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Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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dümpelten. Das Riedgras stand bewegungslos in den Dünen.
    Während ich rannte, betrachtete ich die Geschenke des Meeres. Treibholz, geriffelt und glatt und mit Entenmuscheln bedeckt. Tanggewirr. Die glänzende braune Schale einer Königskrabbe. Eine Meeräsche, Augen und Innereien von Krebsen und Möwen weggefressen.
    Ich lief, bis mir die Lunge brannte. Dann lief ich noch ein Stückchen weiter. Als ich zum Plankenweg zurückkehrte, trugen meine zitternden Beine mich kaum die Stufen hoch. Aber im Kopf fühlte ich mich verjüngt. Vielleicht war es der Anblick des toten Fisches oder der Krabbe gewesen, vielleicht hatte ich einfach meinen Endorphinpegel erhöht, aber mir graute plötzlich nicht mehr vor dem Tag, der vor mir lag. Der Tod ereignete sich in jeder Minute jeden Tages an jedem Ort der Erde. Ich war ein Teil des Lebenszyklus, und zu dem gehörte auch Murtry Island. Ich würde diese Leiche ausgraben und sie den Verantwortlichen übergeben. Das war meine Arbeit.
    Als ich aufs Boot zurückkam, schlief Katy noch immer. Ich machte Kaffee, stellte mich dann unter die Dusche und hoffte, daß das Geräusch der Pumpe sie nicht wecken würde. Als ich mich angezogen hatte, toastete ich zwei English Muffins, bestrich sie mit Butter und Brombeermarmelade und trug sie in den Salon. Freunde haben mir gesagt, daß körperliche Anstrengung ein Appetitzügler ist. Bei mir nicht. Nach jedem Training könnte ich mein Körpergewicht in Essen verdrücken.
    Ich schaltete den Fernseher an, zappte durch die Kanäle und entschied mich für einen aus dem halben Dutzend Prediger, die sonntagmorgendliche Erbauung anbieten. Gerade berichtete ein gewisser Reverend Eugene Hightower von den »unerschöpflichen Wohltaten, die die Rechtschaffenen erwarten«, als Katy hereinstolperte und sich auf die Couch warf. Ihr Gesicht war zerknittert und aufgedunsen vom Schlaf, und ihre Haare sahen aus wie das Tanggestrüpp, das ich am Strand gesehen hatte. Sie trug ein Hornets-T-Shirt, das ihr bis zu den Knien reichte.
    »Guten Morgen. Du siehst wunderbar aus.«
    Keine Antwort von meiner Tochter.
    »Kaffee?«
    Sie nickte, ohne die Augen zu öffnen.
    Ich ging in die Kombüse, goß einen Becher voll und stellte ihn ihr hin. Katy brachte sich in eine halb aufrechte Position, öffnete vorsichtig die Lider und griff nach dem Kaffee.
    »Ich habe bis zwei gelesen.«
    Sie trank einen Schluck, streckte dann die Hand mit der Tasse aus und schlug die Beine unter. Ihr schlaftrüber Blick fiel auf Reverend Hightower.
    »Warum hörst du dir diesen Trottel an?«
    »Ich will wissen, wie man zu diesen ›unerschöpflichen Wohltaten‹ kommt.«
    »Stell ihm einen Scheck aus, und er schickt dir einen Viererpack.«
    Barmherzigkeit gehörte nicht zu den frühmorgendlichen Tugenden meiner Tochter.
    »Welcher Idiot hat denn schon in aller Frühe angerufen?«
    Takt ebenfalls nicht.
    »Sam.«
    »Oh. Und was wollte er?«
    »Katy, gestern ist etwas passiert, das ich dir noch nicht erzählt habe.«
    Ihr Blick war plötzlich hellwach und gespannt auf mich gerichtet.
    Ich zögerte erst, berichtete ihr dann aber von der Entdeckung des vergangenen Tages. Ohne ins Detail zu gehen, beschrieb ich die Leiche, und wie J-7 uns zu ihr geführt hatte, und erzählte kurz von meinem Telefongespräch mit Sam.
    »Dann fährst du also heute wieder auf die Insel.« Sie trank einen Schluck.
    »Ja. Mit dem Leichenbeschauer und einem Team aus dem Büro des Sheriffs. Sam holt mich um zehn ab. Tut mir leid, daß ich dir den Tag versaut habe. Du kannst natürlich gern mitkommen, aber ich verstehe, wenn du lieber nicht willst.«
    Lange Zeit sagte sie gar nichts. Der Reverend plapperte von Jesus.
    »Weiß man schon, wer es ist?«
    »Der Sheriff meint, daß es mit Drogen zu tun hat. Die Dealer benutzen die Flußmündungen und Meeresarme hier in der Gegend, um den Stoff an Land zu bringen. Er vermutet, daß eine Aktion in die Hose gegangen ist und irgend jemand plötzlich eine Leiche zu entsorgen hatte.«
    »Und was hast du da draußen zu tun?«
    »Wir bergen die Leiche, nehmen Proben und machen jede Menge Fotos.«
    »Nein, nein. Ich will ganz genau wissen, was du tust.«
    »Schritt für Schritt?«
    Sie nickte und lehnte sich in die Kissen zurück.
    »Sieht ziemlich routinemäßig aus. Erst räumen wir die Vegetation ab und legen ein Gitternetz an mit einem Bezugspunkt für Zeichnungen und Messungen.« Bilder des Kellers in St. Jovite schossen mir durch den Kopf. »Wenn die Spurensicherung an der Oberfläche

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