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Knochen im Kehricht: Ein Eifel-Krimi (German Edition)

Knochen im Kehricht: Ein Eifel-Krimi (German Edition)

Titel: Knochen im Kehricht: Ein Eifel-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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soll.
    Herr Perings hebt einen Arm und sagt leise: »Ich kannte Ihren Vater, Frau Klein. Karl Christensen war ein guter Mann. Er hat meinen Bruder ganz bestimmt nicht umgebracht.«
    »Wie können Sie sich da so sicher sein?«, flüstere ich, ohne ihn anzusehen. Güte scheint mir in diesem Fall kein überzeugendes Argument zu sein.
    »Weil er am Morgen, als der Briefträger seine Tour machte, nicht zu Hause gewesen ist. Wie die meisten Bewohner der Kehr hat er in Losheim bei den Vorbereitungen für die festliche Übergabe des Dorfes an Deutschland geholfen.«
    »Aber seine Frau, die Maria, die war doch bestimmt zu Hause?«, fragt Marcel.
    »Auch nicht. Die hat just in der Zeit mit den andern Frauen die Kirche in Losheim geschmückt.«
    »Und wo war dann ihr kleiner Sohn Gerd, Katjas Halbbruder?«, will Marcel wissen.
    Jakob Perings hebt die Schultern. »Vielleicht bei ihr, vielleicht bei den Nachbarn. Das schien für uns damals unerheblich zu sein. Wir wussten ja nicht, dass Siegfried nur bis zu diesem Haus auf der Kehr gekommen ist …« Er schließt die Augen und fährt nach einem Schluck Tee und einer kleinen Pause fort: »Ich kann mich an jede Minute von dem Tag erinnern, an dem mein Bruder verschwunden ist. Das war alles so ungeheuerlich! Dass der Briefträger ihm seine Arbeit anvertraut hat! Dass der Siegfried dies ausgenutzt haben sollte! Wir konnten diese Schande doch nicht auf uns sitzen lassen! Was meinen Sie, wie viele Leute wir gefragt haben!« Mit einem Seitenblick auf Marcel setzt er hinzu: »Viel mehr als die Flicken damals. Als die erfuhren, dass der Siegfried Geldzustellungen in nicht unerheblicher Höhe bei sich trug, sind sie davon ausgegangen, dass er den ganzen Zinnober um Losheim genutzt hat, um sich mit seiner Beute nach Deutschland abzusetzen. Die Ermittlungen wurden eingestellt. Siegfried war nicht sehr beliebt, und die Leute wollten alle immer gewusst haben, dass er irgendwann kriminell wird. Ich habe nie daran geglaubt. Mein Bruder war zwar ein ziemlich ungehobelter Bursche, mit dem manchmal die Pferde durchgingen, aber er war ganz bestimmt kein Räuber. Ich war mir sicher, dass ihm was zugestoßen ist. Mit dieser Meinung stand ich aber ziemlich allein da. Also habe ich eigene Nachforschungen angestellt. Und herausgefunden, wer ihn als Letzter gesehen hat.«
    »Und wer war es?«, will Marcel wissen.
    »Nellchen Henkes«, seufzt der alte Herr. »Die hat ihm etwas Wichtiges mitgegeben, sagte sie damals.«
    »Das Medaillon. Für einen Herrn Backes in Losheim«, erinnere ich mich.
    »Josef Backes.« Perings nickt versonnen. »Ich hatte immer geglaubt, sie würde ihn heiraten. Keiner hat verstanden, weshalb sie den Schröder Alois geholt hat. Das war damals ein Bild von einer Frau, die Petronella, wissen Sie, das kann man ja heute noch sehen, und der alte Schröder, na ja … Also, Frau Klein, Ihr Vater war bestimmt kein Mörder.«
    Ich möchte so gern überzeugt sein, doch an einer Sache kann ich nicht vorbeisehen. Marcel auch nicht. Er nimmt mir die Frage aus dem Mund.
    »Ihr Bruder, Herr Perings, ist im Haus von den Christensens auf der Kehr eingemauert worden. Wie kann das passiert sein, ohne dass die Hausbesitzer davon wussten?«
    »Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Vielleicht waren Bauarbeiter im Haus, die in seinem Auftrag das Takenschaaf zugemauert haben, weil er den Kaminofen davorstellen wollte. Und die haben dann meinen Bruder ausgeraubt …«
    Marcel schüttelt wild den Kopf.
    »Nee, nee, keine Bauarbeiter. Solche Arbeiten haben die Leute damals selbst gemacht.«
    »Vielleicht möchten Sie uns noch mehr über Ihren Bruder erzählen?« Ich merke selbst, wie zaghaft ich klinge.
    Jakob Perings bittet Marcel, ihm die Brieftasche aus seiner Jacke zu geben, und zieht ein abgegriffenes Passfoto mit zackigem Rand hervor. Ein schwarzhaariger junger Mann lächelt etwas schief in die Kamera.
    »Siegfried war ein Jahr jünger als ich«, beginnt er, »weshalb ich nach dem frühen Tod unseres Vaters den Hof erbte und Siegfried leer ausging.«
    Aus Ärger darüber habe sich der jüngere Bruder vor allen landwirtschaftlichen Verpflichtungen gedrückt und lieber Aushilfsarbeiten übernommen. Deren letzte ihn das Leben gekostet hatte.
    »Über die Ungerechtigkeit des belgischen Erbsystems habe ich damals nicht nachgedacht«, gesteht Jakob Perings, »nur über meine eigene Verantwortung. Der ich im Übrigen nicht gewachsen war.« Was sehr deutlich wurde, als die Mutter kurz nach dem Vater

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