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Knochenerbe

Knochenerbe

Titel: Knochenerbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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passten. Was war Jane sonst gewesen? Auf konventionelle Weise moralisch und verlässlich, und sie hatte einen ungeahnt heimtückischen Sinn für Humor gehabt.
    Wo immer Jane nun sein mochte: Ich wäre jede Wette eingegangen, dass sie genau jetzt auf mich heruntersah und lachte. Über mich, wie ich in ihrem Haus saß, mit ihrem Geld, ihrer Katze und ihrem Schädel.
     

     
    Eigentlich sprach nichts dagegen zu beenden, was ich angefangen hatte. Also sortierte ich noch eine Weile Papiere, ehe ich aufstand, um mich zu strecken. Zu meiner Überraschung musste ich feststellen, dass es inzwischen regnete. Der Regen wurde dichter, erste Donnerschläge waren zu hören, während ich auf der Fensterbank saß und durch die Lamellen der Jalousie nach draußen schaute. Im weißen Häuschen mit den gelben Fensterläden auf der anderen Straßenseite gingen die Lichter an, und ich konnte durch das große, nach vorn hinausgehende Fenster zusehen, wie Lynn bedächtig und unbeholfen Kisten auspackte. Wie es sich wohl anfühlte, ein Kind zu erwarten? Würde ich dieses Gefühl je kennenlernen? Für Arthur empfand ich nichts mehr, wobei ich beim besten Willen nicht hätte angeben können, seit wann und warum. Der Schmerz schien einfach versickert zu sein. Ich war es müde, über Quittungen zu brüten, die zu einem anderen Leben gehörten. Also dachte ich über mein eigenes Leben nach. Ich lebte allein, was ab und zu durchaus Spaß machte. Aber ich wollte nicht immer so leben. Ich dachte an Robin, der die Stadt verlassen hatte, als meine Romanze mit Arthur richtig zu lodern begann. Ich dachte an Aubrey. Ich hatte es so satt, mit meinen bizarren Problemen allein dazuhocken. Ich hatte es so satt, allein zu sein.
    Streng befahl ich meinen Gedanken einen schnellen Richtungswechsel. Schließlich durfte ich in meinem Haus sitzen und zusehen, wie draußen der Regen fiel. Wenn ich nicht wollte, brauchte ich nirgendwo hinzugehen – das hatte etwas unleugbar Angenehmes. Noch dazu saß ich in einem entzückenden Zimmer, umgeben von Büchern zu Themen, die mich interessierten. „Komm schon“, fragte ich mich, „was möchtest du gern tun?“ Heulen … Das kam natürlich nicht in Frage. Da suchte ich lieber Janes Putztücher und schrubbte das Bad. So richtig gehörte einem ein Haus doch erst, wenn man es saubergemacht hatte, und an diesem Nachmittag wurde Janes Haus, und sei es auch noch so vorübergehend, zu meinem. Ich putzte und sortierte, warf weg und inventarisierte. Ich öffnete eine Dose Suppe und wärmte sie mir in meiner Kasserolle, auf meinem Herd. Ich aß sie mit meinem Löffel. Als Madeleine mich in der Küche rumoren hörte, kam sie und sprang auf den Tisch, um mir beim Essen zuzusehen. Diesmal erschütterte es mich nicht, dass sie bei mir auf dem Esstisch hockte. Im Gegenteil: Während ich aß, richtete ich immer wieder mal über das Buch hinweg, das ich mir aus Janes Sammlung mit an den Tisch gebracht hatte, eine Bemerkung an die Katze.
    Da es immer noch regnete, als ich Topf, Löffel und Teller abgewaschen hatte, setzte ich mich in Janes Wohnzimmer, sah dem Regen zu und überlegte, was ich als Nächstes tun sollte. Nicht lange, und die Katze hievte sich auf meinen Schoß. Sie nahm sich ganz schön viele Freiheiten heraus – so ganz wusste ich nicht, was ich davon halten sollte. Aber ich beschloss, uns eine Chance zu geben. Vorsichtig strich ich über das weiche Fell und durfte dafür ihr tiefes Brummen hören. Ich brauchte jemanden, der Lawrenceton in- und auswendig kannte. Ich musste mich mit jemandem unterhalten, der etwas über Careys verschollenen Ehemann und auch über den Mieter der Rideouts wusste. Bisher war ich davon ausgegangen, dass der Schädel jemandem gehört hatte, der in der Nähe gewohnt hatte. Vielleicht sollte ich diese These aber doch lieber noch einmal in Frage stellen.
    Wie war ich eigentlich auf die Idee gekommen, der Schädel gehöre zu jemandem hier aus der Gegend? Gut – Jane war bestimmt nicht in der Lage gewesen, eine Leiche über eine große Entfernung hinweg zu transportieren, dazu war sie meiner Meinung nach einfach nicht stark genug gewesen. Wenn ich allerdings an das Loch im Schädel dachte, wurde mir übel. Sie war stark genug gewesen, jemandem dieses Loch in den Schädel zu schlagen. Hatte sie danach das Haupt eigenhändig vom Körper abgetrennt? Wieder eine Sache, die ich mir beim besten Willen nicht vorzustellen vermochte. Sicher, in Janes Regalen drängten sich, genau wie bei mir daheim, die

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