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Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)

Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)

Titel: Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Burke hinzu, als sei das ein Kompliment.
    Seit Peggy Stanton ihre Familie verloren hat, ist die Zeit für sie stehengeblieben. Alles ist unverändert. So wie früher. Die Zukunft, auf die sie sich gefreut hat, ist mit dem Flugzeug abgestürzt. Ihr streng abgeschirmtes Leben verlief in festgelegten Bahnen. Deshalb kann ich mir kaum vorstellen, dass sie getwittert hat.
    »Haben Sie irgendwo einen Computer gesehen?«, frage ich.
    »Noch nicht.«
    Die Fotos überall auf Tischen und Kommoden stammen aus einer Zeit, als es in Peggy Stantons Leben noch geliebte Menschen gegeben hat. Ihrem Mann, einem sympathisch wirkenden Menschen mit einem spitzbübischen Funkeln in den dunklen Augen, fällt eine schwarze Haarlocke ins Gesicht. Dann die beiden Mädchen, begeisterte Reiterinnen und Schwimmerinnen, eine davon Hobbypilotin. Keines der Fotos ist aus jüngerer Zeit. Peggy Stanton ist auf keinem davon abgebildet.
    »Wie kann sie ohne Computer getwittert haben?«, wundere ich mich.
    »Vielleicht hatte sie ja einen Laptop, den sie mitgenommen hat. Oder ein Smartphone oder ein iPad, was immer sie bei ihrer Abreise auch bei sich gehabt haben mag.«
    »Ich erkenne keinen Hinweis daruf, dass sie technisch interessiert war«, wende ich ein. »Genau genommen eher das Gegenteil, wenn man sich den alten Fernseher und das Telefon mit Wählscheibe anschaut.«
    Ich öffne den nächsten Schrank, in dem Pullis mit Knöpfen am Ausschnitt zusammengefaltet in den Regalen liegen. Dazwischen stecken Zedernholzstückchen. Die Schuhe in dem Gestell auf dem Boden haben Kreppsohlen und flache Absätze und sollen eher bequem als modisch sein. Es wundert mich nicht, dass Peggy Stantons Haar vor der Zeit weiß geworden ist und dass sie sich die Mühe gespart hat, es zu färben oder beim Friseur in Form bringen zu lassen. Und auch, warum ihre Nägel in einem diskreten, beinahe fleischfarbenen Rosaton lackiert waren. Bis auf die Machenschaften ihres Zahnarzts kann ich keinerlei Versuch erkennen, anziehend oder attraktiv zu wirken. Und ich vermute, dass diese Eingriffe ihr aufgeschwatzt worden sind.
    »Weder Tulle noch Audrey Marybeth oder Peruvian Connection. Kein einziges Designerlabel.« Auf dem Schrankboden bemerke ich eine Herrenhutschachtel für einen Lederhut mit einer dicken Staubschicht darauf. FOTOS steht in ordentlichen Druckbuchstaben auf dem Deckel. »Die meisten ihrer Sachen sind Größe vierzig oder zweiundvierzig, nicht achtunddreißig. Ich würde das hier gern aufmachen.«
    In der Schachtel liegen gerahmte Fotos, die ich mir ansehe. Sie sind alle von ihr, einer hübschen Frau mit pechschwarzem Haar und dunklen, funkelnden Augen, strotzend vor Lebenskraft und ganz und gar nicht so, wie ich sie mir nach der Autopsie und der Durchsicht ihrer Sachen vorgestellt habe. In Reitkleidung, beim Wandern und beim Kajakfahren. Eine Aufnahme zeigt sie in Paris. Sie muss Mitte zwanzig gewesen sein, abenteuerlustig und voller Lebenshunger, bis ihre Welt mit einem Mal zum Stillstand gekommen ist.
    »Ich bezweifle stark, dass sie auf der Suche nach einer romantischen Beziehung war oder im Internet Kontakt mit einem Menschen gepflegt hat, der sich
The Dude
nennt«, sage ich. »Es gibt nicht den geringsten Hinweis darauf, dass sie begeisterte Bowling-Spielerin war. Weder Bowlingschuhe noch -kugeln oder Pokale, habe ich recht? Außerdem haben Kleidung und Schmuck auf den Fotos nicht die geringste Ähnlichkeit mit den Sachen, die die Tote am Leibe trug. Die Größe stimmt offenbar nicht. Als sie noch lebte und nicht mumifiziert war, wären ihr die Kleider zu klein gewesen.«
    »Meine Frage lautet nur, ob sich die Bedingungen, unter denen sich die Mumifizierung einer Leiche beschleunigt, künstlich herstellen lassen«, beharrt Burke.
    »Die Kleidung, die sie trug, als sie entführt wurde oder verschwand«, spreche ich einfach weiter, »ist nicht dieselbe, die sie in der Bucht anhatte. Jemand hat sie angezogen. Das Ganze war inszeniert. Und zwar aus einem bestimmten Grund.«
    Weil es ihm Vergnügen bereitet.
Ich denke an Bentons Worte, der Mörder entwerfe eine Choreographie, weil er sich so wichtiger und mächtiger fühle. Ganz gleich, was auch dahinterstecken mag, suche er sich dazu Opfer, die keine persönliche Beziehung zu ihm haben. Sie seien nicht gemeint, wenn er jemanden entführe und töte.
    »Kann man eine Leiche künstlich mumifizieren?«, wiederholt Burke, und ich weiß, worauf sie hinauswill.
    »Meinen Sie, wenn man sie in einem sehr trockenen und

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