Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)
Damals in Richmond, weißt du noch?«
»So etwas vergisst man nicht so leicht.«
Marino hat angefangen zu twittern und vielleicht sogar auch zu trinken, und zwar kurz nachdem ich Luke eingestellt habe. Ich frage mich, ob Luke vorhin auf dem Parkplatz etwas zu ihm gesagt hat. Hat er sich erkundigt, wohin wir wollten, und ihm dann unter die Nase gerieben, dass er eine Taucherausbildung vorweisen kann, und zwar eine professionelle, die ihn zum Tauchlehrer und Rettungstaucher qualifiziert?
»Weil du Unmengen von kunststoffbeschichteten Kartons gebraucht hast und sie für einen Spottpreis zu haben waren?«, sagt Marino schmunzelnd.
»Und wir haben sie benutzt, weil uns nichts anderes übrigblieb.«
»Ja. Wenn man heute so etwas täte, würde der Anwalt des Angeklagten einen in der Luft zerreißen.«
Ich denke an Mildred Lott und an das, was mir vermutlich blüht. Soweit ich weiß, steht der Gerichtstermin noch. Wenn ich nur zurückhaltender gewesen wäre und mir meine voreilige Bemerkung gespart hätte. Mit ein bisschen Pech werden bald sämtliche Nachrichtensendungen meine Äußerung wiederholen.
»Vielleicht müssen wir ja gar nicht rein, sofern sie nicht zu tief versunken ist.« Marino stoppt den Tahoe am Sicherheitstor aus schwarzem Metall. »Auf Pams Foto sieht es aus, als sei sie leicht zu erreichen. Also können wir sie möglicherweise einfach an den Seilen rausziehen und brauchen die Taucheranzüge nicht. Aber das sind noch ungelegte Eier.«
»Wir sollten nicht automatisch davon ausgehen, dass es eine
Sie
ist.«
»Nagellack.« Er spreizt die Finger, als hätte er lackierte Nägel, streckt die Hand nach dem Sonnenschutz aus und drückt einen Knopf an der Fernbedienung. »Du kennst doch das Foto, das Pam geschickt hat.« Er spricht über die jugendlich wirkende Meeresbiologin, als seien sie bereits dicke Freunde. »Eindeutig Nagellack. Allerdings war die Farbe nicht genau zu erkennen, Rosa vielleicht.«
»Am besten setzen wir gar nichts voraus.«
»Wir brauchen unsere eigene Tauchermannschaft. Ich habe mir überlegt, ob ich den Tauchschein machen soll«, spricht er weiter, doch das wird niemals passieren.
Normalerweise lautet Marinos Lieblingsspruch, dass der liebe Gott uns Kiemen gegeben hätte, wenn es uns bestimmt sei, unter Wasser zu atmen. Und zwar gern so laut, dass Luke es auch sicher hört. Ich frage mich, ob Marino ahnt, dass Luke sich gerade erboten hat, mich auf den Tauchgang zu begleiten, und ob es auf dem Parkplatz zu einem Streit zwischen den beiden gekommen ist.
»Die vielen Wasserleichen, mit denen wir es hier zu tun haben«, fährt Marino fort. »Buchten, Seen, Flüsse, das Meer. Feuerwehr und Küstenwache lassen lieber die Finger davon.«
»Weil es nicht ihre Aufgabe ist«, entgegne ich. Immer wenn er so großspurig ist und redet wie ein Wasserfall, richte ich mich darauf ein, dass ich gleich etwas Unangenehmes zu hören bekomme.
»Wenn wir nur ein Boot hätten. Ich habe den Bootsführerschein, also wären wir gleich im Geschäft. Ein Zodiac Hurricane, ein Schlauchboot mit starrem Rumpf, sieben Meter lang, mit einen 42 - PS -Innenbordmotor, würde völlig genügen. Vielleicht können wir ja Staatskohle für neue Taucheranzüge und so ein Boot kriegen. Transportieren könnten wir es auf einem Anhänger. Dann hätten wir die Möglichkeit, so zu arbeiten, wie wir wollen«, verkündet er selbstbewusst. »Darum könnte ich mich problemlos kümmern. Mit Booten kenne ich mich wirklich aus.«
Als wir in den Memorial Drive einbiegen, herrscht dichter Verkehr. Das Tor hinter uns bleibt offen stehen, da gerade weitere Mitarbeiter des CFC eintreffen.
»Ich würde dafür sorgen, dass alles korrekt gesichert und aufbewahrt wird, damit es nicht zu Verunreinigungen kommt«, spricht er weiter. »Immer genau nach Vorschrift, damit kein Verteidiger später behaupten kann, die Beweismittel wären kontaminiert. Falls du heute Nachmittag doch noch vor Gericht musst, sollte ich mitkommen. Ich möchte nicht, dass du dich allein irgendwo in der Nähe von Channing Lott herumtreibst.«
»Ich glaube nicht, dass er sich in einem Gerichtsgebäude auf mich stürzen wird, wo es von Polizei nur so wimmelt.«
»Das Problem ist, dass ein Scheißkerl wie er jemanden damit beauftragt haben könnte, dir draußen aufzulauern«, entgegnet Marino. »Der Typ hat genug Kohle, um sich zu kaufen, was er will.«
»Offenbar hat er sich vor dem Bezahlen gedrückt, als er beschlossen hat, seine Frau umbringen zu
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