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Knochenbrecher (German Edition)

Knochenbrecher (German Edition)

Titel: Knochenbrecher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Flessner
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große Brechstange ansetzt, sieht das hinterher anders aus. Noch dazu hätte er sie gar nicht einzusetzen brauchen, sondern nur auf die Klingel drücken müssen. Wie bei Hedda und Almuth. Warum also sollte er bei Herrn Cassens einen ganz anderen Weg wählen, der seinem Opfer reichlich Gelegenheit gibt, die Polizei anzurufen? Apropos Opfer. Für jemanden, der gerade einem Attentat entgangen ist, ist der verdammt gelassen.«
    »Das heißt, die Sache ist faul«, raunte Häring. »Aber warum sollte er diesen Überfall inszenieren?«
    »Das werden wir morgen sehen. Ich habe da so eine Ahnung. Trotzdem müssen wir das volle Programm durchziehen. Vielleicht können wir ihm ja die Irreführung nachweisen. Wenn du das Protokoll aufnimmst, sehe ich mich noch mal im Haus um.«
    Nicht nur das Wohnzimmer war großzügig und hochwertig eingerichtet, auch die Zimmer im Obergeschoss waren stilvoll ausgestattet. Maßgenaue Handwerksarbeiten, wohin er auch sah. Neben dem riesigen Bad mit Whirlpool und Bidet stieß Greven auf das Behandlungszimmer, das von dem eines Arztes kaum zu unterscheiden war. Cassens hatte bei der Einrichtung auf Weiß Wert gelegt, hatte sich für nüchterne Resopalschränke und eine weiße Behandlungsliege entschieden. An den Wänden hingen Portraits berühmter antiker Ärzte: Hippokrates, Galenos von Pergamon, Herophilos, Celsus. In einem Schrank mit Glastüren warteten Essenzen, Tinkturen und Salben auf ihren Einsatz. Von der Decke ragte an zwei Gelenken eine Lampe in den Raum, die er eher in einem Operationssaal erwartet hätte. Im hinteren Teil des Raums standen ihm unbekannte Messgeräte älterer Bauart.
    Cassens’ Konzept war offensichtlich ein ganz anderes als das der Bogenas. Nicht esoterische Tradition und unerklärliche Kräfte prägten den Raum, sondern Wissenschaftlichkeit, wie auch immer sie tatsächlich eingesetzt wurde. Vor dem Verlassen des Zimmers fiel Grevens Blick auf ein Tablett mit verschiedenen Gegenständen, deren Verwendung er nicht zuordnen konnte. Am auffälligsten war ein großes, sternförmiges Gebilde aus Messing, das auf den nach unten gebogenen Spitzen der vier Zacken oder Strahlen ruhte, während das Zentrum des Sterns aus einem etwa zehn Zentimeter großen Dorn bestand. Immerhin weckte das Material eine vage Ahnung in ihm.
    Im Schlafzimmer entdeckte er auf dem Nachttisch die gerahmte Fotografie einer jugendlich wirkenden Frau, die er auf Anfang bis höchstens Mitte vierzig schätzte. Sie trug eine blonde Kurzhaarfrisur und Jeans. Der Damenmantel, der an einem Bügel an einer Schranktür hing, gehörte mit großer Wahrscheinlichkeit ihr. Kinderzimmer oder zumindest erkennbare Spuren, dass Kinder in dem Haus aufgewachsen waren, fand er nicht.
    »Darf ich dich kurz unterbrechen?«, sagte Greven zu Häring, als er wieder im Wohnzimmer eintraf, und fuhr gleich mit einer Frage fort, die er an Cassens richtete: »Wo ist eigentlich Ihre Frau?«
    »Meine Frau? Ja, die ist in Marienhafe. Bei ihrer Schwester.«
    Der Ton, in dem Cassens diese Frage beantwortete, ließ Greven eine zweite formulieren: »Wie lange ist sie schon bei ihrer Schwester?«
    »Seit gut sechs Wochen. Wieso interessiert Sie das? Sie hat doch mit dem Einbruch gar nichts zu tun«, antwortete der Grauhaarige, der plötzlich doch Nerven zeigte.
    »Sie haben sich also getrennt?«
    »Das geht Sie gar nichts an. Das ist meine Privatsache«, wehrte sich Cassens energisch und wandte sich wieder Häring zu.
    »Gut, lassen wir das Thema«, gab Greven nach. »Sagen Sie mir lieber, ob Sie in Ihrem medizinischen Angebot auch Objekte zur Abwehr von Erdstrahlen haben.«
    Häring reagierte auf diese Frage mit dem Gesicht eines Schulkindes, das der wiederholten Erklärung eines Mathelehrers trotz großer Konzentration nicht folgen kann.
    »Selbstverständlich«, antwortete Cassens, nun wieder äußerst wohlwollend, und sprang fast aus dem Sofa, um das riesige Wohnzimmer für einen kurzen Augenblick zu verlassen. Als er zurückkehrte, hielt er einen sonderbar geformten Stern aus Messing in Händen: »Der Stern des Erasistratos. Eine bessere Abschirmung gegen Erdstrahlen werden Sie kaum finden.«
    »Dann lehnen Sie also Ringe oder Pyramiden ab?«, fragte Greven.
    »Das kann man so nicht sagen«, antwortete Cassens, »denn auch sie haben sich durchaus bewährt. Ich hatte die Pyramiden auch jahrelang im Angebot. Auf den Stern wurde ich auf einer Esoterikmesse in Köln aufmerksam. Die Form des Sterns basiert übrigens auf der in der Antike

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