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Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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Ernährung, Sex, Kleidung, Zwangsabtreibung, Schlafentzug: Eigentlich ist es unwichtig, um welchen Kontrollmechanismus es sich handelt. Indem ein Führer seine Anhänger dazu bringt, seinen Regeln zu gehorchen, reißt er ihre Hemmungen ein. Letztendlich kann dieses kritiklose Akzeptieren bizarren Verhaltens dazu führen, daß die Anhänger sich an die Dimension der Gewalt gewöhnen. Anfangs sind es nur kleine Ergebenheitsbeweise, scheinbar harmlose Forderungen wie die nach Änderung der Frisur, Meditation um Mitternacht oder Sex mit dem Messias. Später können seine Anordnungen tödlich werden.«
    »Klingt wie die Vergöttlichung des Wahnsinns.«
    »Schön gesagt. Und dieser Prozeß bringt dem Führer noch einen weiteren Vorteil. Er sortiert die weniger Ergebenen aus, da die irgendwann die Nase voll haben und verschwinden.«
    »Okay, bis dahin alles klar. Es gibt also Randgruppen, die ein Leben streng nach den Regieanweisungen eines Verrückten führen. Was bringt sie dazu, gerade zu einem bestimmten Zeitpunkt gewalttätig zu werden? Warum heute und nicht nächsten Monat?«
    Es ist zu früh. Es kann noch nicht soweit sein.
    »Die meisten Ausbrüche von Gewalt werden bedingt durch etwas, das Soziologen die ›Eskalation von Grenzspannungen‹ nennen.«
    »Bitte kein Fachchinesisch, Red.«
    »Okay. Diesen Randgruppen geht es normalerweise um zwei Dinge: das Anwerben von Anhängern und das Halten von Anhängern. Aber wenn ein Führer sich bedroht fühlt, kann es sein, daß der Schwerpunkt sich verlagert. Manchmal wird die Anwerbung eingestellt, dafür werden die existierenden Anhänger stärker überwacht. Die Forderung nach Erfüllung exzentrischer Vorschriften kann sich verstärken. Das Thema des Weltuntergangs rückt noch stärker in den Mittelpunkt. Die Gruppe wird mehr und mehr isoliert und immer paranoider. Es gibt Spannungen mit der unmittelbaren Umwelt, der Regierung oder der Polizei, die möglicherweise auch eskalieren.«
    »Was könnte solche Größenwahnsinnigen denn überhaupt schrecken?«
    »Ein Anhänger, der weggeht, könnte als Abtrünniger betrachtet werden.«
    Als wir aufgewacht sind, waren Heidi und Brian verschwunden.
    »Der Führer kann den Eindruck bekommen, daß er die Kontrolle verliert. Oder wenn der Kult an mehreren Orten existiert und er nicht immer überall sein kann, bekommt er vielleicht das Gefühl, daß ihm während seiner Abwesenheit die Autorität entgleitet. Mehr Angst. Mehr Isolation. Mehr Tyrannei. Es ist eine paranoide Spirale. Dann braucht es nur noch einen äußeren Faktor, um das Pulverfaß explodieren zu lassen.«
    »Wie einschneidend müßte ein solches äußeres Ereignis denn sein?«
    »Das ist unterschiedlich. In Jonestown genügte der Besuch eines Kongreßabgeordneten mit seinem Pressetroß und sein Versuch, mit einer Handvoll Abtrünniger in die USA zurückzukehren. In Waco brauchte es schon eine militärisch geplante Razzia durch das BATF, den Einsatz von CS-Gas und schließlich die Erstürmung der Anlage mit gepanzerten Fahrzeugen.«
    »Warum diese Unterschiede?«
    »Das hat mit Ideologie und Führerschaft zu tun. Die Siedlung in Jonestown war intern instabiler als die Gemeinde in Waco.«
    Meine Finger am Hörer waren kalt geworden.
    »Glauben Sie, daß man bei Owens auf Gewalt gefaßt sein muß?«
    »Man sollte ihn auf jeden Fall im Auge behalten. Wenn er das Baby Ihrer Freundin gegen ihren Willen bei sich behält, sollte Ihnen das für einen Durchsuchungsbefehl reichen.«
    »Es ist nicht klar, ob sie den Kleinen aus freien Stücken dort gelassen hat. Sie spricht nur sehr widerwillig über den Kult. Seit ihrem achten Lebensjahr wurde sie von diesen Leuten erzogen. Ich habe noch nie einen innerlich so zerrissenen Menschen gesehen. Aber die Tatsache, daß Jennifer Cannon bei Owens in der Kommune gelebt hat, sollte reichen.«
    Eine Weile schwiegen wir beide.
    »Könnte es sein, daß Heidi und Brian für Owens den Auslöser darstellten?« fragte ich. »Könnte er jemandem den Befehl gegeben haben, die beiden und ihre Babys zu töten?«
    »Könnte sein. Und vergessen Sie nicht, er mußte noch einige andere Schläge einstecken. Es klingt so, als hätte Jennifer diese Anrufe verheimlicht und sich, als Owens es herausfand, geweigert, seine Befehle zu befolgen. Und dann natürlich Sie.«
    »Ich?«
    »Brian schwängert Heidi gegen die Anordnungen des Kults. Dann verduftet das Paar. Dann die Geschichte mit Jennifer. Dann tauchen Sie und Ryan auf. Übrigens eine merkwürdige

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