Knochenbrecher (German Edition)
den Greven als Klaus Bogena ansah. Die Ähnlichkeit mit seiner Mutter war offensichtlich. Almuth Bogena konnte er unter den Trauergästen nicht ausmachen. Er hatte auch nicht mit ihr gerechnet. Dafür entdeckte er ein anderes bekanntes Gesicht inmitten eines Dreiergrüppchens: Aline. Auch Mona hatte sie schon entdeckt und flüsterte erstaunt: »Sie hat mir nichts gesagt.«
»Weißt du, wer die beiden anderen sind?«
»Die Blonde ist Hilde Siebert, eine bekannte Architektin, die andere kenne ich nicht.« Mona winkte ihrer Freundin verhalten zu, die jedoch so in ein Tuschelgespräch vertieft war, dass sie nichts bemerkte.
Greven war inzwischen auf Thea Woltke gestoßen, die ihm ein Lächeln zuwarf, das er vorsichtig erwiderte. Mona entging es dennoch nicht: »Die schon wieder. Sag bloß, die hat auch was mit dem Fall zu tun?«
Greven schüttelte den Kopf.
»So ein Pech für dich.«
»Mona!« Sein kleiner Appell an Monas Eifersucht fiel so laut aus, dass einige der Trauergäste ihre Köpfe hoben. Auch Alines Blicke fanden jetzt zu ihnen. Ihr Lächeln fiel zurückhaltender aus als das von Thea Woltke. Greven nutzte die durch ihn hervorgerufene Störung, um noch einmal nach seinem Verfolger Ausschau zu halten, aber die wenigen Bewegungen und Umrisse, die bei ihm hängen geblieben waren, reichten nicht aus, jemanden in die engere Wahl zu ziehen. Noch dazu trugen fast alle schwarze Kleidung, die einen Abgleich unmöglich machte, viele sogar leichte Mäntel. Er versuchte sogar, sich Klaus Bogena mit Pudelmütze und blauer Windjacke vorzustellen, musste sich jedoch eingestehen, dass diese Kostümierung auch anderen der Anwesenden mühelos stand.
Nach dem Ende der Zeremonie drittelte sich die Trauergemeinde.
Während die Mehrheit im Dorf verschwand, marschierte der kleinere Teil zum Gemeindehaus, in dem bereits die übliche Teetafel vorbereitet worden war. Mona schloss noch auf dem Friedhof zu Aline und deren Freundinnen auf, während Greven es vorzog, in ein paar Metern Abstand zu folgen. Als er die vier Frauen vor sich in Gespräche eintauchen sah, keimte in ihm das Gefühl auf, möglicherweise als Störfaktor angesehen zu werden, als ewig Diensttuender, der die Redefreiheit einschränkte. Ein Irrtum, wie sich auf halbem Wege herausstellte, denn Aline nabelte sich von dem Quartett ab, ließ sich zurückfallen und ging plötzlich neben ihm.
»Warum so schüchtern, Gerd? Das ist doch sonst nicht deine Art.«
Greven suchte einige Sekunden nach der passenden Rechtfertigung: »Wie du dir denken kannst, bin ich beruflich hier, während ihr ganz andere Motive habt.«
»Den Mörder wollen wir alle hinter Gittern wissen«, entgegnete Aline und hakte sich zu seiner Überraschung bei ihm ein. »Warum sollte uns da ein Kommissar der Mordkommission nicht willkommen sein?«
Greven fiel keine bessere Antwort ein, als zu schweigen und Alines beschleunigten Schritten zu folgen. Nachdem er sich den ihm noch unbekannten Mitgliedern vorgestellt hatte, wies ihm das neu gebildete Quintett die mittlere Position zu. Die Stimmung war für den Anlass, der sie zusammengeführt hatte, außerordentlich gut. Aline, die Architektin und Inge Gronewoldt, eine Werbegrafikerin, tauschten auf dem Weg Anekdoten aus, die von Besuchen bei Tante Hedda handelten. Und wie es sich für diese Gattung gehört, steigerten die drei Frauen die Pointen durch leichte Übertreibungen oder dramaturgisch notwendige Korrekturen. So wurde von Aline der Behandlungsraum auf die Größe ihres Flures reduziert, während die Architektin Anhaltspunkte für die Vermutung gefunden zu haben glaubte, dass Tante Hedda wesentlich älter gewesen sei, als von amtlicher Seite angenommen. Greven war nicht unglücklich, aktuelle und noch unbekannte Geschichten über das Hexenhaus zu hören, Geschichten, die im Gegensatz zu den klassischen eher komischer Natur waren. Da tat nach einer erfolgreichen Behandlung einer rechten Schulter am darauf folgenden Tag plötzlich die linke weh. Auch die Verwechslung von Patienten durch die ansonsten wache Heilerin hatte offenbar schon zu sehr kuriosen Situationen geführt.
Vor dem Gemeindehaus hatten sie Mühe, halbwegs ernste Gesichter abzuliefern, als sie von dem Pastor und den wenigen Angehörigen empfangen wurden. Als Greven Heddas Neffen die Hand reichte, wich die ernste Miene des Mannes augenblicklich einem freundlichen Ausdruck. Er ließ Grevens Hand nicht los und zog ihn in die gegenüberliegende Ecke des Foyers.
»Sie müssen der
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