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Knecht – Die Schattenherren II

Knecht – Die Schattenherren II

Titel: Knecht – Die Schattenherren II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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menschlichen Verstand entzogen. Zum Teil gehörten sie der Sphäre der Geister an, sagte man. Seit Jahrhunderten lebten sie im Nachtschattenwald, den sie im Silberkrieg vollständig zurückerobert hatten, an der Seite Ondriens. Nach dem Silberkrieg hatten sie nie gemeinsam mit den Ondriern gefochten, darum kannte Bren sie nur aus Erzählungen und den Lehrschriften für hohe Offiziere des Heeres.
    »Ein Fayé, den die Sterblichkeit ruft …« Velon lehnte sich vor. »Die Leere, nicht wahr? Sie verlieren irgendwann die Freude am Leben, und dann gewinnt das Alter Macht über sie.«
    Gadior nickte. »Bei uns ist es die Erinnerung, und sie trifft uns am Anfang, nach der Umwandlung, wenn wir noch dem anhängen, was wir aufgegeben haben. Bei ihnen ist es die Leere, und sie kommt nach Jahrtausenden.«
    »Und dieser Fayé berichtete Euch von Lisanne, bevor er starb?«
    »Ja und nein. Alenias – das ist sein Name – ist nicht gestorben. Die Leere griff nach ihm, aber er setzte sich zur Wehr. Suchte nach Wegen, die ins Leben zurückführen, nach neuen Erfahrungen. Das brachte ihn auch hierher, und ich fand ihn interessant genug, um seinen Wunsch zu gewähren. Er wollte die Unholde studieren, die das Tal der Silberminen bewachen. Zu fürchten hatte er ja ohnehin nur noch wenig. Ich weiß nicht, was er in jenen Tagen und Nächten dort im Tal trieb, aberes scheint geholfen zu haben. Zumindest für den Moment. Er wirkte lebendiger, als er in seine Heimat zurückkehrte.«
    »Aber er berichtete Euch von Lisanne.«
    »Ja. Auch ein Fayé, der Jahrtausende gesehen hat, kann den Anblick einer solchen Frau nicht vergessen. Er erinnerte sich genau an sie. Lisanne«, wieder schmeckte er dem Namen nach, »muss damals direkt nach Amdra gegangen sein. Sie kannte König Ilion, mit ihm hatte sie den Bund ausgehandelt, der den Frieden der Fayé mit uns regelt. Offenbar hat er sie auch bei ihrem zweiten Besuch gastlich aufgenommen. Etwas, das heute kaum noch denkbar wäre.«
    »Sind die Fayé wirklich so abweisend geworden?«
    »Sie dulden niemanden mehr im Nachtschattenwald, der nicht zu ihrem Volk gehört. Die Lager der menschlichen Söldner befinden sich an der Peripherie. Sie wachsen, denn die Fayé sind großzügig geworden. Die Söldner können Plünderzüge gegen jede Stadt der Menschenreiche unternehmen, die ihnen genehm ist, und die gesamte Beute behalten. Nur schwangere Frauen müssen sie nach Amdra führen.«
    »Schwangere?« Velon runzelte die Stirn. »Was für eine merkwürdige Vorliebe.«
    »Ja. Ein Rätsel. Aber ein gut gehütetes. Ich gebe zu, ich habe Späher ausgeschickt. Ihre Köpfe waren schnell wieder hier, auf die Körper warte ich noch. Auch Geister habe ich beschworen, aber die Dämonen der Fayé erwiesen sich als überlegen. Das Volk des Nachtschattenwalds legt dieser Tage großen Wert auf seine Ungestörtheit.«
    Velon lehnte sich zurück. »Ich fürchte, darauf können wir keine Rücksicht nehmen.«
    »Und deswegen braucht Ihr mich. Alenias ist nicht irgendwer unter den Fayé. Er gehört der Königs-Fallan an. Für meine Gunst schuldet er mir einen Gefallen.«
    »Und Ihr glaubt, ein Geleitschreiben mit Eurem Siegel wäre nicht ausreichend?«, fragte Bren
    Gadior zuckte mit den Schultern. Er sah weiter Velon an. Auch wenn Brens frühere Aussage den Tatsachen entsprach, war jedem klar, dass Velon die Entscheidungen für die Expedition traf. »Wenn Ihr glaubt, der SCHATTENKÖNIG wüsste es zu schätzen, wenn Ihr das Angebot SEINES ergebenen Dieners zurückweist«, er verbeugte sich, »und stattdessen ein Risiko eingehen wollt, werde ich jedes Schreiben ausstellen, das Ihr begehrt.«
    Velon knurrte, ein seltenes Verhalten für jemanden, der Wert auf feine Umgangsformen legte. »Treibt es nicht zu weit.«
    »Ich treibe gar nichts. Ich diene Euch, indem ich Euch meine Einschätzung der Lage mitteile.«
    Wenig später bestiegen zwei Osadroi Velons Kutsche.

    »Das war kein Zufall!«
    Wer nicht damit beschäftigt war, sein Pferd zu beruhigen, versuchte mit gezogener Waffe zu erkennen, ob sich in den Schatten der Bäume Angreifer verbargen. Ein nahezu unmögliches Unterfangen in diesem Sturm, der auch vom Blätterdach kaum abgehalten wurde. Bren war nass bis auf die Knochen. Obwohl die Wolken das Tageslicht abblockten und die Regenflut alle Fackeln gelöscht hatte, konnte man sich halbwegs orientieren. Selten vergingen mehr als drei Herzschläge zwischen den Blitzen. Einer davon hatte Winnor niedergestreckt, und das war in der

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