Knochenbrecher (German Edition)
sagte er in den Raum hinein, »davon bin ich überzeugt. Die Lösung liegt vor uns, nur wir sehen sie noch nicht.«
»Alles in Ordnung?«, fragte Häring, der Greven im Augenwinkel behalten hatte. »Du siehst gar nicht gut aus. Ist dir schlecht?«
»Schon okay«, antwortete Greven. »Ihr kennt das ja, wenn manchmal der Boden ein bisschen nachgibt. Nicht weiter tragisch.«
»Nimm dir den Nachmittag frei«, schlug Häring vor. »Du musst sowieso mal Überstunden abbauen. Der Laden läuft auch ohne dich, alles ist organisiert. Ich ruf dich an, falls sich was tut.«
Greven warf Jaspers einen fragenden Blick zu, den der mit einem Nicken beantwortete.
»Bon, ihr habt wahrscheinlich recht. War wirklich ein bisschen viel in den letzten Wochen. Ich habe Mona kaum gesehen, nicht mal an den Wochenenden. Ein freier Nachmittag ist da schon mal drin. Also, wir sehen uns morgen früh.«
»Wolltest du nicht nach Greetsiel zu deiner Oma Janssen?«, bremste ihn Häring.
»Hätte ich fast vergessen. Dann sehen wir uns morgen Mittag«, sagte Greven, zog seine Jacke an, hob kurz seine Hand und verschwand lautlos durch die Tür. Die Blicke seiner Kollegen folgten ihm, um sich anschließend zu begegnen. Jaspers zuckte mit den Achseln, Häring hob kurz seine Augenbrauen.
25
»Und du willst tatsächlich mitkommen?«, fragte Greven.
»Meine Vorbereitungen für die Ausstellung sind abgeschlossen, ich habe Zeit«, antwortete Mona.
Greven hatte gut geschlafen und den Abgrund völlig aus den Augen verloren. Seinen gestrigen Blick in die Tiefe führte er auf die schwache Tagesform und die noch immer fehlende heiße Spur zurück, auf die sie schon noch stoßen würden. Der Zweifel war wie weggeblasen. Wahrscheinlich von dem warmen Westwind, der für einen blauen Himmel und somit für einen sonnigen Herbsttag sorgte.
»Wenn das nicht allzu lange dauert, können wir noch ein bisschen in Greetsiel bummeln«, schlug Mona vor, während sie ihre Jacke anzog. »Außerdem hat Gisbert eine Ausstellung in der Mühle. Zur Vernissage haben wir es ja nicht geschafft.«
»Das machen wir auch«, stimmte Greven ihr zu. »Morgen ist sowieso Wochenende, und auf das werden wir uns schon mal einstimmen. Die Jungs machen das schon. Ich liefere Oma Janssens Recherchen im Büro ab und verabschiede mich dann«, freute sich Greven. »Passt ein Mittagessen im Witthus in deinen Diätplan?«
»Wenn du dir schon das Wochenende frei nimmst, sollten wir nicht Kalorien zählen.«
»Also los! Ich fahre!«
Den Wagen parkten sie unmittelbar hinter dem Haus der alten Dame, die ihnen freudig die Tür öffnete.
»Der Herr Kommissar. Kommen Sie doch bitte herein. Und eine Kollegin haben Sie auch mitgebracht.«
»Das ist meine … Frau«, erklärte Greven. »Sie ist Malerin.«
»Ich wusste gar nicht, dass Sie verheiratet sind. Da gratuliere ich Ihnen aber. Heute ist es ja ganz normal, dass auch Frauen als Handwerker arbeiten. Die Tochter von Etens nebenan arbeitet in Emden bei einem Schlosser.«
Mona sah Greven mit einem energischen Blick an, doch Greven schüttelte nur kurz den Kopf. Die alte Frau ging voraus ins Wohnzimmer. Auf dem Tisch lagen mehrere ihrer Alben und ein Schnellhefter mit Fotokopien.
»Das ist für Sie. Mehr habe ich nicht finden können. Ach ja, die Toten und Kranken aus Marienhafe und Emden sind auch dabei. Auf der letzten Seite habe ich sie aufgeschrieben. Fotokopieren konnte ich die ja nicht.«
»Vielen Dank, Frau Janssen, dass Sie sich diese Mühe gemacht haben. Was bin ich Ihnen schuldig?«, fragte Greven.
»Meine Dienste kosten nichts«, wehrte sich Frau Janssen, »aber für eine kleine Spende zur Aufbesserung meiner Rente wäre ich sehr dankbar.«
Während Greven einen Schein in das von Frau Janssen gereichte Sparschwein steckte, blätterte Mona in den Alben.
»Eine unglaubliche Mühe.«
»Dafür ist sie nun mal bekannt«, kommentierte Greven. »Und darum sind wir ja hier.«
»Wenn meine Galeristen immer so sauber arbeiten würden … Stattdessen schicken die einem einen Haufen zerknülltes Papier zu und nennen es gesammelte Kritiken. Und die Hälfte fehlt.«
»Meine Chronik ist immer vollständig. Seit 1977. Aber ich habe auch einige ältere Artikel und Anzeigen.«
»Unglaublich«, wiederholte Mona. »Hier ist auch die Todesanzeige von Friedjof Suhrmann.«
»Friedjof Suhrmann?«, fragte Greven ohne besonderes Interesse.
»Der Mann von Alines bester Freundin, der vor einem Jahr an einem Schlaganfall gestorben
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