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Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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ein paar alte Zeitungen zusammen und schichtete Späne darüber. Eisblumen wuchsen am Fenster, als ich die Papierknäuel anzündete und zusah, wie der Holzstoß langsam Feuer fing.
    Acht Uhr vierzig. Ich holte die Bélanger-Tagebücher hervor und schaltete Seinfeld an, weil ich hoffte, daß der Rhythmus der Dialoge und das Lachen aus der Konserve mich etwas entspannen würden. Ich wußte, wenn ich meinen Gedanken freien Lauf ließ, würden sie stöbernd und fauchend herumstreifen wie Katzen in der Nacht und meine Angst so steigern, daß Schlaf unmöglich wäre.
    Es half nichts. Jerry und Kramer gaben sich zwar alle Mühe, aber ich konnte mich nicht konzentrieren.
    Mein Blick wanderte zum Feuer. Die Flammen waren zu wenigen Züngelchen geschrumpft, die am untersten Scheit leckten. Ich ging zum Herd, zerriß und zerknüllte noch einige Zeitungsseiten und stopfte sie unter das Holz.
    Ich schürte eben das Feuer, als die Erinnerung mich überfiel.
    Zeitungen.
    Ich hatte den Mikrofilm ganz vergessen!
    Ich ging ins Schlafzimmer, suchte mir die Seiten heraus, die ich in der McGill kopiert hatte, und setzte mich damit wieder aufs Sofa. Es dauerte nur einen Augenblick, bis ich den Artikel in La Presse gefunden hatte.
    Die Meldung war so knapp, wie ich sie in Erinnerung hatte. Éugenie Nicolet fuhr nach Frankreich. Sie sollte in Paris und Brüssel singen, den Frühsommer in Südfrankreich verbringen und im Juli nach Montreal zurückkehren. Ihre Entourage war aufgeführt, ebenso ihre Konzerttermine. Es gab auch eine kurze Zusammenfassung ihrer Karriere und Anmerkungen darüber, wie sehr man sie vermissen werde.
    Mein Kleingeld hatte mich bis zum 26. April gebracht. Ich überflog alles, was ich ausgedruckt hatte, aber Eugénies Name tauchte nicht wieder auf. Dann begann ich noch einmal von vorne und ging Spalte um Spalte jede Meldung und jede Ankündigung durch.
    Der Artikel erschien am 22. April.
    Es würde noch jemand in Paris auftreten. Das Talent des Gentlemans lag nicht in der Musik, sondern in der Rhetorik. Er befand sich auf einer Vortragsreise, auf der er den Verkauf menschlicher Wesen anklagte, aber zum regulären Handel mit Westafrika aufforderte. Geboren an der Goldküste, war er in Deutschland ausgebildet worden und hatte eine Professur für Philosophie an der Universität Halle inne. Er hatte eben eine Vorlesungsreihe an der McGill School of Divinity abgeschlossen.
    Ich versetzte mich in die Zeit zurück. 1845. In den Vereinigten Staaten war damals der Sklavenhandel noch in vollem Gange, aber in Frankreich und England war er bereits verboten. Kanada war noch britische Kolonie. Kirchen und Missionsgruppen flehten die Afrikaner an, endlich den Export ihrer Brüder und Schwestern zu beenden, und forderten die Europäer auf, als Alternative legale Geschäftsbeziehungen mit Westafrika aufzunehmen. Wie nannte man das? Den »rechtmäßigen Handel«.
    Mit wachsender Aufregung las ich den Namen des Passagiers.
    Und den Namen des Dampfers.
    Eugénie Nicolet und Abo Gabassa hatten die Überfahrt auf demselben Schiff gemacht.
    Ich stand auf, um das Feuer zu schüren.
    War es das? War ich auf ein Geheimnis gestoßen, das eineinhalb Jahrhunderte verborgen gewesen war? Eugénie Nicolet und Abo Gabassa? Eine Affäre?
    Ich zog Schuhe an, ging zur Terrassentür, drehte den Knauf und drückte. Die Tür war eingefroren. Ich stemmte mich mit der Hüfte dagegen, und das Eis brach.
    Mein Holzvorrat war gefroren, und es dauerte eine Weile, bis ich ein Scheit mit einem Grabschäufelchen losgestemmt hatte. Ich zitterte, als ich endlich wieder im Haus war, und mein Sweatshirt war mit winzigen Eiskügelchen bedeckt. Auf dem Weg zum Kamin ließ mich plötzlich ein Geräusch erstarren.
    Meine Klingel bimmelt nicht, sie zwitschert. Das tat sie auch jetzt und stoppte dann plötzlich, als hätte jemand den Versuch aufgegeben.
    Ich ließ das Scheit fallen, rannte zum Sicherheitskasten und drückte auf den Videoknopf. Auf dem Monitor sah ich eine vertraute Gestalt durch die Haustür verschwinden.
    Ich schnappte mir meine Schlüssel, rannte in die Eingangshalle und öffnete die Tür zum Windfang. Die äußere Tür fiel eben ins Schloß. Ich drückte auf die Klinke und zog sie auf.
    Daisy Jeannotte lag ausgestreckt auf den Stufen meiner Eingangstreppe.

31
    Bevor ich ganz bei ihr war, rührte sie sich wieder. Langsam zog sie die Arme an, rollte sich ab und setzte sich mit dem Rücken zu mir auf.
    »Sind Sie verletzt?« Mein Mund war so trocken, daß es

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