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Knochen zu Asche

Knochen zu Asche

Titel: Knochen zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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O’Connors Selbstkostenverlag, O’Connor House.
    »Harry glaubt, dass die Gedichte von Évangéline stammen. Vielleicht ist sie nach Toronto gefahren, um mit Flan O’Connor zu reden.«
    Noch ein Gedanke.
    »Harry hat herausgefunden, dass der Druckauftrag für Bones to Ashes von einer Frau namens Virginie LeBlanc kam. LeBlanc benutzte ein Postfach in Bathurst.Vielleicht ist Harry nach Bathurst gefahren.«
    »Ein bisschen kompliziert, da hinzukommen.«
    »Mein Gott, Ryan. Was, wenn sie wirklich nach Tracadie gefahren
ist?« Sogar in meinen Ohren klang das ein wenig übergeschnappt.
    »Ruf sie an.«
    »Was, wenn –«
    Ryan legte mir die Hand auf den Arm. »Ruf ihr Handy an.«
    »Natürlich. Was bin ich nur für ein Trottel.«
    Ich nahm mein Schnurloses zur Hand, tippte Harrys Nummer ein und hörte das Klicken des Verbindungsaufbaus. In meinem rechten Ohr klingelte ein Telefon. Im linken sangen Buddy Holly und die Crickets That’ll be my day.
    Ryan und ich schauten zu dem Sessel.
    Ich packte Harrys neue Lederhose und wühlte in den Taschen. Und zuckte zusammen, als meine Finger Metall berührten.
    »Sie hat eine andere Hose angezogen und ihr Handy vergessen«, sagte ich und zog Harrys rosa Riegel heraus.
    »Es geht ihr gut,Tempe.«
    »Als Harry das letzte Mal so was machte, ging es ihr ganz und gar nicht gut.« Meine Stimme brach. »Beim letzten Mal wäre sie beinahe umgebracht worden.«
    »Harry ist ein großes Mädchen. Die passt schon auf sich auf.« Ryan streckte die Arme aus. »Komm her.«
    Ich rührte mich nicht.
    Ryan nahm meine Hände und zog mich zu sich. Fast wie aus Gewohnheit schlang ich meine Arme um ihn.
    Beängstigende Bilder schossen mir durch den Kopf, Erinnerungen an einen früheren Zusammenstoß meiner Schwester mit Verrückten. Eiskörner auf einer Windschutzscheibe. Schüsse.
    Ryan machte tröstende Geräusche. Klopfte mir auf den Rücken. Ich drückte die Wange an seine Brust.
    Harry betäubt und hilflos.
    Ryan strich mir über die Haare.
    Ein Marionettentanz von Körpern in einem dunklen Haus.
    Ich schloss die Augen. Versuchte, meine überanstrengten Nerven zu beruhigen.
    Ich weiß nicht mehr, wie lange wir so standen. Wie lange es dauerte, bis aus dem Schulterklopfen Streicheln wurde. Das Streicheln träger. Zärtlicher.
    Langsam übernahmen andere Erinnerungen. Ryan in einer winzigen guatemaltekischen posada. Ryan in meinem Schlafzimmer in Charlotte. Ryan im Schlafzimmer hinter dieser Wand.
    Ich spürte, wie Ryan seine Nase in meinen Haaren vergrub. Einatmete. Etwas murmelte.
    Langsam und fast unmerklich definierte der Augenblick sich neu. Ryans Griff wurde fester. Ich reagierte. Unbewusst schmiegten sich unsere Körper aneinander.
    Ich spürte Ryans Wärme. Die vertraute Wölbung seiner Brust. Seine Hüften.
    Ich wollte etwas sagen. Protestieren? Kaum.
    Ryans Hand glitt an meine Kehle. Mein Gesicht. Er hob mir das Kinn.
    Ich merkte, dass ich Harrys Handy noch in der Hand hatte. Ich streckte den Arm aus, um es auf den Schreibtisch zu legen.
    Ryan packte mich an den Haaren, küsste mich fest auf den Mund. Ich erwiderte den Kuss.
    Ließ das Handy fallen.
    Unsere Finger tasteten nach Knöpfen und Reißverschlüssen.
     
    Mein Wecker zeigte zwanzig Uhr vierunddreißig. Irgendwann war ich, waren wir, ins Bett gewandert. Ich drehte mich auf den Rücken und streckte den Arm aus.
    Kalte Nadeln stachen mir in die Brust. Ich war allein.
    Die Kühlschranktür ging auf, eine Schublade klapperte.
    Erleichtert zog ich den Bademantel an und lief in die Küche.

    Ryan war angezogen, hielt ein Bier in der Hand und schaute ins Leere. Und dann traf es mich. Er sah erschöpft aus.
    »Hey«, sagte ich.
    Ryan erschrak, als er meine Stimme hörte. »Hey.«
    Unsere Blicke trafen sich. Ryan grinste ein Grinsen, das ich nicht interpretieren konnte. Traurigkeit? Wehmut? Postkoitale Melancholie?
    »Geht’s dir gut?«, fragte Ryan und streckte den Arm aus.
    »Mir geht’s gut.«
    »Du siehst angespannt aus.«
    »Ich mache mir Sorgen wegen Harry.«
    »Wenn du willst, kann ich mal die Fühler ausstrecken, Fluglinien, Züge und Mietwagenfirmen checken.«
    »Nein. Noch nicht. Ich …« Was? Überreagierte ich? War ich zu betont lässig? Der anonyme Anruf und die E-Mail waren nicht nur eine Drohung gegen mich, sondern auch gegen Harry.
    »Harry ist einfach so impulsiv. Ich weiß nie, was sie als Nächstes tut.«
    »Komm her.«
    Ich ging zu Ryan. Er nahm mich in den Arm.
    »So«, sagte Ryan.
    »So«, wiederholte

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