Knecht – Die Schattenherren II
Ejabon als Verstärkung stellte, die langsamsten im Verband. Selbst Bren konnte erkennen, dass sie nicht auf Schnelligkeit gebaut waren. Ihre Rümpfe waren breit und flach, gut, um Ladung aufzunehmen. Ob die Krieger, die sie trugen, etwas wert waren, würde sich noch erweisen. Überfüllt waren sie jedenfalls nicht. Die Gildenmeisterinnen hatten dafür gesorgt, dass man in Katenos genug Plündergut würde aufnehmen können. Für die vorausgehenden Kämpfe vertrauten sie auf die Piraten.
»Ich lasse mich ungern von Enten kommandieren«, meinte Bren.
»In den Gesichtern Eurer Herren habe ich noch keinen Schnabel entdeckt«, entgegnete Kiretta.
In Ondrien wäre sie für eine solche Rede gestorben. Aber sie waren nicht in Ondrien. Bren lächelte. »Ich spreche von diesen Alaunhändlern aus Ejabon.«
Kiretta zog den Schleifstein über ihren Haken, ließ die letzten Sonnenstrahlen über die Schneide blitzen. »Sie gewinnen nicht gerade Herzen, auch wenn sich ihre Zuckerbäcker auf ihr Handwerk verstehen.«
»Ich bin nicht dazu gekommen, ihre Kuchen zu kosten.«
»Ihr habt unsere Regeln noch nicht vollständig gelernt. Nimm, was du kriegen kannst, und gib es niemals wieder her. Das ist nur der zweite Teil. Der erste empfiehlt, so schnell wie möglich zuzugreifen. Der erste Degen findet sein Ziel. Der zweite schafft es selten auch nur aus der Scheide.«
»Es gibt nicht viele Alte in Eurer Gemeinschaft.«
»Ist das in Eurem Heer anders?«
»Wohl nicht.« Bren betrachtete die auf den Wellen schaukelnden Schiffe. »Wie weit ist es noch nach Katenos?«
Kiretta sah zu einer Insel am Horizont, dann zur Sonne. »Wir segeln gegen den Westwind an. Wir werden beinahe noch die gesamte Nacht unterwegs sein.«
»Wie lange bräuchten wir zurück nach Ejabon?«
»Da hätten wir den Wind von achtern. Drei Stunden, länger nicht. Wieso?«
»Und ohne die Enten?« Er zeigte auf die Schiffe aus der Buchtstadt.
»Zwei. Vielleicht zweieinhalb. Aber das ist nicht unser Kurs.«
»Was haltet Ihr von der Idee, Katenos anzugreifen?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Die Kapitäne sind froh, dass es endlich etwas zu plündern geben wird, wenn auch nicht viel. Besser immerhin als die paar Kauffahrer, die wir aufgebracht haben.«
»So denken die Kapitäne. Aber was ist Eure Meinung?«
»Mich wundert, dass Ihr Euch dafür interessiert.«
»Ich schätze klugen Rat, egal, aus welchem Mund er kommt.«
Sie sah ihn an. Dann nickte sie. »Katenos ist nicht viel mehr als ein Felsklotz im Meer, durch die Minen löchrig wie ein wurmstichiger Apfel. Die Eskadier benutzen es als Strafkolonie, obwohl es ihnen nicht gehört. Sie sind ihr Geschmeiß los und bekommen den Alaun zu ermäßigtem Preis. Sie färben gern ihre Stoffe.«
»Das hört sich nicht nach einer reichen Insel an.«
»Es ist eine, die Reichtum verschafft. Wer ihn erntet, lebt woanders.«
»Dann scheint dort nicht viel zu holen zu sein.«
»Und doch ist es besser als nichts. Zudem bekommt Ihr die Krone.«
Bren klopfte mit der Faust auf die Reling, während er auf die Wellen sah. »Die Krone vielleicht. Ganz sicher aber neue Bedingungen. Wer weiß, was den Gildenmeisterinnen noch einfallen wird?«
Ulrik kam die Treppe zum Achterdeck herauf.
»Oh, eines muss man Kaufleuten lassen«, fuhr Kiretta fort. »Sie haben Phantasie, wenn es ums Geschäft geht.«
»Genau das befürchte ich. Welche Lektion lernen sie gerade? Dass sie alles von uns bekommen, was sie wollen. Wir haben keine Zeit mehr. Unsere Mission dauert schon zu lange an. Sie haben uns in der Hand, und das wird ihre Gier entfachen.«
»Nicht auszuschließen. Und die Kapitäne werden auch nicht ewig mit Euch segeln.«
»Sehr richtig«, sagte Ulrik. Er war hart im Nehmen, was Feierlichkeiten anging. Sein Gesicht machte einen ausgeruhten Eindruck. »Auch ich frage mich, wann unsere Schuld wohl abgegolten und dies wieder allein mein Schiff sein wird?«
»Glaubt mir, Kapitän, wir werden Euch nicht länger in Anspruch nehmen, als notwendig ist.«
»Notwendig für Euch. Nicht für mich.«
»Ihr seid zu klug, um mir zu drohen, Ulrik.«
»Selbstverständlich, General. Und Ihr seid zu klug, die Geduld freier Männer zu überschätzen.«
»Wie viele freie Männer werden wohl auf Katenos fallen?«
»Das wissen nur die Götter.«
»Götter?« Bren verzog den Mund. »Ich habe nie einen frommen Mann in Euch gesehen.«
»Oh, wer die See kennt, der weiß auch von den Galeeren, die über ihren Grund rudern. Pentors Schiffe sind
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