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Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)

Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)

Titel: Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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darauf achte, nichts an den Knoten zu verändern.
    »Sie hat sehr oberflächliche Abschürfungen an den Knöcheln«, stelle ich fest. »Keine Einschnürungen oder Blutergüsse, die Fesseln haben kaum Spuren hinterlassen. Wahrscheinlich ist es am Hals genauso, aber das heben wir uns für später auf.«
    »Sie war längst tot, als sie gefesselt wurde.« Er macht Nahaufnahmen der kaum sichtbaren Kerben um ihre Knöchel.
    »So viel steht fest«, stimme ich zu. »Zehennägel, hellrosa lackiert und abgeblättert. Außerdem hat sie rötliche Flecken an den Fußsohlen, was seltsam ist.«
    »So als hätte sie irgendwann rote Socken oder rote Schuhe angehabt, die abgefärbt haben?« Marino beugt sich vor, um die Fußsohlen zu fotografieren. Die Blende der Kamera klickt mehrmals.
    »Vermutlich war sie eher barfuß und ist in etwas hineingetreten.« Ich betrachte die dunkelroten Flecken an ihren verschrumpelten Zehenballen, Fußballen und Fersen mit einer beleuchteten Lupe. »Eine Substanz, die im Wasser offenbar nicht abgewaschen wird. Sie könnte darübergelaufen sein. Zumindest sieht es für mich so aus. Jedenfalls hat es ihre Haut verfärbt oder sich darin festgesetzt. Oder beides.«
    Mit dem Skalpell kratze ich ein wenig an der verfärbten Stelle an ihrer linken Fußsohle und streife rötliche Hautschuppen von der Klinge in einen Umschlag. Dabei berichte ich Marino, was Ron mir erzählt hat.
    »Es kam in den Lokalsendern, aber auch landesweit. Videoaufnahmen, ziemlich aus der Nähe, ein Teil davon aus der Luft gefilmt, doch er war nicht sicher, ob es auf das gesamte Material zutraf«, erkläre ich. »Wir wissen, dass der Hubschrauber eines Senders über uns schwebte, als wir auf dem Löschboot waren. Aber was ist während unseres Aufenthalts auf dem Boot der Küstenwache passiert? Was hältst du davon, einen Tisch mit Laken abzudecken?«
    Ich entferne die Rückseite des Smart Label, klebe es auf das gelbe Silikonarmband und befestige dieses am linken Handgelenk der Toten. Ihre Haut ist verschrumpelt und hart wie nasses Leder. Ihre Fingernägel sind in demselben dezenten Pfirsichfarbton lackiert wie ihre Zehennägel, abgebrochen und abgeblättert, so als hätte sie an etwas gekratzt oder mit bloßen Händen gegraben.
    »Wenn du auf dem Film im Wasser zu sehen bist, wurde er eindeutig von dem anderen Helikopter aufgenommen.« Marino schüttelt ein kunststoffbeschichtetes Laken aus.
    »Oder jemand hat von einem Boot aus gefilmt.« Am rechten Zeigefinger steckt ein Ring, ein silbernes Dreicentstück aus dem Jahr 1862 in einer schweren goldenen Fassung. »Es hat von Booten nur so gewimmelt«, erinnere ich ihn.
    »Der große weiße Hubschrauber ist die ganze Zeit über uns geschwebt, während du sie aus dem Wasser geholt hast«, stellt Marino fest. »Ich hätte mir die Hecknummer merken sollen, verdammt.«
    Ich drehe an dem Ring herum und wundere mich ebenso über seine Größe wie darüber, dass er so fest an ihrem Zeigefinger steckt, was er eigentlich nicht sollte. Die Frage ist, ob sie ihn ursprünglich an einem dünneren Finger getragen hat oder ob er ihr überhaupt gehört. Wenn er jetzt auf ihren Zeigefinger passt, war das zum Zeitpunkt ihres Todes sicher nicht so, denn wenn eine Leiche mumifiziert, trocknet sie sehr stark aus und schrumpft wie Obst und Gemüse in einer Dörre. Schmuck, Schuhe und Kleidung sitzen dann nicht mehr wie zu Lebzeiten. Ich vermute, dass jemand die Leiche aus ihrem Versteck geholt, Schmuck und Kleidung arrangiert und sie anschließend gefesselt in die Bucht geworfen hat.
    Warum?
    Damit der Ring auch sicher gefunden wird? Und ihre persönliche Habe auch?
    »Ich habe mir die Hecknummer notiert«, antworte ich Marino, während ich gleichzeitig über meine Fragen nachgrüble. »Wir können sie mit der Datenbank der Flugsicherung abgleichen.«
    »Wahrscheinlich werden wir dann an die finanzierende Bank oder irgendeine anonyme Aktiengesellschaft verwiesen, wie Lucy eine betreibt. Damit die Polizei bei der Verfolgung eines ihrer Batmobile oder Batmotorräder nicht anhand der Kennzeichen herausfinden kann, wer sie ist, und die Fluglotsen ihre hübsche Stimme am Funk nicht mit einem Namen verknüpfen.«
    Seine in Tyvek verpackten Füße machen beim Gehen Schleifgeräusche.
    »Diese Hubschrauber liefern nur selten brauchbare Informationen, auch nicht die neuen«, fügt er hinzu. »Insbesondere nicht, wenn sie in Privatbesitz sind. Als ich bei der Polizei anfing, war die Welt noch nicht so verdammt anonym.

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