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Knochen zu Asche

Knochen zu Asche

Titel: Knochen zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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Display. Unbekannte Nummer.
    Ich ging dran. »Brennan.«
    »Wo bist du?«
    »Mir geht es bestens, danke. Und dir?«
    »Seit sechs rufe ich schon in deiner Wohnung an.« Klang Ryan wirklich verärgert?
    »Ich bin nicht zu Hause.«
    »Ganz was Neues.«
    »Schätze, ich hab mir die elektronische Überwachungsfessel vom Knöchel gerissen.«
    Kurzes Schweigen. Dann: »Du hast nicht gesagt, dass du Pläne hast.«
    »Ich habe auch ein eigenes Leben, Ryan.« Um acht Uhr abends Erde von Knochen bürsten.
    Ich hörte das Geräusch eines Streichholzes, dann tiefes Einatmen. Nach zwei Jahren Abstinenz rauchte Ryan jetzt wieder Zigaretten. Ein Zeichen von Stress.
    »Du kannst wirklich eine grässliche Nervensäge sein, Brennan. « Ohne Groll.

    »Ich arbeite daran.« Meine Standardantwort.
    »Hast du Schnupfen?«
    »Meine Nase ist gereizt, weil ich seit Stunden durch eine Maske atme.« Ich fuhr mit einem Zahnstocher durch den Kegel trockener Erde, der sich auf der Tischplatte angesammelt hatte.
    »Bist du in deinem Labor?«
    »Hippo Gallants Skelett ist heute aus Rimouski angekommen. Weiblich, wahrscheinlich dreizehn oder vierzehn Jahre alt. Irgendwas an den Knochen ist komisch.«
    Nikotindröhnung, dann Ausblasen.
    »Ich bin unten.«
    »Wer ist denn hier der Loser, der Überstunden macht?«
    »Diese vermissten und toten Mädchen machen mich langsam fertig.«
    »Willst du hochkommen?«
    »Bin in zehn Minuten bei dir.«
     
    Ich saß wieder am Mikroskop, als Ryan auftauchte, das Gesicht angespannt, die Haare zerstrubbelt. Eine Erinnerung blitzte auf. Ryan, der über einen Ausdruck gebeugt dasitzt und sich mit den Fingern durch die Haare fährt. So vertraut.
    Mir wurde flau im Magen. Ich wollte nicht, dass Ryan wütend war. Oder verletzt. Oder was immer er war.
    Ich hätte schon fast die Hand ausgestreckt und ihm über die Haare gestrichen.
    Aber ich wollte auch nicht, dass Ryan mein Leben beherrschte. Ich musste Schritte unternehmen, wenn ich beschlossen hatte, dass Schritte unternommen werden mussten. Beide Hände blieben am Mikroskop.
    »Du solltest hier nachts nicht allein arbeiten.«
    »Das ist doch lächerlich. Das ist ein gesichertes Gebäude, und ich bin im zwölften Stock.«
    »Das Viertel ist nicht sicher.«
    »Ich bin ein großes Mädchen.«

    »Wie du willst.« Ryans Stimme klang weder kalt noch unfreundlich. Nur neutral.
    Als Katy noch jung war, brachten gewisse Fälle, die ich bearbeitete, mich dazu, ihr Leben einzuschränken. Übertragung von Vorsicht. Sie konnte nichts dafür. Ich eigentlich auch nicht. Einen Kindsmord zu bearbeiten war so, als würde ich einen Schritt in meinen eigenen schlimmsten Albtraum machen. Vielleicht machten diese vermissten und toten Mädchen Ryan überfürsorglich. Ich ließ ihm diese Bevormundung durchgehen.
    »Schau mal.« Ich rutschte zur Seite, damit Ryan auf den Monitor schauen konnte. Als er sich neben mich stellte, roch ich Acqua di Parma, männlichen Schweiß und einen Hauch der Zigaretten, die er geraucht hatte.
    »Neues Gerät?«
    Ich nickte. »Ein Wahnsinnsding.«
    »Was sehen wir da?«
    »Metatarsus.«
    »Aha.«
    »Fußknochen.«
    »Sieht komisch aus. Irgendwie spitz.«
    »Gutes Auge. Das distale Ende sollte knubbelig sein, nicht spitz zulaufend.«
    »Was ist das für ein Loch da in der Mitte des Schafts?«
    »Ein Foramen.«
    »Aha.«
    »Ein Kanal für die Arterie, die das Knocheninnere mit Nährstoffen versorgt. Das ist eigentlich ganz normal. Was ungewöhnlich sein kann, ist die Größe. Er ist riesig.«
    »Das Opfer hat einen Schuss in den Fuß abbekommen.«
    »Vergrößerte Foramina können Folge wiederholter Kleinstverletzungen sein. Aber ich glaube nicht, dass das hier der Fall ist.«
    Ich legte einen anderen Fußknochen unter das Mikroskop.

    »Dieser sieht an einem Ende wie ausgelöffelt aus.«
    »Genau.«
    »Irgendwelche Ideen?«
    »Unmengen. Da aber die meisten Fußknochen fehlen, ist die Entscheidung ziemlich schwer.«
    »Gib mir ein paar Beispiele.«
    »Fraßspuren von Nagern mit darauf folgender Erosion der Knochenumgebung. Oder vielleicht lag der Fuß in Kontakt mit etwas Ätzendem. Oder schnell fließendem Wasser.«
    »Das erklärt die großen Löcher nicht.«
    »Zerstörung der Fußknochen in Kombination mit der Vergrößerung der Foramina könnte auch eine Folge von Erfrierungen sein. Oder rheumatoider Arthritis. Aber das ist unwahrscheinlich, da die Gelenke nicht betroffen sind.«
    »Vielleicht hat sie einfach richtig große Löcher.«
    »Das ist möglich.

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