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Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)

Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)

Titel: Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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weiteres Vorgehen den Weg geebnet – nämlich mich zuerst als qualifizierte Expertin darzustellen und anschließend anzudeuten, ich sei nicht nur eine Feministin und Ehebrecherin, sondern hätte mir als Medizinerin unrechtmäßig Zugriff auf die Leichenteile japanischer Staatsbürger verschafft. Marino hat das alles beobachtet und redet seitdem über nichts anderes mehr, während wir uns im Schneckentempo durch einen elenden Stau quälen und unser Auto von Sturmböen und sintflutartigem Regen gebeutelt wird. Vor ein paar Minuten hat es sogar gehagelt, und es ist für den frühen Abend ungewöhnlich dunkel.
    »Sie hat sich dich für den Schluss aufgehoben, und das ist der Eindruck, mit dem die Geschworenen in den Feierabend gehen – Filmaufnahmen von einer reichen toten Frau mit langem platinblondem Haar, die heute aus der Bucht geborgen wurde.«
    »Ich glaube nicht, dass ihr Haar platinblond ist. Es ist ziemlich sicher weiß.« Ich bringe kaum noch einen Ton heraus.
    »Vernünftige Zweifel.« Marino wischt mit dem Jackenärmel über die Windschutzscheibe und dreht die Lüftung voll auf. »Wenn sie vorher keine hatten, haben sie sie jetzt mit Sicherheit.«
    »Es geht mich nichts an, ob er schuldig gesprochen wird«, entgegne ich. »Ich habe keine Meinung zu der Frage, ob er hinter dem Verschwinden seiner Frau steckt, und du solltest eigentlich auch keine haben.«
    »Du kennst den Spruch ja. Alles ist Ansichtssache.«
    Endlich sind wir da. Mein mit Metall verkleidetes Gebäude ragt wie ein Turm unheilverkündend aus dem Unwetter auf. Es erinnert an eine graue, in Nebel gehüllte Burg, und ich werde von einem seltsamen Gefühl ergriffen, das aus den Tiefen meines Bauches emporsteigt. Ein eisiges Unbehagen breitet sich in meiner Brust aus und kriecht mir bis ins Gehirn, während das schwarze Metalltor auf seinen Schienen zurückgleitet und Marino weiterfährt. Der vom Regen verschleierte Lichtkegel seiner Autoscheinwerfer fällt auf Fahrzeuge, die eigentlich nicht hier sein dürften. Bentons schwarzer Porsche Cayenne parkt neben drei Limousinen, so als wären er und seine FBI -Kollegen dennoch zu dem Treffen mit mir erschienen, obwohl ich keine Zeit habe, was überhaupt keinen Sinn ergibt.
    Gleich nach dem Verlassen des Gerichtssaals habe ich Benton eine SMS mit dem Inhalt geschickt, heute Abend ginge es auf gar keinen Fall, denn ich müsse noch eine Autopsie durchführen, die sich bestimmt als kompliziert erweisen werde. Ich würde frühestens um neun oder zehn fertig sein.
    »Wer ist hier und warum?«, wundere ich mich, während Marino eine Fernbedienung auf die Rückseite des Gebäudes richtet.
    »Das da ist Machados Crown Victoria. Was, zum Teufel, soll das?«
    In der Anlieferungszone geht das Licht an, und das schwere Tor öffnet sich. Als der Spalt breiter wird, erkenne ich die dunkelgrüne Motorhaube von Lucys Aston Martin, rückwärts eingeparkt neben meinem SUV .
    »Mist.« Marino fährt hinein. »Bist du mit ihr verabredet?«
    »Ich bin mit niemand verabredet.«
    Wir steigen aus. Das Geräusch der zufallenden Autotüren hallt auf dem Beton. Ich halte den Daumen über das biometrische Schloss. Dann sind wir im Aufnahmebereich der Rechtsmedizin. Vom Nachtwächter fehlt jede Spur. Allerdings höre ich verschiedene Stimmen am Ende des Flurs. Und als Marino und ich auf die ID -Abteilung zusteuern, steht die Tür weit offen. Der gelbe Fender, der Hundekäfig und andere Beweisstücke liegen deutlich sichtbar auf Tischen herum, und als wir uns der Radiologie nähern, erkenne ich die Stimmen von meiner Assistentin Anne und Luke Zenner. Der Wachmann kommt um die Ecke.
    »Wer hat die ID -Abteilung aufgeschlossen?«, erkundige ich mich. »Ist alles in Ordnung, George?«
    »Sie haben Besuch.« Er spricht nur mit mir und würdigt Marino keines Blickes.
    »Offenbar.«
    »Mr. Wesley und einige seiner Leute sind mit Anne und Dr. Zenner hier. Keine Ahnung, worum es geht.«
    Ich glaube ihm kein Wort. Er schaut starr geradeaus, als er mit vorgeschobenem Kiefer davonmarschiert. Über der Tür zum Röntgenraum brennt das rote Lämpchen, was heißt, dass der Scanner läuft. Außerdem überrascht es mich, wie mein Mann angezogen ist. Er trägt Joggingsachen, sein nasses Haar ist zurückgekämmt. Detective Sil Machado von der Polizei von Cambridge, FBI Special Agent Douglas Burke und noch eine Frau, die ich nie zuvor gesehen habe, sind ebenfalls im Raum. Sie ist ziemlich klein, etwa Mitte dreißig und hat kurzes dunkles Haar. Ich

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