Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)
Boden neben der Tür, die nach draußen führt. Der eine ist leer, der zweite enthält die angetrockneten Reste von Dosenfutter.
»Sie kennen Pete Marino doch schon sehr lange«, sagt Burke.
»Das würde ich mitnehmen«, wiederhole ich meinen Vorschlag, was das Katzenfutter angeht. »Dass es hier herumsteht, kommt mir seltsam vor. Sonst sehe ich nirgendwo angebrochene Lebensmittel. Der Beutel sollte im Labor auf Fingerabdrücke untersucht werden. Und auf DNA . Besser, Sie fassen ihn nicht an.«
Sie putzt sich die Nase und niest. Ihre Handschuhe sind nicht sauber.
»Benton hat mir ein wenig über ihn erzählt.« Offenbar hat sie vor, meine Anweisungen in Sachen Katze zu ignorieren. Das werde ich ihr nicht durchgehen lassen.
»Der eine Napf ist leer, weil das Wasser verdunstet ist«, fahre ich fort. »Im anderen war Futter, und er ist nicht gespült worden. Manchmal sind es die scheinbar unwichtigen Kleinigkeiten.«
»Eine krisengeschüttelte, unglückliche Beziehung. Gewalt gegen seine Ehefrau.«
»Mir ist nicht bekannt, dass er je gegen Doris gewalttätig geworden wäre. Zumindest nicht körperlich.« Ich wage kaum, mir Doris’ Entsetzen auszumalen, als sie ans Telefon oder an die Tür gegangen und ohne Vorwarnung vom FBI wegen Marino in die Mangel genommen worden ist.
»Dazu ein Sohn, der Mitglied des organisierten Verbrechens war und in Polen ermordet wurde.« Burkes Aufmerksamkeit gilt ihrem Telefon.
Ich könnte den Futterbeutel selbst sichern, würde es aber lieber lassen, weil er nicht in Zusammenhang mit der Leiche steht und kein biologisches Material enthält. Dennoch öffne ich den Tatortkoffer. Burke lässt mir keine andere Wahl. Und so tüte ich das Katzenfutter ein, beschrifte den Beutel und zeichne ihn mit meinen Initialen ab.
»Sie sollten die Möglichkeit nicht außer Acht lassen, dass der Mensch, der für ihr Verschwinden verantwortlich ist, nach der Tat noch einmal das Haus betreten hat.« Mir wollen die fehlenden Hausschlüssel und die Handtasche nicht aus dem Kopf. Dann denke ich an einen Autoschlüssel, der in einer teuren antiken Schale von Lalique gefunden wurde. Niemand, der auf seine Sachen achtet, würde Schlüssel oder andere Gegenstände, die Glas zerbrechen oder poliertes altes Holz zerkratzen könnten, so aufbewahren.
»Die Fälle in Virginia vor neun Jahren, als Marino für Sie gearbeitet hat.« Burke lässt nicht locker und ist offenbar inzwischen voll in Fahrt. »Sie sind nach Richmond zurückgekehrt, weil Sie gebeten wurden, als Beraterin in dem unaufgeklärten Mord an einem kleinen Mädchen namens Gilly Paulsson zu fungieren.«
Aha, die Suchmaschinen tun ihr Werk, denke ich.
»Und während Ihres Aufenthalts dort hatte Marino ein Problem«, spricht sie weiter.
Das kann man sicherlich nicht im Internet nachlesen, und Marino selbst hat es ihr auch bestimmt nicht erzählt. Vielleicht ja Benton. Oder Gilly Paulssons Mutter wurde bereits befragt. Lucy weiß zwar auch, was Marino damals vorgeworfen wurde, würde jedoch nie ein Wort mit Douglas Burke wechseln. Von ihr hätte sie nicht einmal die Uhrzeit erfahren.
»Eine Anschuldigung, die sich als völlig haltlos erwiesen hat.« Ich versuche, mich nicht aus der Ruhe bringen oder mir anmerken zu lassen, dass ich mir schon denken kann, was jetzt kommt.
»Es wurde nie Anzeige bei der Polizei erstattet.« Burke tippt noch eine Mail.
»Und zwar deshalb, weil die Vorwürfe ohne Hand und Fuß waren. Sie kamen von einer psychisch gestörten Person, die Marino unvorsichtigerweise zu nah an sich herangelassen hat«, erkläre ich.
»Er war offenbar schon öfter unvorsichtig.«
»Das gilt vermutlich für das Privatleben der meisten Menschen.«
»Er bewegt sich allerdings nicht unbedingt im Durchschnittsbereich.«
»Nein, das ist wahrscheinlich richtig.« Ich öffne die Kühlschranktür.
Fünfundzwanzig
Er ist leer bis auf ein paar Saucenflaschen und Gläser mit zuckerfreier Marmelade. Kein Saft, keine Milch oder andere Lebensmittel mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum, das uns weiterhelfen würde. Entweder hat Peggy Stanton ihren Kühlschrank ausgeräumt, weil sie verreisen wollte. Oder eine andere Person hat es getan, und zwar mit böswilligen Absichten. Ich spüre, dass Burke jede meiner Bewegungen und meine Mimik beobachtet.
Sie seziert mich und zerlegt mich in meine Bestandteile. Und ich lasse sie gewähren. Wie jeder zielstrebige Ermittler wird sie so lange weitermachen, bis ich ihr einen Riegel vorschiebe. Außerdem hat sie
Weitere Kostenlose Bücher