Knecht – Die Schattenherren II
ihrem Kissen. »Elfenbein«, wisperte er. »Genau, wie ich sie in Erinnerung hatte.«
»Dann ist sie echt?«, fragte Gadior.
»Ohne Zweifel.« Er berührte sie nur mit den Fingerspitzen, drehte sie, wagte nicht, sie nah an sein Gesicht zu führen.
»Lisanne überließ der Gilde von Ejabon-vor-dem-Nebel ihre Krone für die Dienste, die wir ihr leisteten.«
Auch Bren stand nun auf. »Ihr habt sie gut verwahrt. Nun werden wir sie mit uns nehmen.«
»Das glaube ich nicht.«
Brens Griff schloss sich um den Morgenstern. »Wo ist die Schattenherzogin?«
»Nicht hier. Nur ihre Krone ist in Ejabon geblieben. Sie mag Euch ein heiliges Artefakt sein, aber es ist nicht unsere Art, Geschenke zu machen.« Sie sah auf die beiden Sklavinnen. Gadiors Opfer regte sich nicht, Tinaji starrte mit leerem Blick gegen die Decke. Sie hatte noch nicht einmal das Blut von ihren Wangen gewischt.
»Was wollt ihr dafür?«, fragte Velon, ohne den Blick abzuwenden. Gadior trat neben ihn, eine Bewegung voller Andacht.
»Wir werden sie Euch überreichen.« Barea und Birra stellten sich neben Nerate. »Auf den Trümmern von Katenos.«
Velon runzelte die Stirn. »Was soll das sein?«
»Katenos ist ein Furunkel am Hintern des Meers der Erinnerung. Und unser einziger Konkurrent im Handel mit einem Gut, das wir sehr schätzen.«
»Alaun«, vermutete Kiretta.
»Ihr kennt Euch gut aus.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Ich habe eine gesunde Nase. Östlich Eurer feinen Insel wünschte ich, es wäre nicht so gewesen. Ihr wascht das Färbesalz mit scharfem Zeug aus dem Schiefer, nicht wahr?«
Nerate nickte. »Es hat seinen Grund, dass die Ostseite unserer schönen Insel unbesiedelt ist. Und das sind nicht die wenigen Tage, an denen der Wind vom Seelennebel herüberweht. Meist kommt er aus Westen. Die Bergwerke verbreiten einen unangenehmen Odem, das ist nicht zu leugnen.«
»Ich erinnere mich, das ein oder andere Sklavenschiff mit Kurs auf Ejabon gesehen zu haben.«
»Nicht jeder ist so glücklich wie die Schönen, die in unseren Palästen Dienst tun dürfen.«
Gadiors Opfer war noch immer bewegungslos.
»Und nicht jedes Schiff findet den Weg an sein Ziel«, grinste Kiretta, was ein Stirnrunzeln Nerates zur Folge hatte.
»Genug davon«, bestimmte Velon. »Bren, kümmere dich um diese Kleinigkeit.« Mit sichtbarem Widerwillen legte er die Krone zurück auf ihr Kissen. »Ich will sie schnell erledigt haben.« Er sah die Gildenmeisterinnen an. »Wir wandeln eure Rivalen zu Staub, ihr gebt uns die Krone und sagt uns, was ihr über Lisannes Verbleib wisst. Ist das unser Handel?«
Nerate lachte. »Sagen wir: Wenn wir auf den Trümmern von Katenos stehen, bekommt Ihr die Krone und wir unterhalten uns über alles Weitere.«
»Was soll das heißen?«
Sie legte den Kopf leicht in den Nacken. »Der Preis für diese Ware wurde noch nicht gewogen. Wir werden darüber beraten, während Ihr unterwegs seid. Es wird nicht lange dauern für eine Flotte Eurer Stärke.«
Velon starrte sie an, dann ging er ohne ein weiteres Wort.
Kiretta stand auf. »Mir scheint, dieses Treffen ist vorüber.«
Nerate hob einen Kristallkelch. »Wir erwarten die Kunde von Katenos’ Untergang.«
Am Steg hörte Bren leichte, schnelle Schritte. »Geht schon einmal vor«, befahl er seinen Männern. Er wartete, bis Tinaji ihn einholte.
Die Sklavin warf sich zu seinen Füßen und umklammerte seine Knie. »Bitte, Herr, nehmt mich mit! Niemals fühlte ich solches Sehnen! Ich muss Fürst Velon zu Gefallen sein, das ist meine Erfüllung.«
Er löste ihren Griff. »Geh zurück.«
»Aber hier gibt es nur Sklaverei für mich! Habt Mitleid!«
Bren schlug in ihr Gesicht, so kräftig, dass sie in den Kies fiel. »Wenn du dein Schicksal kenntest, würdest du selbst die Peitsche wählen.«
Sie wimmerte, als er sich abwandte.
In der Pinasse, als sie die Hälfte des Rückwegs hinter sich hatten, fragte er Velon: »Was hat sie sich gewünscht? Tinaji, die Sklavin?«
Velon sah auf die dunklen Wellen. »Ein scharfes Messer und den Mut, es ihrer Herrin ins Herz zu stoßen. Das eine mag sie eines Tages finden. Das andere niemals. Aber die Klinge mag reichen, ihr die Flucht zu ermöglichen.«
Bren sah Gadior an. Vielleicht war er der Gnädigere der beiden Osadroi.
Die Schiffe der Flotte segelten im Sonnenuntergang. Land war schon lange nur noch als schmale Inselstreifen am Horizont zu sehen.
»Sie sind lahm wie schwangere Enten«, meinte Kiretta.
In der Tat waren die drei Schiffe, die
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