Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)
Zwiebeln gefressen haben, auch geäußert hast?« Ich beschrifte einen Ständer mit Reagenzgläsern für Blutproben, die ich vielleicht auch nicht brauchen werde.
»Ja.«
»Tja, dann ist es kein Wunder, dass sie die Sache so ernst nehmen.« Ich bedecke Nase und Mund mit einer Atemmaske. »Zwiebeln und Knoblauch können für Hunde und Katzen giftig sein, was die meisten Tierhalter wissen.«
»Mist, das ist ja, als würde ich mit Darth Vader reden.« Marino beäugt meine Maske. »Vielleicht solltest du das Ding beim Gericht tragen und sehen, was dann passiert.«
»Wenn Bryce nicht schon vor deiner Einmischung fast vor Angst gestorben ist, dann sicherlich jetzt.«
»Wann stirbt er eigentlich nicht fast vor Angst?«, nörgelt Marino weiter, obwohl er Bryce längst nicht so verabscheut, wie er vorgibt.
Es ist der Lieblingssport der beiden, zuerst gnadenlos aufeinander herumzuhacken und fünf Minuten später zusammen Kaffee zu trinken oder zu Mittag zu essen. Mindestens einmal im Monat ist Marino bei Bryce und Ethan zum Abendessen oder zum Grillen eingeladen.
»Wahrscheinlich hat er die Nachrichtensendungen noch nicht gesehen, die Ron gerade erwähnt hat, und ahnt überhaupt nichts davon.« Ich öffne den ersten Leichensack. »Und deshalb wussten auch wir nichts.« Ich ziehe den Reißverschluss des zweiten auf.
Vierzehn
In den schwarzen Plastikhüllen wirkt sie kläglich geschrumpft. Das lange weiße Haar klebt ihr im ledrigen Gesicht. Der magere Körper versinkt förmlich in einem langen grauen Rock, einer dunklen Bluse, entweder violett oder weinrot, und einer marineblauen Jacke mit angelaufenen Metallknöpfen. Alle Kleidungsstücke scheinen mindestens vier Nummern zu groß zu sein.
»Von welchen Nachrichten redest du?« Marino zieht seine OP -Maske herunter.
»Offenbar sind überall Videoaufnahmen davon im Umlauf, wie ich gerade die Lederschildkröte untersuche.« Als ich die Leichensäcke auseinanderziehe, steigt mir Verwesungsgeruch in die Nase. »Lass sie uns zuerst mit den Fesselungen fotografieren. Um sie auf Anzeichen von sexueller Gewalt zu untersuchen, muss ich das Seil um ihre Knöchel entfernen.«
»Ein doppelter Fischerknoten. Das hier ist der zur Absicherung. Die Knoten an den beiden Tauen sind identisch«, merkt Marino an.
Er beginnt, die abgeschnittenen gelben Nylonseile zu fotografieren, die um Knöchel und Hals der Toten gewickelt und verknotet sind.
»Es funktioniert folgendermaßen«, fährt er fort. »Zuerst bindet man den eigentlichen Knoten, also den Spierenstich. Und dann wickelt man das Ende zur Absicherung noch einmal drum.«
Er zeigt mit dem in einem blauen Handschuh steckenden Finger darauf.
»Damit er ja nicht wieder aufgeht«, fügt er hinzu. »Also hat ihr jemand zwei Seile um Hals und Knöchel gebunden und jedes davon mit zwei Knoten gesichert. Die längeren Enden hat er dann an Hundekäfig und Fender befestigt. Ich bin gespannt, mit was für Knoten. Ich wette, sie sind auch identisch.«
Kopfschüttelnd schaut er auf die Uhr.
»Du forderst das Schicksal heraus, Doc.«
»Gibt es deiner Ansicht nach einen besonderen Grund, so einen Knoten zu nehmen?« Ich klinke eine neue Klinge in den Griff des Skalpells ein.
»Keinen logischen. Normalerweise dient ein Spierenstich dazu, zwei Angelschnüre oder Leinen miteinander zu verbinden, was hier aber nicht der Fall ist. Also gibt es keinen plausiblen Grund, außer der Betreffende hat nun einmal diese Angewohnheit. Du kommst total zu spät, und das ist schließlich kein Friseurtermin.«
»Die Vorgehensweise könnte uns also etwas über den Täter verraten.«
»Ich glaube, wir können davon ausgehen, dass sie von einem Boot aus ins Wasser geworfen wurde«, erwidert er. »Und nicht aus einem Flugzeug oder Hubschrauber.«
»Ich habe keine Ahnung, wo sie rausgeworfen worden ist.«
Ich schiebe Kleidungsstücke beiseite und nehme einen kleinen Einschnitt im oberen rechten Bauchraum vor.
»Ein Fischer oder jemand, der gern mit dem Boot rausfährt«, spricht Marino weiter, während ich ein Thermometer in die Leber einführe, um die Körpertemperatur zu messen. »Ein Mensch, der sich mit Seilen und Knoten auskennt. Solche Knoten bindet man nicht einfach so.«
Ich nehme ein Messer von einem Instrumentenwagen und durchtrenne das gelbe Seil, das dreimal fest um ihre Knöchel geknotet ist. Dann befestige ich Etiketten an den Enden, damit ich später weiß, welches wo angebracht gewesen ist, und messe Länge und Dicke des Seils, wobei ich
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