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Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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schnaubte.
    »Aber sie ist sich absolut sicher, daß Anna noch alle Zähne hat. Sie erinnert sich, daß ihre Nichte beständig über Zahnschmerzen klagte.«
    »Und wer läßt sich Zähne ziehen?«
    Genau das hatte ich mir auch gedacht.
    »Normalerweise nicht die Leute, die mit ihren Zähnen zufrieden sind.«
    »Ja.«
    »Und diese Tante glaubt auch, daß Anna nie weggegangen ist, ohne es ihrer Mutter zu sagen, oder?«
    »Das hat sie gesagt.«
    »Anna Goyette hatte bessere Tricks drauf als David Copperfield. Sie ist in den letzten achtzehn Monaten siebenmal verschwunden. Zumindest hat ihre Mutter sie so oft als vermißt gemeldet.«
    »Oh.« Das flaue Gefühl in mir breitete sich vom Brustbein bis in die Magengrube aus.
    Ich bat Claudel, mich auf dem laufenden zu halten, und legte auf. Daß er es tun würde, bezweifelte ich allerdings.
     
    Um halb zehn war ich geduscht, angezogen und in meinem Büro. Ich schloß meinen Bericht über Élisabeth Nicolet ab, wobei ich all meine Beobachtungen sorgfältig darlegte und begründete, so wie ich es in jedem normalen gerichtsmedizinischen Fall auch getan hätte. Am liebsten hätte ich auch noch einige Informationen aus Bélangers Tagebüchern hinzugefügt, aber es war einfach nicht genug Zeit gewesen, darin weiterzulesen.
    Nachdem ich den Bericht ausgedruckt hatte, verbrachte ich drei Stunden mit Fotografieren, aber ich war nervös und ungeschickt und hatte Schwierigkeiten, die Knochen in die richtige Lage zu bringen. Um zwei holte ich mir ein Sandwich aus der Cafeteria und aß es, während ich meinen Bericht über Mathias und Malachy korrigierte. Immer wieder wanderten meine Gedanken zum Telefon, und ich konnte mich nicht auf die Arbeit konzentrieren.
    Ich stand gerade mit Bélangers Tagebüchern am Kopierer, als ich den Kopf hob und Claudel vor mir sah.
    »Es ist nicht Ihre junge Dame.«
    Ich starrte ihm in die Augen. »Wirklich?«
    Er nickte.
    »Wer ist es dann?«
    »Sie heißt Carole Comptois. Als der Zahnstatus Anna Goyette ausschloß, haben wir die Fingerabdrücke durch den Computer laufen lassen und einen Treffer gelandet. Sie wurde ein paarmal wegen Prostitution verhaftet.«
    »Alter?«
    »Achtzehn.«
    »Wie ist sie gestorben?«
    »LaManche ist eben dabei, die Autopsie abzuschließen.«
    »Irgendwelche Verdächtigen?«
    »Viele.« Er starrte mir kurz ins Gesicht und ging ohne ein weiteres Wort.
    Ich kopierte weiter, ein Roboter mit einem Sturm der Gefühle in seinem Inneren. Die Erleichterung, die ich verspürt hatte, als er mir sagte, daß es sich nicht um Anna handelte, verwandelte sich sehr schnell in ein schlechtes Gewissen. Immerhin lag im Keller des Instituts ein Mädchen auf dem Obduktionstisch. Eine Familie mußte informiert werden.
    Deckel hochklappen. Umblättern. Deckel herunterklappen. Knopf drücken.
    Achtzehn war sie gewesen.
    Ich hatte keine Lust, die Autopsie zu sehen.
     
    Um halb fünf war ich mit den Tagebüchern fertig und ging in mein Büro zurück. Ich brachte meine Berichte ins Sekretariat und legte dann LaManche einen Zettel mit einer Erklärung für die vielen Fotokopien auf den Schreibtisch. Als ich wieder in den Gang trat, standen LaManche und Bergeron vor dem Büro des Odontologen und unterhielten sich. Beide Männer sahen müde und ernst aus. Als ich auf sie zuging, sahen sie mich an, sagten aber nichts.
    »Schlimm?« fragte ich.
    LaManche nickte.
    »Was ist mit ihr passiert?«
    »Was nicht?« entgegnete Bergeron.
    Ich sah von einem zum anderen. Auch gebückt war der Zahnspezialist noch über einsachtzig groß, und ich mußte zu ihm hochschauen, um ihm in die Augen zu sehen. Sein weißes Kraushaar glitzerte im Licht einer Neonröhre. Ich erinnerte mich an Claudels Bemerkung über einen Tierangriff und wußte plötzlich, warum man auch ihm den Samstag verdorben hatte.
    »Sieht aus, als wäre sie an den Handgelenken aufgehängt und geschlagen und dann von Hunden angegriffen worden. Marc meint, daß es mindestens zwei waren.«
    Bergeron nickte. »Eine der größeren Rassen. Vielleicht Schäferhunde oder Dobermänner. Es sind über sechzig Bißwunden.«
    »O Gott.«
    »Eine kochende Flüssigkeit, wahrscheinlich Wasser, wurde ihr über den nackten Körper gegossen. Die Haut ist stark verbrüht, aber ich konnte nichts Identifizierbares finden«, fuhr LaManche fort.
    »War sie da noch am Leben?« Meine Eingeweide zogen sich zusammen bei dem Gedanken an die Schmerzen, die dieses Mädchen erlitten haben mußte.
    »Ja. Letztendlich war die Todesursache

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