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Knochen im Kehricht: Ein Eifel-Krimi (German Edition)

Knochen im Kehricht: Ein Eifel-Krimi (German Edition)

Titel: Knochen im Kehricht: Ein Eifel-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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Er hebt das Gewehr. Bevor er es wieder auf einen Menschen richten kann, hat Marcel es ihm mühelos entwunden.
    Hermanns Waffe ist jetzt das Wort. »Du hast Regine getötet!«, schreit er seine Schwester an. »Sag es endlich! Vor allen Leuten!«
    Jakob fasst sich ans Herz.
    »Deine Pillen«, ruft Frau Schröder. »Ein Glas Wasser!«
    Ich gebe ihr das Medaillon zurück und greife wie in Trance zur Wasserflasche, die von letzter Woche noch auf dem Buffet steht, fülle bis zum Rand eines jener roten Römergläser, die Jupp auf dem Flohmarkt verticken soll, und reiche es Jakob. Hermann starrt immer noch seine Schwester an. Von dem Wortwechsel zwischen Frieda und Jakob scheint er nichts aufgenommen zu haben.
    Ich bin plötzlich unsicher, ob ich richtig gehört und die richtige Schlussfolgerung gezogen habe. Es ging alles so schnell. Jakob hat Frieda Elisabeth genannt. Frieda hat nicht widersprochen. Ist sie die Elisabeth auf den beiden alten Fotos? Das Mädchen mit dem Kind im Arm? Ist dieses Kind Hermann? Der Sohn von Siegfried Perings? Aber das müsste Jakob doch wissen.
    »Hermann«, sagt Frieda leise. »Du weißt doch, dass ich Regine nichts getan haben kann. Ich war in Buchet, als … als das mit ihr passierte. Ich bin von der Leiter gefallen, weil ich die Vorhänge waschen wollte …«
    Was hatte Gudrun noch mal gesagt? Richtig.
    »Wer wäscht schon im Winter Vorhänge?«, frage ich, aber mein Einwurf verhallt ungehört.
    »Ihr beide habt sie umgebracht!«, schreit Hermann und blickt mit irren Augen von Meissner zu Frieda. »Ihr habt meine Regine erschlagen. Hier!« Er streckt einen zitternden Finger aus und deutet auf das Loch in der Wand. »An dieser Stelle. Hier habt ihr sie fertiggemacht!«
    »Hör auf, Hermann!« Meissner rutscht in seinem Sessel herum, als sitze er auf einer kaputten Sprungfeder. »Du bist vor lauter Kummer irregeworden. Aber das geht zu weit. Deine Schwester hat genug gelitten. Alles nur wegen dir. Und dann noch ihr Sturz. Sie hätte sich das Genick brechen können. Seit Tagen machst du uns mit deinem Unsinn fertig, Hermann. Genug ist genug. Verhaften Sie ihn, Herr Polizeiinspektor, damit die Sache ein Ende hat. Ist ja nicht mehr zum Aushalten.«
    »Ja!«, brüllt Hermann außer sich. »Es ist nicht zum Aushalten! Was meinst du, warum ich den Bus entführt habe, Konrad?«
    »Weil du nicht bei Sinnen bist«, sagt Frieda.
    »Weil die Wahrheit rausmuss! Die ganze Wahrheit!«
    Er macht einen Schritt auf sie zu, stolpert, verzieht das Gesicht und blickt auf seinen Fuß. Als hätte er jetzt erst begriffen, dass die Wunde schmerzt.
    Ohne Frieda aus dem Blick zu lassen, setzt er sich langsam auf den Sessel, den ich frei gemacht habe. Er kramt seinen Inhalator aus der Westentasche, verschafft sich Atem, lässt das Gerät dann fallen und sagt leise: »Ich wollte Regine heiraten.«
    »Du wolltest sie ganz bestimmt nicht erschlagen«, sagt Meissner begütigend. »Ihr habt euch gestritten. Und du hast die Beherrschung verloren. Es war ganz bestimmt ein Unfall.«
    Hermann beachtet ihn nicht.
    »Aber zum Heiraten«, sagt er, »braucht man eine Geburtsurkunde.«
    »Na und?«, gibt Frieda zurück. »Du hast doch eine.«
    »Eine alte. Zum Heiraten braucht man eine neue. Die darf nicht älter als ein halbes Jahr sein.«
    »So ein Quatsch!«, empört sich Meissner. »Als ob sich am Geborensein jedes halbe Jahr was ändern würde!«
    »Dadurch habe ich es erfahren«, fährt Hermann fort. »Ich bin nicht in Radevormwald geboren. Im Standesamt kennt man mich nicht, die Nummer auf meiner alten Geburtsurkunde ist falsch. Wer bin ich, Frieda?«
    Es ist ganz still im Raum. Dann entringt sich ein tiefer Seufzer der Brust von Jakob Perings.
    »Mein Neffe«, sagt er. »Vielleicht bist du das. Vielleicht siehst du meinem Vater so ähnlich, weil du sein Enkel bist; der Sohn meines Bruders, der …«, er dreht sich wieder zur Seite, um Frieda ins Gesicht zu blicken, »… der deiner Mutter in meinem Elternhaus Gewalt angetan hat. War es so, Elisabeth?«
    Frieda reagiert nicht. Ihr Gesicht ist völlig ausdruckslos. Jakob streckt eine knorrige Hand aus und berührt über Frau Schröder hinweg Friedas Hände, die leicht gefaltet in ihrem Schoß liegen.
    »Wenn es so war, dann ist sie nicht deine Schwester, sondern deine Mutter, Hermann. Dann heißt sie Elisabeth. Meine Eltern haben sie aus dem Waisenhaus geholt. War es so, Elisabeth?«
    Frieda blickt auf die alte Hand, die ihre nicht sehr viel jüngere sanft streichelt. Sie sagt

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