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Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)

Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)

Titel: Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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nassen Sachen wieder anzuziehen, sondern behalte den Isolieranzug an, der mir passt wie ein überdimensionaler grauer Overall.
    Ich schlüpfe in meine Jacke, schnalle mich wieder an und teile Labella mit, dass ich den Schutzanzug stibitzen und sauber wieder zurückgeben werde. Kletty lichtet den Anker, Labella wirft den Motor an, und Marino setzt sich mir gegenüber auf die andere Seite des Gangs und quält sich mit seinem Fünfpunktgurt ab, während ich versuche, die Ereignisse in eine zeitliche Reihenfolge zu bringen.
    Ich stelle mir vor, wie jemand an Bord eines Bootes einen großen Fender um den Hals der Toten bindet, ein zweites Seil um ihre Knöchel knotet und am anderen Ende einen mit Katzenstreu gefüllten großen Hundekäfig befestigt. Dann wird das Ganze ins Meer gekippt, und zwar gerade in dem Moment, als ein tausend Kilo schweres Reptil erscheint, das Angelhaken, eine Bambusstange und Schnüre hinter sich herschleppt. Bis jetzt war das vielleicht nur ein Ärgernis für die Schildkröte, bis sie mit dem Käfig zusammenstieß, so dass die Bambusstange sie durchbohrte. Denn nun wurde das Tier von einer viele hundert Kilo schweren Last nach unten gezogen, während sich die Angelschüre um seine linke Flosse immer enger zusammenzogen.
    »Was für eine seltsame Welt«, denke ich mir. »Damit hat er ganz sicher nicht gerechnet.«
    Ich spreche vom Mörder. Meiner Ansicht nach ist die Person, die die Leiche der Frau beseitigt hat, auch für ihren Tod verantwortlich. Also werde ich diesen Fall als Tötungsdelikt behandeln, bis Tatsachen auftauchen, die mich vom Gegenteil überzeugen.
    »Meiner Ansicht nach wurde sie in der Nähe des Fundorts über Bord geworfen«, übertönt Marino das Dröhnen der Motoren.
    »Du könntest recht haben«, antworte ich, während wir auf den Innenhafen von Boston zurasen. »So wie die Leiche verschnürt war, hätte sie nicht sehr weit mitgeschleppt werden können, ohne zu zerfallen.«
    »Fünf Fünfzehnkilosäcke, vom Wasser durchweicht. Wenn dieser Mist nass wird, wiegt er noch mehr und klebt zusammen wie Beton«, verkündet Marino. »Das Zeug hätte sich nicht so rasch aufgelöst oder wäre aus den Säcken ausgetreten. Das Gewicht des Käfigs kommt noch dazu. Also sprechen wir hier von mindestens achtzig, wenn nicht gar hundert Kilo, die an der Leiche hingen. Ziemlich viel Gewicht um den Hals.«
    »Wie lange war sie wohl im Wasser?« Labella dreht sich auf seinem Sitz um. Das Boot holpert über die Bucht.
    »Wahrscheinlich nicht sehr lange.« Ich denke an den Prozess gegen Channing Lott und frage mich, warum es ausgerechnet jetzt geschehen ist. »Die große Frage ist der Todeszeitpunkt und wo sie seitdem aufbewahrt wurde.«
    »Sie sieht ihr nicht ähnlich«, sagt Marino; er braucht nicht weiter auszuführen, wen er meint.
    Ich weiß, was er mir mitteilen will, weil ich anfangs auch diese Vermutung hatte. Allerdings nur sehr kurz, bis ich sie mir aus der Nähe anschauen konnte. Sie kommt mir nicht im entferntesten bekannt vor. Ich habe Fotos von Mildred Lott gesehen, für ihre fünfzig Jahre ausgesprochen jugendlich, schlank und fit mit langem blondem Haar, ihr perfektes Styling ein eindeutiger Hinweis auf ihre finanzielle Situation. Ich weiß von jeder Schönheitsoperation, jedem Eingriff zum Fettabsaugen und jeder Spritze, weil mir die Polizei nach ihrem Verschwinden aus ihrem Haus in Gloucester im letzten März sämtliche Unterlagen zur Verfügung gestellt hat.
    »Ich habe keine Ahnung, wer diese Frau ist, aber
sie
ist es auf gar keinen Fall«, erkläre ich Marino, während vor uns die Skyline von Boston naher rückt. »Dazu muss ich nicht auf die DNA -Analyse warten.«
    »Jemand wird sicher ein großes Theater veranstalten, sie sei es doch, bis wir überall das Gegenteil verbreiten«, unkt er.
    »Wir verbreiten gar nichts, ehe sie nicht identifiziert wurde und wir gefahrlos Informationen herausgeben können, ohne dem Täter in die Hände zu spielen.«
    »Und wenn sie zerfallen wäre und wir sie nicht hätten bergen können? Dann hätten alle geglaubt, dass es Mildred Lott ist.« Marino denkt an meinen heutigen Gerichtstermin. »Die Leute wären felsenfest davon überzeugt.« Das heißt, die Geschworenen. »Sie würden annehmen, dass sie nach all den Monaten wiederaufgetaucht ist. Vielleicht wurde die Tote ja genau aus diesem Grund so arrangiert. Nämlich um den Ausgang des Prozesses zu beeinflussen und durch einen Trick zu erreichen, dass die Beweise im letzten Moment in sich

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