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Knochen im Kehricht: Ein Eifel-Krimi (German Edition)

Knochen im Kehricht: Ein Eifel-Krimi (German Edition)

Titel: Knochen im Kehricht: Ein Eifel-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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Sackgasse gelandet und wieder zu den Akten gelegt worden sind. Wir haben uns gemeinsam den Inhalt der Dachbodenkartons vorgenommen und einige Stücke vor Jupps künftigen Flohmarktausflügen gerettet.
    Die zwei dünnen Fotoalben mit brüchigem Einband habe ich zur Seite gelegt, um sie mir in ruhigen Stunden genauer anzusehen. Herr Perings und Frau Schröder werden mir bestimmt sagen können, wer auf den Fotos abgebildet ist. Meinen Vater habe ich sofort erkannt. Nicht nur wegen der mir ähnlichen stattlichen Erscheinung, sondern vor allem an seinen Haaren. Auf einem Bild ist genau die gleiche weiße Strähne an der rechten Schläfe zu erkennen, die ich schon seit Längerem zu färben beabsichtige. Seine Frau, die er mit meiner Mutter betrogen hat, was ich ihm nicht übel nehme, weil es mich sonst nicht gäbe, sieht zart und engelsgleich aus; der gemeinsame Sohn ist schon als kleines Kind hager und wirkt auf den Fotos genauso mürrisch, wie ich ihn als längst Erwachsenen vor vielen Jahren am Telefon erlebt habe.
    Marcel meint, die alte belgische Küchenwaage aus Gusseisen würde sich auf einem Fensterbrett meines Restaurants neben dem ebenfalls antiken Bügeleisen und einem zwar leicht räudigen, dafür aber echten Steiff-Teddybären schön ausmachen.
    »Wir sind hier nicht in Berlin«, sagt er zu meinem zweifelnden Blick. »Niemand will kühles Design in einer Eifeler Kneipe.«
    Ich tue ihm den Gefallen nicht, seinem letzten Wort zu widersprechen, sondern reiche ihm einen weiteren aussortierten Gegenstand, ein großes viereckiges Waffeleisen mit langem Stiel. Ich klappe es auf.
    »Und das soll ich wohl dekorativ neben Jupps Landschaftsfotos an die Wand hängen?«
    »Nein, das lässt du hier. Wenn dein Kamin fertig gebaut ist, können wir damit im offenen Feuer Waffeln backen, so wie früher.«
    »Das werden aber sehr dicke Waffeln«, sage ich, das tiefe Muster betrachtend.
    »So ist das bei uns in Belgien. Wir lieben das dünne Zeug nicht. Dünn ist für schlechte Zeiten«, sagt er und streichelt mich. »Du kannst mit diesem Ding Lütticher oder Brüsseler gaufres machen.«
    Ich höre mir einen Vortrag über Waffeln an. Die Brüsseler bestehen aus weichem Eierteig, während bei den Lütticher Waffeln Hagelzucker in den Teig gegeben wird.
    »Klingt sehr mächtig.«
    »Klar, weil sie auch mit Macht zu tun haben. Mit einem Lütticher Prinzen aus dem achtzehnten Jahrhundert. Der hat seinem Koch befohlen, einen Kuchen zu backen. Also mischte der Koch Zucker in den Teig und schnitt ihn nach dem Backen in gleich große Stücke. Aus der Küche drang so viel Duft nach Vanille, dass der Prinz hineingelockt wurde, auf der Stelle die noch heißen Stücke runtergeschlungen hat und sich fast verpäänzt hätte …«
    »Sich was?«
    »Verpäänzt. Sich überfressen. Weil etwas ganz besonders toll schmeckt. Jedenfalls wurden diese Waffeln sein Lieblingsgericht.«
    »Klingt ja echt zum Kotzen gut, ist aber bestimmt viel zu süß für meinen Geschmack.«
    »Du kannst auch herzhafte Waffeln machen. Aus Kartoffelmehl, das schmeckt wirklich gut. Ich werde sie später mal für dich im Kamin zubereiten.«
    Wieder der Kamin. Den ich gar nicht mehr haben will. Aber selbst Jakob Perings hat mir zugeredet, ihn doch bauen zu lassen.
    »Wenn du die Wand wieder zumauern lässt, wirst du immer daran denken, was dahinter war«, hat er mir geraten. »Und du wirst dich gruseln. Mein Bruder hat jetzt seine Ruhe gefunden. Lass deinen Kamin mauern und das Feuer alle bösen Erinnerungen wegbrennen.«
    Also habe ich den Kaminbauer angerufen.
    »Kartoffelwaffeln«, sage ich zu Marcel. »Eine gute Idee. Gerade jetzt im Winter, falls der mal kommt, wenn die sportbesessenen Touristen was Nahrhaftes brauchen, das nie geatmet hat. Die Vegetarier eben, die wollen kein Jägerschnitzel. Sondern Kartoffelwaffeln …« Ich runzele die Stirn. »… mit Kräuterquark und Gemüse, vielleicht mit sesamgerösteten Brokkoliröschen …«
    Marcel nimmt mir das schwere Waffeleisen aus der Hand und legt es auf dem Tisch neben dem Loch in der Wand ab.
    »Für dein Restaurant solltest du dir aber ein moderneres Gerät anschaffen.«
    »In kühlem Design?«, frage ich lachend.
    Er hat natürlich recht. Das alte gusseiserne Ding könnte nur romantische Dienste tun und mir dabei zudem noch eine Sehnenscheidenentzündung einbringen, so schwer, wie es sich handhaben lässt.
    In Cochem werde ich morgen also nicht nur den guten Göbelwein kaufen, sondern auch ein modernes

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