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Knochenerbe

Knochenerbe

Titel: Knochenerbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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waren, als ich durch die Küche in den Garten ging.
    „Madeleine?“, fragte ich überrascht.
    Das Tier stieß einen ungehaltenen Laut aus und ließ sich auf die oberste Treppenstufe fallen. Ohne nachzudenken öffnete ich die Tür. Madeleine schoss wie ein Blitz in die Küche.
    „Dass eine so fette Katze sich so schnell bewegen kann!“, kommentierte ich bewundernd.
    Madeleine hörte mir höchstwahrscheinlich gar nicht zu, war sie doch viel zu sehr damit beschäftigt, mit hoch erhobenem Schwanz durch ihr Haus zu stolzieren, überall zu schnuppern und sich an den Türrahmen zu reiben.
    Zu sagen, dass ich genervt war, wäre die Untertreibung des Jahres gewesen. Die Katze gehörte Parnell und Leah. Jane hatte gewusst, dass ich mir nichts, aber auch gar nichts aus Haustieren machte. Meine Mutter hatte mir nie erlaubt, eins zu halten, woraufhin mir im Laufe der Jahre ihre Überzeugungen in Bezug auf die mit der Haltung von Tieren einhergehenden Hygieneprobleme und anderen Unbequemlichkeiten in Fleisch und Blut übergegangen waren. Jetzt musste ich Parnell anrufen, noch einmal mit ihm reden, die Katze zu ihm schaffen oder ihn dazu bewegen, sie abzuholen. Wahrscheinlich kratzte sie mich, wenn ich versuchte, sie in meinen Wagen zu verfrachten. Als wäre mein Leben nicht schon schwierig genug gewesen. Verzweifelt sank ich auf einen der Küchenstühle und barg das Gesicht in den Händen.
    Derweil hatte Madeleine ihre Tour durchs Haus beendet und setzte sich vor mich, die Vorderpfoten fein säuberlich mit der Schwanzspitze bedeckt. Erwartungsvoll sah sie zu mir auf, die Augen rund und golden, der Blick von einer gewissen Sturheit, die mich an Arthur erinnerte. „Ich bin fies und zäh“, sagte dieser Blick. „Leg dich nicht mit mir an.“ Ich musste lachen: So viel Machismo bei einer Katze? Hut ab! Woraufhin sie sich duckte und ihren fetten Leib mit einem einzigen anmutigen Satz auf den Tisch beförderte, an dem Jane gegessen hatte. Ich war entsetzt.
    Vom Tisch aus konnte mich die Katze viel besser fixieren. Langsam hatte sie genug von meiner Dummheit und bohrte mir herausfordernd den goldenen Kopf in die Hand. Zaghaft streichelte ich sie, aber das schien nicht ganz das Richtige zu sein: Sie wartete immer noch. Wie hatte es ausgesehen, wenn Jane sich mit Madeleine beschäftigte? Hatte sie das Tier nicht hinter den Ohren gekrault? Ich versuchte es damit, woraufhin tief in Madeleines Inneren ein sonores Rumpeln einsetzte und die Katzenaugen sich verzückt halb schlossen. Von der Reaktion ermutigt kraulte ich weiter und wechselte nach einer Weile zu der Stelle unter ihrem Kinn, an die ich mich auch noch zu erinnern meinte. Auch das schien populär zu sein.
    Als ich keine Lust mehr hatte, hörte ich auf. Madeleine reckte sich, gähnte und sprang träge vom Tisch, um zu einem der Schränke zu spazieren, wobei sie mir über die Schulter einen bedeutungsvollen Blick zuwarf. Aber es dauerte Minuten, bis ich begriffen hatte, worauf sie hinauswollte. Immerhin war ich in Katzenfragen, wie gesagt, untrainiert. Von Madeleine in hohen Soprantönen angespornt durchsuchte ich die unteren Schrankelemente, in denen ich allerdings nur die Töpfe und Pfannen entdeckte, die ich am Vortag wieder eingeräumt hatte. Madeleine beobachtete mich kritisch: Offenbar fand sie mich keine gelehrige Schülerin. Endlich entdeckte ich in den Schränken oberhalb der Arbeitsfläche ein paar Dosen Katzenfutter. „Hast du danach gesucht?“, fragte ich munter. Madeleine stimmte mir laut schnurrend zu und fing an, aufgeregt auf und ab zu tigern, die Augen unverwandt auf die schwarzgrüne Dose gerichtet. Gut, dann also Futter. Ich fand den elektrischen Dosenöffner, stöpselte ihn ein, öffnete die Dose und stellte sie mit großer Geste vor Madeleine auf den Boden. Nach einer konsternierten Pause – offenbar war sie es nicht gewohnt, aus der Dose zu fressen – machte sich das Tier über das Futter her. Weiteres Suchen förderte einen Plastiknapf zutage, den ich mit Wasser füllte und neben die Dose stellte. Auch das schien Madeleines Beifall zu finden.
    Ich ging zum Telefon, um Parnell anzurufen. Aber natürlich war das Telefon noch nicht wieder angeschlossen. Auch eine Sache, die ich dringend regeln musste. Ich sah Madeleine an, die sich mit äußerster Konzentration putzte. „Was soll ich jetzt mit dir machen?“, fragte ich sie, erhielt aber keine Antwort. Ich beschloss, die Katze über Nacht bleiben zu lassen und Parnell von daheim aus anzurufen. Er konnte

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