. Was er an Nähe brauchte, bekam er von Sutor. Eigentlich war er ein Einzelkämpfer. Seinen Erfolg als Kommandant verdankte er der Begabung, das, was er beim Fechten gelernt hatte, auf große Formationen zu übertragen. Es gelang erstaunlich gut,

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