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Knochenbrecher (German Edition)

Knochenbrecher (German Edition)

Titel: Knochenbrecher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Flessner
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und nahm vorsichtig ein Streichholzbriefchen aus dem Fach für Visitenkarten.
    »Das gab’s kürzlich als so eine Art Abschiedsgruß für die echten Fans. Sind alle nummeriert. Ich habe meins von Sven Rogall persönlich. Und jetzt raten Sie mal die Nummer!«
    Klaus Bogena öffnete das Briefchen wie Jack Nicholson die Umschläge bei der letzten Oscar-Verleihung und präsentierte mit ersichtlichem Stolz die Nummer 001.
    »So, jetzt muss ich mich dringend wieder um meine Verwandten kümmern. Die vermissen mich bestimmt schon. Wie gesagt, wenn ich Ihnen irgendwie helfen kann, rufen Sie mich einfach an. Ich stehe im Telefonbuch.«

 
    14
    Alles war noch genau so, wie Greven es bei seinem ersten Besuch vorgefunden hatte, der kämpfende Mungo, der seine Verfolger im Auge behaltende Fuchs, die in Leder gebundenen Bücher voller Lesezeichen, die Armillarsphäre, die jeden Besucher in ihren Bann schlug, die durchgelegene Chaiselongue, über der die Weltkarte die imperialen Perspektiven und Besitzansprüche eines längst vergangenen Jahrhunderts aufzeigte.
    Nichts hatte sich verändert, nicht einmal die Falte in dem bestickten Kissen auf dem Polstersessel. Der Raum lag im Halbdunkel, die Atmosphäre war dicht und ließ Bogenas anderen Zugang zur Welt als den der Aufklärung erahnen. Zumindest für Greven lag der Mythos in der Luft, genauer gesagt, die Rückkehr des Mythos. Oder die Resistenz des Mythos in der ostfriesischen Provinz, was er für wahrscheinlicher hielt.
    Kontinuität also, wohin das Auge sah. Bis auf eine Ausnahme, die verkrümmt auf dem ausgetretenen Teppich für Diskontinuität sorgte. Neben der Leiche lag eine der schweren Buchstützen, eine kitschige Eule aus einem fast schwarzen Stein, der er bei seinem ersten Besuch keine Beachtung geschenkt hatte. Die Bücher, die sie bis vor wenigen Stunden zu bewachen gehabt hatte, standen auch ohne sie still. Obwohl die Eule auf den ersten Blick keine Blutspuren aufwies, waren sich alle sicher, dass Almuth Bogena mit der Buchstütze der Schädel eingeschlagen worden war. Viel Blut war auch auf dem Teppich nicht zu sehen, dessen rote Fasern das meiste wohl aufgesogen hatten. Während Dr. Behrends dem Fotografen noch ein paar Wünsche mitteilte, lauschte Greven den Ausführungen des Chefs der Spurensicherung.
    »Die Schlösser an der Vorder- und Hintertür sind auf den ersten Blick unversehrt, ebenso die Fenster. Aber das sehe ich mir noch genauer an. Anzeichen eines Kampfes konnte ich nicht feststellen. Die Tat ist jedoch zweifelsfrei hier passiert. Keine Schleifspuren oder ähnliches. Auf der Buchstütze konnten wir mehrere Fingerabdrücke sichern. Vielleicht ist ja diesmal was dabei.«
    »Es spricht also vieles dafür, dass Frau Bogena ihrem Mörder selbst die Tür geöffnet und ihn in dieses Zimmer geführt hat. Dann hat er sich einfach die Buchstütze gegriffen und zugeschlagen.«
    »Viel mehr dürfte sich aller Wahrscheinlichkeit nach nicht abgespielt haben. Länger als fünf bis zehn Minuten hat der Tathergang also nicht gedauert, es sei denn, die beiden hatten ein längeres Gespräch.«
    »Oder der Täter musste sich zuvor noch auf die Couch legen und einen Ring kaufen.«
    »Was für einen Ring?«
    Greven zeichnete mit beiden Händen den Umriss in die Luft: »Einen etwa so großen Messingring gegen Erdstrahlen. Frau Bogena hat ihn offenbar jedem angedreht, der ihr Haus betreten hat.«
    »Herbert hat letzte Woche in der Kantine wieder mal den Clown gespielt. Dabei hatte er einen großen Messingring in der Hand«, fiel Hansen spontan ein.
    »Das war einer von Bogenas Ringen. Ich hatte ihn mir extra geben lassen. Als Anschauungsobjekt. Um mein Verständnis für die Wunderheilerbranche zu vertiefen.«
    »Verstehe«, nickte Hansen halbtrocken.
    »Neben der Chaiselongue muss ein ganzer Karton voll stehen«, erklärte Greven, den Unterton seines Kollegen ignorierend.
    »Der muss mir entgangen sein«, wunderte sich Hansen und sah umgehend nach. Greven folgte ihm und stellte schnell fest, dass die Leiche doch nicht die einzige Diskontinuität war. Der Karton war verschwunden. So viele Ringe konnte das Opfer kaum in den paar Tagen verkauft haben. Da sich weder ein leerer Karton noch ein zweiter mit Nachschub finden ließ, setzten sie die Ringe auf die Vermisstenliste.
    Während Greven eine Erklärung dafür suchte, warum der Mörder ausgerechnet die Ringe hatte mitgehen lassen, fand Dr. Behrends beim Anheben der Leiche ein weiteres Element, das die Kontinuität

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