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Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)

Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)

Titel: Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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überhitzt.«
    »Dann wollen wir ihn abdecken und wässern«, beschließt Dr. Quick. Als sie den Kopf hebt, treffen sich kurz unsere Blicke.
    Sie drapieren ein nasses weißes Laken auf dem geschuppten Rückenschild, und ich denke an ihren Tonfall vorhin am Telefon, als sie mir ohne Umschweife mitgeteilt hat, was in ihren Augen nötig ist. Offenbar war sie überzeugt davon, dass sich mein Einverständnis erübrigt, und fand meine Anwesenheit außerdem überflüssig. Ihr Augenausdruck ist so abfällig, als herrsche zwischen uns eine Privatfehde, von der ich nichts weiß.
    Sie verteilt Ultraschallgel auf dem Hals der Schildkröte und fährt mit einer Dopplersonde mit eingebautem Lautsprecher darüber, um die Herztöne zu kontrollieren. Der gewaltige Blutkreislauf des Tiers klingt wie ein tosender Fluss oder brausender Wind.
    »Normosol zum Elektrolytausgleich.« Sie reißt das Infusionsset auf, eine Nadel Stärke zwanzig, verbunden mit einem Infusionsschlauch. »Zehn Tropfen pro Milliliter. Er steht unter Stress.«
    »Nun, das würde ich an seiner Stelle auch. Wahrscheinlich ist er noch nie einem Menschen begegnet«, stellt Klemens fest, und wieder spüre ich das seltsame Gefühl von Vertrautheit, bei dem es gar nicht um ihn geht.
    Trauer und Neugier durchfahren mich wie ein schwacher Stromstoß. Dann sind sie wieder fort, und ich male mir aus, mein Vater hätte ein Wunder wie dieses sehen können. Manchmal frage ich mich, was er von dem Menschen halten würde, der ich geworden bin.
    »Es heißt, eine solche Schildkröte sei nur einmal im Leben an Land gewesen, und zwar als sie gleich nach dem Schlüpfen über den Strand ins Wasser gekrabbelt ist. Seitdem schwimmt er.« Klemens gestikuliert beim Sprechen, wie mein Vater es getan hat, bis er vom Krebs so geschwächt war, dass er die Hände nicht mehr vom Bett heben konnte. »Also fühlt er sich auf einem festen Untergrund, in diesem Fall die Plattform, nicht sonderlich wohl. Ich will ja keine anzüglichen Sprüche klopfen, aber der Bursche spürt nur etwas unter sich, wenn er sich paart. Was wollen Sie wegen ihm unternehmen?«
    Er mustert das bewegte Wasser, auf dem der große gelbe wurstförmige Fender tanzt, was mir ein wenig seltsam erscheint, weshalb ich mir die Bemerkung nicht verkneifen kann.
    »Glauben Sie, das sie mit einer Muschelreuse oder Betonsteinen beschwert ist?«, erkundige ich mich. »Warum?«
    »Als sie das Bojentau mit einem Haken herangezogen haben, um die Angelschnur durchzuschneiden und die Schildkröte zu bergen, ist die Leiche für ein paar Minuten aufgetaucht«, entgegnet er. »Ihr Kopf.«
    »Herrgott, hoffentlich kriegen wir das jetzt nicht im Fernsehen zu sehen.« Ich blicke zu dem zweiten Helikopter hinauf, der inzwischen eingetroffen ist und direkt über uns schwebt. Es ist ein weißer mit zwei Triebwerken, auf dessen Nase offenbar eine gyrostabilisierte Kameraanlage montiert ist.
    »Ich glaube, die interessieren sich nur für die Schildkröte und haben keine Ahnung, was sonst noch am Haken hängt.« Er folgt meinem Blick nach oben. »Der erste Vogel kam, als wir den Burschen gerade an Bord zogen. Also denke ich nicht, dass sie die Leiche gesehen haben oder von ihrer Existenz wissen. Zumindest noch nicht.«
    »Und was wurde über Funk gesprochen?«, frage ich.
    »Kein Notruf, aus offensichtlichen Gründen.« Das heißt, dass auf den Kanälen, die von Seeleuten und Reportern abgehört werden, nichts von einer Leiche gemeldet worden ist.
    »Hat sie jemand mit dem Greifarm berührt oder sonst irgendwie bewegt?«
    »Niemand ist in die Nähe gekommen. Außerdem haben wir das Ganze mit unseren Kameras hier an Bord aufgenommen, Doc. Also haben Sie etwas in der Hand, falls Sie vor Gericht Beweise brauchen.«
    »Ausgezeichnet«, antworte ich.
    »Als sich die Leiche dicht unterhalb der Oberfläche befand, konnte man undeutlich den Umriss einer Reuse aus Drahtgeflecht mit schätzungsweise etwa einem Meter zwanzig Durchmesser ausmachen.« Er starrt weiter auf die Boje, als könne er den beschriebenen Gegenstand noch sehen. »Sie hängt an einem circa sieben bis acht Meter langen Seil. Offenbar liegt etwas verdammt Schweres darin. Felsstücke, Beton, das war nicht festzustellen.«
    »Und die Leiche hängt an diesem Seil? Können wir sicher sein, dass sich das noch so verhält? Wissen wir, dass sie sich nicht gelöst hat, als die Schildkröte an Bord geholt und losgeschnitten wurde?«
    »Ich glaube nicht, dass die arme Frau eine Möglichkeit hatte zu

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