Knochenbrecher (German Edition)
entwickelten Humoralpathologie oder Viersäftelehre, die wiederum mit der Vorstellung der vier Elemente korrespondiert. Daher auch die vier Zacken. Erfunden hat den Stern, soweit man weiß, Erasistratos, ein griechischer Arzt, der um 280 vor Christus gelebt hat. Die Mediziner der Antike haben ohnehin viel mehr gewusst, als wir ihnen heute zutrauen. In allen Bereichen akzeptieren wir ihr Wissen, in der Astronomie, in der Mathematik, in der Philosophie. Nur in der Medizin gelten sie als völlig überholt. Dieser Stern ist ein Beweis dafür, wie falsch dieses Urteil ist. Meine Patienten und auch ich selbst haben nur beste Erfahrungen mit ihm gemacht.«
17
»Ich konnte zwar keine typischen Abdrücke einer Kuhfußklaue entdecken, doch das beweist noch lange nicht, dass kein Einbruchsversuch stattgefunden hat«, erklärte Hansen am Telefon mit Nachdruck. »Mahagoni ist ein sehr hartes Holz. Außerdem muss man die Brechstange richtig ansetzen. Geschieht dies nicht, verursacht man nur Kratzer. Falls die von Cassens angegebene Länge stimmt, könnte es sich um ein so genanntes Halligan-Tool gehandelt haben. Diese Art Brechstange gibt es nämlich in einer Fünfhundert-Millimeter-Ausführung. Seine Aussage könnte also durchaus stimmen.«
»Gut, hast du sonst noch etwas gefunden?«, fragte Greven ernüchtert.
»Der Rasen schließt sich unmittelbar an die Terrasse an. Er ist so dicht, dass wir dort keine Abdrücke sichern konnten. Rund ums Haus war auch nichts zu finden, tut mir leid.«
»Danke«, sagte Greven und legte auf.
»Ich glaub ihm trotzdem nicht«, meinte Häring, der mitgehört hatte. »Der Einbruch ist eine Luftnummer.«
»Aber beweisen können wir es nicht«, ärgerte sich Greven. »Wo bleibt denn Acki mit den Zeitungen?«
»Meinst du wirklich, Cassens hat die Medien mobilisiert?«
»Ich bin mir sicher«, murrte Greven, der an diesem Morgen erneut mit der Wirklichkeit zu kämpfen hatte. »Ich irre mich gelegentlich, wie du weißt, aber diesmal bin ich mir sicher. Und mein Knie auch. Das ist weiter nichts als eine riskante, aber geschickte PR-Aktion eines Trittbrettfahrers. Ich brauch noch einen Kaffee. Aber einen mit Koffein.«
»Das ist die Sorte, die wir immer haben«, meinte Häring seinen Einkauf rechtfertigen zu müssen. »Ich kann ja bei der nächsten Kanne einen Löffel drauflegen.«
Greven hatte den Becher fast geleert und fühlte sich endlich auf dem richtigen Weg, als Ackermann ins Büro platzte und einen Stapel regionaler Blätter vor Greven auf den Schreibtisch klatschen ließ, der sofort auseinandergerissen wurde.
»Da haben wir es schon«, sagte Greven kopfschüttelnd. »Auf der Titelseite: Killer schlug wieder zu. Heilpraktiker konnte dem Attentäter in letzter Sekunde entkommen. So ein Quatsch!«
»Das hier ist auch nicht besser«, meinte Häring. » Dritter Anschlag auf Knochenbrecher. Unbekannter jagt sanfte Mediziner. «
» Serienkiller noch immer auf freiem Fuß. Wer ist der Nächste? «, las Ackermann vor.
»Du hattest recht«, sagte Häring. »Dieser geballte Medienauftritt ist kein Zufall. Cassens muss unmittelbar nach unserem Abzug die Redaktionen aus ihrem Mittagsschlaf gerissen haben.«
»Seht euch die Fotos an«, fuhr Greven fort. »Klar, der Mann ist kein Dummkopf und sehr eloquent. Der hat sie alle antreten lassen und ist ab sofort ausgebucht.«
»Kein Wunder«, meinte Ackermann, »so wie seine Fähigkeiten in den Himmel gelobt werden. Wenn man dem Norder Anzeiger glaubt, heilt der fast alles. Der wird sich vor Patienten kaum retten können.«
»Das war ja auch der Sinn der Aktion«, sagte Greven und legte seine Zeitung zur Seite.
»Was wohl der Täter davon hält?«, fügte Ackermann hinzu.
»Das kommt ganz auf das Motiv an«, griff Greven den Gedanken auf. »Eigentlich müsste Cassens’ Aktion dem Täter bestens in den Kram passen, denn sie lenkt von ihm ab. Aus unserem spezifischen Täter wird ein großer Unbekannter, der überall zuschlagen kann und es auf jeden abgesehen hat, der jenseits der approbierten Medizin Trost spendet.«
»Dann wollen wir hoffen, dass Cassens keine Nachahmer findet«, meinte Häring, »vor allem keine, die bessere Vorstellungen abliefern.«
»Mal den Teufel nicht an die Wand«, stöhnte Greven. »Der Staub, den das aufwirbeln würde, ist das Letzte, was wir gebrauchen können.«
»Und das heißt für uns?«, fragte Ackermann.
»Plan B!«, antwortete Greven lustlos.
»Plan B?«
»Ja, der uralte und schon oft
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