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Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)

Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)

Titel: Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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das, obwohl seine Unfreundlichkeit und mangelnde Hilfsbereitschaft vermutlich nur in persönlicher Antipathie begründet ist. Und das gegenüber einem sehr nett aussehenden, jungen, blonden und blauäugigen Arzt, der nicht nur Weltbürger, sondern auch ein persönlicher Freund von mir ist.
    »Musst du weg? Ein Tatort? Ein Einsatz für die Spezialeinheit? Zum Schießstand? In eine Reality-Show?« Luke hat bemerkt, was ich anhabe, und mustert mich von Kopf bis Fuß. »Also doch nicht zum Gericht?«
    »Wir haben einen Fall in Boston, eine Leiche im Hafen. Wahrscheinlich wird die Bergung schwierig, weil sie sich in Angelschnüre und alles Mögliche verheddert hat«, erwidere ich. »Was das Gericht angeht, bin ich nicht sicher, aber wahrscheinlich werde ich auf der Matte stehen müssen. Heutzutage hat man da kaum eine Wahl.«
    »Das brauchst du mir nicht zu erzählen.« Er beobachtet eine Gruppe von Spurensicherungsexpertinnen, die auf den Lift zusteuern. Es sind junge Frauen, die uns schüchtern begrüßen und Luke förmlich mit Blicken ausziehen. »Man braucht nur etwas mit seinen Initialen abzuzeichnen, und schon wird man zum Prozess zitiert.« Seine Aufmerksamkeit gilt weiter den Frauen, was mich an den Vorwurf erinnert, den Marino gegen ihn erhebt: Luke sei ein skrupelloser Aufreißer, und zwar ohne Ansehen der Person oder ihres Familienstandes. »Das ist doch alles nur Schikane.«
    »Zum Großteil schon«, stimme ich zu.
    »Falls du Hilfe brauchst, kann ich ja mitkommen. Was ist das für ein Fall? Tod durch Ertrinken?« Er sieht mich aus lebhaften blauen Augen an. »Ich erinnere dich daran, dass ich auch eine Tauchlizenz habe. Wir können zusammen runtergehen. Die Sicht im Hafen ist vermutlich miserabel und das Wasser eisig kalt. Du solltest also nicht allein sein. Marino taucht nicht. Ich helfe dir gern.«
    »Im Moment weiß ich noch nicht, womit wir es zu tun haben, aber ich glaube, wir schaffen das schon«, erwidere ich. »Dafür vertraue ich dir die Morgenvisite an. Außerdem kannst du die Fälle an die anderen Docs verteilen. Dafür wäre ich dir sehr dankbar.«
    »Na klar. Und wenn du mal einen Moment Zeit hast, würde ich gern mit dir über den Dienstplan sprechen. Oder vielmehr über den nicht vorhandenen.«
    Er starrt mich an, während ich die Tür zur Schleuse öffne. Sein waches Gesicht ähnelt so sehr dem seiner Tante, dass es mich manchmal aus dem Konzept bringt. Vielleicht liegt es auch an der Art, wie er mich ansieht und mich vereinnahmt. Oder an den Gefühlen, die das in mir auslöst, und den dadurch verursachten Schwierigkeiten.
    »Da gibt es ein kleines Problem.« Damit meint er, dass Marino eines ist. Vielleicht will er auch etwas anderes andeuten.
    Da gibt es nämlich etwas, das mir zu schaffen macht, und ich denke an Wien nach der Trauerfeier, als Luke Benton und mich die eleganten, von Bäumen gesäumten Wege entlang über den Zentralfriedhof geführt hat, um uns die Gräber von Brahms, Beethoven und Strauss zu zeigen. Bentons Ärger war mit Händen zu greifen. Ich konnte seinen Zorn spüren wie beißenden Schneeregen im Gesicht.
    »Ich verstehe, was du meinst, und verspreche dir, mit ihm darüber zu reden.« Ich versichere Luke, dass ich das Problem mit dem elektronischen Kalender in Angriff nehmen werde. Wenn nötig, werde ich die Angelegenheit Bryce übertragen. Doch während ich das alles sage, erinnere ich mich an das, was geschehen ist.
    Es war einfach nur scheußlich. Der Anlass für Bentons erkennbar schlechte Laune war einzig und allein, dass Luke fließend Englisch und Deutsch spricht und bei einem sehr traurigen Ereignis, der Beerdigung seiner Tante, die ich sehr geliebt habe, unser rücksichtsvoller und anteilnehmender Begleiter war. Allerdings war Luke, ihr einziger Neffe, auch einnehmend, anziehend und unbeschreiblich charmant. Und als wir stehenblieben, um das Mozart-Denkmal zu betrachten, auf dessen Marmorstufen die Menschen Kerzen und Blumen abgestellt hatten, legte er den Arm um mich und bedankte sich dafür, dass ich nach Wien gekommen sei, zur Beerdigung seiner einzigen Tante, eines Menschen, den ich nie vergessen werde.
    Mehr war da nicht. Nur eine Umarmung, mit der er mich einen innigen Moment an sich zog. Doch das genügte. Als Benton und ich in unser Hotel in der Ringstraße zurückkehrten, tranken wir, aßen nichts und stritten.
    »Wo ist dein Respekt?«, begann mein FBI -Ehemann sein Verhör. Ich wusste zwar, was er meinte, verweigerte aber die Aussage. »Du verstehst

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