Knochenbrecher (German Edition)
Doppelmörderin? Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Hier, soll ich dir mal eine andere Anzeige vorlesen? Ich wette, dir fällt dazu auch eine passende Geschichte ein. Wie wäre es denn mit Hartmut Meyer, verstorben am 3. März nach langer, schwerer Krankheit? Oder mit Gerda Siebrands? Ein Autounfall mit Fahrerflucht.«
»Den Täter haben sie bis heute nicht«, erklärte Frau Janssen, »denn das Auto war gestohlen.«
»Na bitte, das wäre doch ein Ansatz. Oder hier, Klara Jakobsen aus Pewsum.«
»Die ist beim Fensterstreichen von der Leiter gefallen«, fügte Frau Janssen hinzu. »Eine schlimme Sache, denn ihr Mann ist erst abends von der Arbeit gekommen und hat sie viel zu spät hinterm Haus gefunden. Die Ärzte konnten nichts mehr für sie tun.«
Mona blätterte weiter in dem Album, während Greven laut nachdachte: »Es wird allerdings sehr schwer werden, ihr das zu beweisen. Lass uns mal zur Tjalk gehen, Mona. Vielleicht finden wir an Bord irgendwelche Spuren. Nimm die Mappe mit, damit die anderen auch eine Chance bekommen. Und Sie, liebe Frau Janssen, behalten alles, was ich gerade gesagt habe, bitte für sich. Denn falls ich mich irre, wird eine üble Nachrede daraus. Ach ja, nochmals danke für Ihren großartigen Service.«
Ein Lächeln huschte über das Gesicht der alten Frau mit der Pergamenthaut: »Das habe ich gerne getan. Und keine Bange, von mir erfährt niemand etwas. Ich bin aber schon gespannt, was in den nächsten Tagen in der Zeitung steht.«
Greven und Mona gingen an der Kirche vorbei zum Hafen. Trotz des schönen Wetters kamen ihnen nur wenige Menschen entgegen. Bis zum Alten Siel waren es nur ein paar hundert Meter.
»Du willst doch wohl nicht einfach so an Bord gehen?«, fragte Mona, kurz bevor sie die Sielmauer erreichten.
»Warum nicht? Ich gebe mich einfach als Plattbodenschiffsliebhaber aus. Ich hatte sowieso nicht vor, mit der Tür ins Haus zu fallen. Ich will nur mal die Lage sondieren. Wahrscheinlich ist sie gar nicht an Bord. Es ist Freitagvormittag.«
»Aber es ist Flut.«
»Du hast doch gehört, dass sie so gut wie nie ausläuft.«
Ein Blick über die Sielmauer gab Mona recht. Die Tjalk lag nicht im Hafen. Ihr Liegeplatz war leer. Weiter hinten hatte ein dänischer Zweimaster festgemacht. Greven ging in den Hafen, um zu sehen, ob die Tjalk vielleicht hinter dem Dänen lag. Doch auch dieser Liegeplatz war verwaist.
»Pech gehabt«, schimpfte Greven.
»Glück gehabt«, widersprach Mona, »denn nun kannst du dir deine Theorie noch mal in aller Ruhe überlegen.«
»Gut«, lenkte Greven ein, »wahrscheinlich ist es besser so. Obwohl, warte mal, wir haben ja …« Greven zog sein Handy aus der Tasche und ließ es Härings Nummer wählen. »Gerd hier. Sei so gut und sieh mal in Almuth Bogenas Patientendatei nach, ob du einen Friedjof Suhrmann aus Aurich findest. Bis gleich.«
Nachdem er die Taste gedrückt hatte, wandte er sich wieder Mona zu: »Was hat Aline über Rita Suhrmann erzählt?«
»Dass sie sie vor gut zehn Jahren auf irgendeiner Party kennen gelernt hat und seitdem mit ihr befreundet ist.«
»Hat sie auch ihren Mann gekannt?«
»Natürlich. Ein echter Workaholic. Hat von morgens bis abends in seinem kleinen Betrieb geschuftet. Viel mehr weiß ich auch nicht. Nur, dass sie der Tod ihres Mannes sehr mitgenommen hat. Den Betrieb hat sie nicht halten können.«
»Aber die Tjalk«, raunte Greven. »Ausgerechnet die hat sie behalten. In dem Zustand ist die einiges wert.«
»Weil ihr Mann die restauriert hat. Als Erinnerung. Wenn du das nicht verstehst …?«
Grevens Handy klingelte. »Ja, Peter …? Am 27. August. Also einen Tag vor seinem Tod. Danke, das reicht. Lass alles stehen und liegen und kümmere dich um Frau Suhrmann. Ja, in Aurich. Nein, kein Besuch. Aber sonst das ganze Programm. Bis dann. Tschüss!«
»Er war also bei Almuth Bogena?«, wollte Mona bestätigt wissen.
»War er. Und er hat seiner Frau nichts davon erzählt. Ob er auch noch bei Tante Hedda war, wird kaum zu ermitteln sein«, sagte Greven, während sich Monas Gesicht langsam veränderte. Auf der Stirn, dicht über den Augenbrauen, bildeten sich zwei Falten. Sie senkte kurz ihren Kopf, um gleich darauf Greven anzusehen.
»Ich muss Aline anrufen!«
»Halt, Mona, noch ist das nur eine Vermutung!«
»Aber wenn sie zutrifft? Wenn ihre Freundin wirklich eine Mörderin ist?«
»Dann ist besser, wenn Aline es nicht weiß. Und dafür gibt es gleich mehrere Gründe, die ich dir
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