Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
Vom Netzwerk:
lief genau so, wie ich es Katy beschrieben hatte, bis auf einen Unterschied. Es gab eine Stratifikation. Unter der Leiche mit dem Krebsgesicht fand ich einen zweiten verwesenden Kadaver. Er lag auf dem Boden der einen Meter zwanzig tiefen Grube, mit dem Gesicht nach unten, die Arme unter dem Bauch, in einem Winkel von zwanzig Grad zur Leiche darüber.
    Tiefe hat ihre Vorzüge. Während von dem oberen Opfer nur noch Knochen und Bindegewebe übrig waren, waren vom unteren noch große Mengen Fleisch und breiige Eingeweide erhalten. Ich arbeitete, bis es dunkel wurde, siebte penibel jede Schaufel Erde durch, nahm Erd–, Pflanzen- und Insektenproben und verstaute die Opfer in Leichensäcken. Der Detective des Sheriffs filmte und fotografierte.
    Sam, Colker und Baker sahen aus einiger Entfernung zu und ließen gelegentlich eine Bemerkung fallen oder traten einen Schritt näher, um besser zu sehen. Der Deputy des Sheriffs suchte mit einem speziell auf Verwesungsgerüche abgerichteten Hund die Umgebung ab. Kim sah sich nach materiellen Indizien um.
    Alles ohne Erfolg. Bis auf die zwei Leichen war nichts zu finden. Die Opfer waren ausgezogen und vergraben worden, man hatte ihnen alles genommen, was auf ihre Identität hätte hindeuten können. Und sosehr ich auch alle Details studierte: Weder die Position der Leichen noch sonst etwas an der Anlage oder der Füllung des Grabes gab einen Hinweis darauf, ob die Opfer gleichzeitig begraben worden waren oder das obere später hinzugekommen war.
    Es war fast acht, als Baxter Colker die Tür des Transporters zuknallte und verriegelte. Der Leichenbeschauer, Sam und ich standen an der Asphaltstraße oberhalb des Piers, wo unsere Boote vertäut lagen.
    Colker in seinem ordentlich gebügelten Anzug samt Fliege und weit über die Taille reichender Hose sah aus wie eine Karikatur. Obwohl Sam mich vor seiner Pingeligkeit gewarnt hatte, war ich nicht vorbereitet gewesen auf diese Art der Berufskleidung, in der der Leichenbeschauer von Beaufort County zur Exhumierung erschienen war. Ich fragte mich, was er zu einer Dinnerparty trug.
    »Also, das wär’s«, sagte er und wischte sich die Hände mit einem Leinentaschentuch ab. Hunderte von geplatzten Äderchen in seinen Wangen gaben seinem Gesicht eine rötlichblaue Tönung. Er wandte sich mir zu.
    »Ich sehe Sie dann wohl morgen im Krankenhaus?« Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.
    »Moment mal. Ich dachte, diese Fälle gehen an den forensischen Pathologen in Charleston.«
    »Nun, natürlich kann ich diese Fälle der medizinischen Fakultät überstellen, Ma’am, aber ich weiß, was dieser Gentleman mir sagen wird.« Colker hatte mich den ganzen Tag über mit Ma’am tituliert.
    »Sie meinen Axel Hardaway?«
    »Ja, Ma’am. Und Dr. Hardaway wird mir sagen, daß ich einen Anthropologen brauche, weil er keine Ahnung von Knochen hat. Das wird er mir sagen. Und soweit ich weiß, ist Dr. Jaffer, unser sonstiger Anthropologe, nicht verfügbar. Und was bedeutet das für diese armen Leute hier?« Er deutete mit knochiger Hand auf den Transporter.
    »Egal, wer die Skelettanalyse macht, sie brauchen auf jeden Fall eine vollständige Autopsie der unteren Leiche.«
    Etwas regte sich im Fluß, das Mondlicht auf der Oberfläche zerbrach in tausend Splitter. Wind war aufgekommen, ich roch Regen in der Luft.
    Colker klopfte auf die Seitenwand des Transporters, ein Arm erschien im Fenster, winkte, und der Transporter fuhr los. Colker sah ihm eine Weile nach.
    »Da heute Sonntag ist, werden diese beiden im Beaufort Memorial übernachten. Ich werde mich unterdessen mit Dr. Hardaway in Verbindung setzen und mich nach seinen Wünschen erkundigen. Darf ich fragen, wo Sie die Nacht verbringen, Ma’am?«
    Während ich es ihm sagte, kam der Sheriff zu uns.
    »Ich möchte Ihnen noch einmal danken, Dr. Brennan. Sie haben hervorragende Arbeit geleistet.«
    Baker war gut dreißig Zentimeter größer als der Leichenbeschauer, und Sam und Colker erreichten selbst zusammengenommen kaum seine Körpermasse. Unter dem Uniformhemd wirkten Brust und Arme des Sheriffs wie aus Eisen geschmiedet. Sein Gesicht war kantig, seine Haut hatte die Farbe starken Kaffees. Harley Baker sah aus wie ein Schwergewichtsboxer und redete wie ein Harvard-Absolvent.
    »Danke, Sheriff. Ihr Deputy und Ihr Detective haben mir sehr geholfen.«
    Als wir uns die Hände schüttelten, lag meine blaß und zierlich in der seinen. Mit diesem Griff konnte er wahrscheinlich Granit

Weitere Kostenlose Bücher