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Knochen im Kehricht: Ein Eifel-Krimi (German Edition)

Knochen im Kehricht: Ein Eifel-Krimi (German Edition)

Titel: Knochen im Kehricht: Ein Eifel-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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Mathilde allerdings, dass jeder von uns unter Verdacht steht, Daniel zum Halbwaisen gemacht zu haben, hätte sie garantiert das Viehzeug sich selbst oder unkundigem Personal überlassen. Was also hat ihr David über den Tod Regines erzählt?
    Vermutlich so wenig wie gestern seinem Sohn, den er in aller Herrgottsfrühe vom Flughafen Zaventem in Brüssel abgeholt hat: Regines Herz sei plötzlich stehen geblieben. Eine Lüge ist das nicht.
    Ich fiel aus allen Wolken, als mich Daniel nach der Begrüßung zum Reden aufforderte: »Wie genau ist meine Mutter gestorben? Mein Dad sagt, du kannst mir alles besser erklären.«
    David mied meinen Blick und schüttelte nur den Kopf.
    »No« , flüsterte er. »Ich kann nicht.«
    »Und du?«, fuhr ich Gudrun an, die nach Brüssel zum Flughafen mitgefahren war.
    »Du kannst so was so viel besser. Außerdem hat Daniel im Auto fast nur geschlafen. Er hat Schetlech.«
    »Er hat was?«, fragte ich beunruhigt.
    »Jetlag«, übersetzte David in einem Ton, als hätte er selbst gerade mehrere Zeitzonen durchflogen, unter anstrengendsten Bedingungen im Cockpit.
    »Stell dir vor, Daniel ist heute um halb fünf in Texas abgeflogen und um halb sieben in Brüssel angekommen«, sagte Gudrun aufgeregt. »Nur zwei Stunden. Und dabei war er neun Stunden unterwegs. Ist das nicht verrückt? Wenn man im Flugzeug immerzu um die Welt fliegt, wird man da langsamer alt?«
    »Wie ist meine Mutter gestorben?«, fragte Daniel. »Ich muss es wissen.«
    Linus winselte. Der Junge hatte soeben das Streicheln eingestellt.
    Ich gab mir einen Ruck und stand auf.
    »Komm mit«, sagte ich zu Daniel. »Ich zeige es dir.«
    Gudrun schlug entsetzt die Hand vor den Mund.
    »Du wirst mit ihm doch nicht etwa da … da rüber … gehen«, stotterte sie.
    »Er hat ein Recht auf die Wahrheit.« Ich mühte mich, meine Stimme stabil zu halten.
    Am Tag nach dem Mord hatte ich mein Haus das letzte Mal betreten; in Marcels Beisein nur rasch die Gegenstände zusammengerafft, die ich für die nächsten Tage benötigte. Für den Rest meines Lebens. Ich bin ausgezogen. Unvorstellbar, jemals wieder in diesem Mörderhaus zu wohnen. Am liebsten würde ich es abreißen lassen. Wo sind die Brandstifter, wenn man sie braucht?
    »Sie ist in deinem Haus gestorben?«, fragte mich Daniel, als wir die Straße überquerten. Er hielt Linus an der Leine. Der war außer sich vor Freude gewesen, als sein alter junger Freund so unvermittelt in der Tür gestanden hatte. Ich kenne diesen Hund mit dem Gedächtnis eines Elefanten. Für den gibt es jetzt nur noch Daniel. Und es ist gut, dass es für Daniel Linus gibt, wenn ich die grauenvolle Geschichte hinter mich gebracht habe.
    Nie im Leben ist mir etwas schwerer gefallen, als diesem Neunzehnjährigen zu erklären, was vor dem Loch in meiner Wohnzimmerwand geschehen ist. Entsetzen spiegelte sich in seinen Augen, aber ansonsten reagierte er zunächst überhaupt nicht. Als ich geendet hatte, blieb er, wie vor Kurzem erst Jakob Perings, sehr lange still vor der Wand stehen und blickte auf den Durchbruch. In dem ich verblüfft ein paar Stängel welkender Chrysanthemen entdeckte. Wer hat den ursprünglich Petronella Schröder zugedachten Blumenstrauß von Josef Backes hierher befördert?
    Dann wandte sich dieser erstaunliche Junge mir zu und fragte knapp: »Kann es der neue Mann von meiner Mutter gewesen sein, dieser Hermann?«
    »Nein«, flüsterte ich. »Der war zur Tatzeit weit weg.«
    Nur das hatte Marcel losgelassen, als ich ihn am Telefon nach Hermanns Aussage gelöchert hatte.
    »Ich kann dir nichts weiter sagen«, hatte er mein Nachbohren rigoros abgeblockt. »Nur dass Hermann als Täter absolut nicht infrage kommt. Er hat ein wirklich unumstößliches Alibi.«
    »Anscheinend hatte er das schon einmal. Weshalb glaubst du ihm denn jetzt?«
    »Es ist keine Frage des Glaubens, sondern eine Tatsache.«
    »Das musst du mir näher erklären.«
    »Ich muss überhaupt nichts«, blaffte Marcel ins Telefon. »Hermann hat Regine nicht getötet. Schluss mit dem Quatschverzähl!«
    »Und was ist mit der Ähnlichkeit zwischen ihm und Jakob Perings Vater?«, hakte ich nach.
    »Purer Zufall. So was kann vorkommen. Jeder Mensch hat irgendwo einen Doppelgänger.«
    »Könnten die beiden nicht doch miteinander verwandt sein? Das soll in dieser Gegend ja öfter vorkommen. Ihr seid doch alle irgendwie miteinander verwandt.«
    »Ja, Frau Berlinerin. Inzucht ist bei uns Hinterwäldlern gang und gäbe. Reiner Volkssport.

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