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Knochenbruch

Knochenbruch

Titel: Knochenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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wenn man bedachte, was er da las, war das durchaus bemerkenswert.
    Die vertrauten Worte spulten sich vor meinem inneren Auge ab: »… Der Lehrling wird seinem Herrn treu, eifrig und ehrlich dienen und all seinen gesetzmäßigen Befehlen gehorchen und Folge leisten … und wird sich nicht aus dem Dienst seines Herrn entfernen oder irgendwelche Geheimnisse preisgeben, die das Geschäft seines Herrn betreffen … und wird seinem Herrn alle Geldbeträge und alle anderen Dinge ausliefern, die er für geleistete Arbeit erhält … und wird sich in allen Dingen und Angelegenheiten, welche das auch sein mögen, so benehmen und verhalten, wie man es von einem aufrichtigen und treuen Lehrling erwarten kann …«
    Er legte das Formular auf den Schreibtisch und sah mich an.
    »Das kann ich nicht unterschreiben.«
    »Ihr Vater wird es ebenfalls unterschreiben müssen«, stellte ich fest.
    »Das wird er nicht.«
    »Dann wäre die Sache also erledigt«, sagte ich und lehnte mich entspannt auf meinem Stuhl zurück.
    Er warf noch einen Blick auf das Formular. »Die Anwälte meines Vaters werden eine andere Übereinkunft aufsetzen«, sagte er.
    Ich zuckte mit den Schultern. »Ohne einen als solchen erkennbaren Lehrvertrag werden Sie keine Lehrlingslizenz bekommen. Dieser Vordruck hier basiert auf dem Lehrvertrag, der seit dem Mittelalter allen Gewerben gemeinsam ist. Wenn Sie seinen Sinn verändern, wird er nicht mehr den Erfordernissen für eine Lizenz genügen.«
    Nach einer angespannten Pause sagte er: »Dieser Teil, in dem es um die Aushändigung aller Geldbeträge an den Lehrherrn geht … heißt das, ich müßte Ihnen alles Geld geben, was ich bei den Rennen vielleicht verdiene?« Er klang ungläubig, was mich nicht erstaunte.
    »Das heißt es«, stimmte ich ihm zu, »aber heutzutage ist es üblich, daß der Lehrherr dem Lehrling die Hälfte der Renngewinne zurückgibt. Außerdem gibt er ihm natürlich ein wöchentliches Taschengeld.«
    »Wenn ich das Derby auf Archangel gewinne, würden Sie die Hälfte bekommen. Die Hälfte des Reitgeldes und die Hälfte des Ehrenpreises?«
    »So ist es.«
    »Das ist eine Unverschämtheit!«
    »Sie müssen das Rennen erst einmal gewinnen, bevor Sie anfangen können, sich darüber Gedanken zu machen«, sagte ich respektlos und sah seine Arroganz aufflackern wie ein Leuchtfeuer.
    »Wenn das Pferd gut genug ist, werde ich gewinnen.«
    Du machst dir was vor, Bürschchen, dachte ich; und gab ihm keine Antwort.
    Er stand abrupt auf, griff nach dem Formular und marschierte ohne ein weiteres Wort hinaus aus dem Büro, hinaus aus dem Haus, hinaus aus dem Hof und hinein in seinen Wagen. Der Mercedes schnurrte mit ihm die Einfahrt hinunter, und ich blieb zurückgelehnt auf Margarets Stuhl sitzen, hoffte, ihn nie wiederzusehen, zuckte angesichts der Heftigkeit meiner beharrlichen Kopfschmerzen zusammen und fragte mich, ob ein dreifacher Brandy meine Gesundheit wohl augenblicklich wiederherstellen würde.
    Ich versuchte es.
    Es funktionierte nicht.
     
    Am nächsten Morgen war nichts von ihm zu sehen, und der Tag war in jeder Hinsicht besser. Das Knie des Zweijährigen, der den Tritt abbekommen hatte, war wie ein Fußball angeschwollen, aber er trat gut auf, und Lucky Lindsays Schnittwunde war genauso oberflächlich, wie Etty gehofft hatte. Der ältliche Fahrradfahrer hatte am Vorabend meine Entschuldigung und zehn Pfund für seine blauen Flecken angenommen und mir den Eindruck vermittelt, daß wir ihn für eine ähnliche Aufbesserung seines Einkommens jederzeit wieder vom Rad werden durften. Archangel absolvierte auf der Sidehill-Bahn einen halbschnellen Zwölfhundert-Meter-Galopp, und bei mir hatte eine Nacht Schlaf schon einige Falten ausgebügelt. Aber Alessandro Rivera kehrte zurück.
    Er rollte in dem chauffeurgesteuerten Mercedes die Einfahrt herauf, gerade als Etty und ich die letzten drei Boxen der Abendstallzeit hinter uns hatten, und sein Timing war so genau, daß ich mich fragte, ob er auf der Bury Road gewartet und uns beobachtet hatte.
    Mit einer ruckartigen Kopfbewegung wies ich auf das Büro, und er folgte mir hinein. Ich stellte das Heizgerät an und nahm Platz wie am Abend zuvor; er tat dasselbe.
    Aus seiner Innentasche holte er den Lehrlingsvertrag hervor und schob ihn mir über den Schreibtisch zu. Ich nahm ihn, faltete ihn auf und blätterte um.
    Es gab keine Veränderungen. Es war der Vertrag in genau der Form, wie er ihn mitgenommen hatte. Es gab jedoch vier Zusätze: Die

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