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Knochen im Kehricht: Ein Eifel-Krimi (German Edition)

Knochen im Kehricht: Ein Eifel-Krimi (German Edition)

Titel: Knochen im Kehricht: Ein Eifel-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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an die Stirn. »… irgendwas drin ist, wie eine Erinnerung, die eingesperrt ist und rauswill, die rausmuss. Regine wollte mir helfen, hat sie gesagt. Und jetzt ist sie tot.« Tränen laufen ihm die Wangen runter. Er beginnt zu husten. »Und es ist meine Schuld. Weil es vielleicht doch keine Erinnerung ist. Sondern ein Wahrtraum. Der mich warnte, dass vor dem Loch was ganz Furchtbares passieren wird. Gott schickt mir einen Traum, und ich tue nichts …«
    »Ach, Hermann«, unterbricht ihn Frieda. »Was redest du da! Du hast immer schon sehr lebhaft geträumt. Ein Traum, weiter nichts. In deinem Kopf geht alles drunter und drüber. Natürlich ist es eine Erinnerung! Wir hatten in unserem alten Haus genauso eine Wand wie die hier. Weißt du nicht mehr, wie wir das Loch für den Durchbruch gemacht haben? Wie viel Angst du vor der dicken Mauer hattest? Weil dabei so viel Steine und Schutt rausfielen? Da kommt der her, dein dummer Traum, Hermann, von früher, von unserem alten Haus.«
    »Das wo stand?«, frage ich freundlich.
    »Da, wo wir herkommen, natürlich«, antwortet Frieda und lächelt mich gequält aus ihrem faltigen Puppengesicht an. »Im schönen Radevormwald. Da hatten wir genauso ein …«
    »Da hattet ihr gar nichts«, sage ich hart. »Kerschenbachs hat es im schönen Radevormwald nie gegeben.«
    Marcel blickt von seinem Handy auf.
    »Na so was«, sagt er und schaut mich vorwurfsvoll an.
    Ich hebe die Schultern.
    »Wann hätte ich es dir sagen sollen, bei all dem Trubel?«
    Marcel grinst.
    »Kompliment«, sagt er zu Meissner, wie vorhin noch zu mir. »Da müssen Sie ja die Papiere hervorragend gefälscht haben, wenn über all die Jahre nichts aufgeflogen ist. Warum studieren Sie eigentlich nicht Kunst?«
    Hermann richtet das Gewehr kurz auf seine Schwester.
    »Hör auf, mich wie einen dummen Jungen zu behandeln!«, herrscht er sie an und stützt sich dann wieder auf den Kolben. »Ich frage dich seit Tagen!«
    Er wendet sich wieder uns zu.
    »Und was kriege ich? Keine Antworten! Nicht einmal darauf!«
    Aus der Brusttasche seines Hemdes zieht er einen Gegenstand hervor, tritt auf seine Schwester zu und hält ihn ihr vor die Nase.
    »Sag es jetzt allen, Frieda, wenn du es mir allein schon nicht sagen kannst. Wieso ist die Kette wieder bei dir? Ich habe sie schon vor Wochen Regine gegeben. Als Verlobungsgeschenk. Und sie hat sie immer getragen!«
    Petronella Schröder hyperventiliert. Sie reißt Hermann das Schmuckstück aus der Hand.
    »Mein Medalljong!«, keucht sie. »Das ist mein Medalljong!«
    »Nein«, sagt Frieda und greift nach der Kette. Die sie tatsächlich erobert, allerdings ohne das Medaillon. Das hält Frau Schröder fest in der Hand.
    »Das Medaillon hat unserer Mutter gehört, Hermann. Da ist ihr Foto drin. Das Einzige, was wir noch von ihr haben. Du hast es Regine nicht geschenkt. Sondern bestimmt gestern aus meinem Schmuckkästchen geklaut. Weiß der Teufel, weshalb!«
    Petronella Schröder hat ihre Brille aufgesetzt und hält das geöffnete Medaillon mit zitternden Händen näher ans Licht.
    »Meins«, sagt sie befriedigt und zeigt es Jakob: »Da, PH, für Petronella Henkes, ein bisschen schwach, aber Sie haben ja junge Augen, Frau Katja, sehen Sie selber!«
    Sie reicht es mir über den Tisch, und ich krame meine Lesebrille hervor. Kein Foto im Medaillon. Aber dort, wo es normalerweise prangen würde, erkenne ich, fein ins Gold eingraviert, tatsächlich die beiden geschwungenen Initialen.
    Frieda hat sich in die Tiefen meines mächtigen Sofas zurückgezogen und streicht sich die Haare aus der Stirn. Ihr Mund ist schmal wie ein Strich. Perings beugt sich vor, sieht ihr an Petronella vorbei ins Gesicht und flüstert heiser: »Elisabeth! Elisabeth, was hast du nur getan!«
    Die Frau, die wir als Frieda Kerschenbach kennen, blickt auf und rutscht wieder an die Sofakante. Ihre Augen sind trübe, aber ihre Stimme ist klar.
    »Ich war es nicht«, bricht es aus ihr heraus. »Aber er hat den Tod verdient. Er hatte einen sehr bösen Charakter. Den er zum Glück Hermann nicht vererbt hat.«
    »Oh doch«, wirft Konrad Meissner ein, bevor wir die soeben geäußerte Offenbarung als eine solche überhaupt begreifen können. »Immerhin ist Regine tot. Und niemand anders als Hermann ist daran schuld. Darum geht es jetzt, nicht um die längst verjährten alten Sachen. Hermann hat seine Freundin umgebracht. Weil er verrückt ist. Und einen bösen Charakter hat.«
    »Was?«, ruft Hermann. »Bist du wahnsinnig?«

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