Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan
Namensübereinstimmung.«
»Was?«
»Der Kongreßabgeordnete, der da in Jonestown aufgekreuzt ist. Er hieß auch Ryan.«
»Treffen Sie eine Voraussage, Red. Ausgehend von dem, was ich Ihnen erzählt habe, was sehen Sie in Ihrer Kristallkugel?«
Eine lange Pause entstand.
»Ausgehend von dem, was Sie mir gesagt haben, könnte auf Owens die Charakterisierung eines charismatischen Führers zutreffen. Und es klingt so, als hätten seine Anhänger diese Sicht akzeptiert. Owens hat vielleicht das Gefühl, daß er die Kontrolle über seine Anhänger verliert. Und es kann sein, daß er Ihre Ermittlungen als zusätzliche Bedrohung seiner Autorität betrachtet.«
Noch eine Pause.
»Und diese Kathryn redet vom Übertritt ins ewige Leben.«
Ich hörte, wie er tief einatmete.
»Unter Berücksichtigung all dessen würde ich sagen, daß das Gewaltpotential ziemlich hoch ist.«
Ich legte auf und wählte die Nummer von Ryans Pager. Während ich auf seinen Rückruf wartete, wandte ich mich wieder Hardaways Bericht zu. Ich hatte ihn eben aus dem Umschlag gezogen, als das Telefon klingelte. Wäre ich nicht so aufgeregt gewesen, hätte ich mich darüber amüsiert. Es war mir allem Anschein nach nicht beschieden, jemals diesen Bericht zu lesen.
»Sie sind wohl heute mit den Hühnern aufgestanden.« Er klang müde.
»Ich bin immer früh wach. Ich habe Besuch.«
»Lassen Sie mich raten. Gregory Peck.«
»Kathryn ist heute morgen hier aufgetaucht. Sie behauptet, sie hätte bei jemandem auf dem Campus übernachtet und meine Adresse im Fakultätsverzeichnis gefunden.«
»Ziemlich unklug, dort die Privatadresse anzugeben.«
»Das habe ich nicht.«
Ich hielt kurz inne. Dann: »Jennifer Cannon hat in der Kommune auf St. Helena gewohnt.«
»Verdammt.«
»Kathryn hat einen Streit zwischen ihr und Owens mitbekommen. Am nächsten Tag war Jennifer verschwunden.«
»Nicht schlecht, Brennan.«
»Es kommt noch besser.« Ich berichtete ihm von Jennifers Zugang zum Telefon und ihrer Freundschaft mit Heidi.
Ryan revanchierte sich mit seinem eigenen Schocker. »Als Sie mit Hardaway telefonierten, haben Sie gefragt, wann Jennifer zum letzten Mal lebend gesehen wurde. Das war nicht in Calgary. Jennifer wohnte dort nicht mehr, seit sie die Schule besucht hatte. Nach Angaben ihrer Mutter hielt sie aber engen Kontakt bis kurz vor ihrem Verschwinden. Dann wurden die Anrufe ihrer Tochter immer seltener, und wenn sie miteinander redeten, wirkte Jennifer ausweichend.
Jennifer meldete sich zu Thanksgiving vor zwei Jahren noch einmal und dann nicht mehr. Die Mutter rief die Schule an, setzte sich mit den Freunden ihrer Tochter in Verbindung, besuchte sogar einmal den Campus, aber sie fand nie heraus, wohin Jennifer verschwunden war. Erst dann meldete sie sie als vermißt.«
»Und?«
Ich hörte, wie er tief einatmete.
»Jennifer wurde das letzte Mal lebendig gesehen, als sie an einem Wintertag vor zwei Jahren den Campus der McGill University verließ.«
»Nein.«
»Doch. Sie hat weder ihren Abschluß gemacht noch sich exmatrikuliert. Sie hat einfach ihre Sachen gepackt und sich aus dem Staub gemacht.«
»Ihre Sachen gepackt?«
»Ja. Das ist der Grund, warum die Polizei der Sache auch nicht allzu intensiv nachgegangen ist. Sie hat ihre Habseligkeiten eingepackt, ihr Bankkonto aufgelöst und ihrem Vermieter eine Nachricht hinterlassen und ist erst dann verschwunden. Es sah nicht aus wie eine Entführung oder dergleichen.«
Aus meinem Unterbewußtsein tauchte ein Bild auf, wollte aber nicht so recht klar werden. Ein Gesicht mit Pony. Eine nervöse Geste. Die nächsten Sätze kosteten mich Überwindung.
»Eine andere junge Frau ist zur gleichen Zeit wie Jennifer Cannon aus der Kommune verschwunden. Kathryn kannte sie nicht, da sie ein Neuankömmling war.« Ich schluckte. »Aber Kathryn meinte, sie hieß möglicherweise Anna.«
»Ich kann Ihnen nicht folgen.«
»Anna Goyette war…«, ich korrigierte mich, »… ist ebenfalls Mc-Gill-Studentin.«
»Anna ist ein häufiger Name.«
»Kathryn hörte Jennifer und dieses Mädchen in einer Fremdsprache miteinander reden.«
»Französisch?«
»Ich bin mir nicht sicher, ob Kathryn Französisch erkennen würde.«
»Sie glauben, daß Anna Goyette das zweite Murtry-Opfer sein könnte?«
Ich antwortete nicht.
»Brennan, nur weil auf St. Helena ein Mädchen aufgetaucht ist, das vielleicht Anna hieß, bedeutet das noch nicht, daß dort ein Mc-Gill-Klassentreffen stattgefunden hat. Cannon hat die
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