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Knochenerbe

Knochenerbe

Titel: Knochenerbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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können wir essen. Habe ich Butter auf den Tisch gestellt?“
    Ich warf einen Blick auf den Tisch, der ein paar Meter vom Herd entfernt stand. Gottseidank – Sally war beim Kochen bestimmt ganz schön ins Schwitzen geraten.
    „Die ist hier“, versicherte ich ihr.
    „Gut, es kann losgehen. Schmorbraten, Brötchen, Ofenkartoffeln, ein Salat und als Nachtisch …“ Mit großer Geste hob Sally den Deckel der Kuchenplatte: „Red Velvet Cake!“
    „Sally, du bist ein Genie. Red Velvet Cake habe ich seit zehn Jahren nicht mehr gegessen.“
    „Das Rezept stammt von meiner Mutter.“
    „Das sind die besten. Was du alles kannst!“ Letzteres war eins der genialen Südstaatenkomplimente, die so gut wie alles bedeuten konnten, in meinem Fall aber von Herzen kam. Ich gehörte nicht zu den Leuten, die für sich allein eine vollständige Mahlzeit zubereiteten. Jedenfalls nicht oft. Ich wusste, dass man auch als Alleinstehende anständig kochen, den Tisch decken und generell so tun sollte, als sei man eben nicht allein, sondern hätte Besuch, aber wie viele Alleinstehende taten das denn wirklich? Mir ging es da wie Sally: Wenn ich mir die Mühe machte, eine vollständige Mahlzeit zuzubereiten, dann wollte ich, dass jemand sie mit mir gemeinsam genoss.
    „Also?“ Gespannt sah Sally mich an. „Was höre ich da von dir und dem Priester?“
    Das Verhör sollte also gleich losgehen. „Das kannst du nicht tun, Sally“, tadelte ich sanft. „Du musst schon warten, bis ich gegessen habe.“ Wusste ich denn, ob der Braten die Sache wert war?
    „Was?“
    „Mit mir und dem Kirchenmann, das ist noch nichts. Ich war mit Aubrey im Kino, ein einziges Mal. Wir haben uns gut amüsiert, und er hat mich gebeten, doch heute zum Gottesdienst in seine Kirche zu kommen. Was ich getan habe.“
    „Ach, und wie war die Predigt?“
    „Gut! Verstand hat der Mann, daran kann kein Zweifel bestehen.“
    „Magst du ihn?“
    „Ja, aber mehr lässt sich wirklich nicht sagen. Was ist mit dir? Gibt es momentan jemanden in deinem Leben?“
    Sally bekam nicht oft selbst Fragen gestellt, war sie doch meist viel zu sehr damit beschäftigt, andere zu befragen. Es schien sie aber zu freuen.
    „Nun, wenn du so fragst, es gibt jemanden.“
    „Erzähl!“
    „Das mag sich jetzt komisch anhören: Ich gehe mit Paul Allison aus.“
    „Mit dem Bruder deines Mannes?“
    „Genau, mit eben diesem Paul Allison.“ Sally schüttelte den Kopf, als könne sie es selbst nicht glauben.
    „Du überraschst mich.“ Paul Allison war Kriminalbeamter, wie Arthur, nur etwa zehn Jahre älter als mein Ex. Wenn ich es richtig in Erinnerung hatte, konnten ihn weder Arthur noch Lynn besonders gut leiden. Paul war ein Einzelgänger, ein Mann, der nie geheiratet hatte und sich nicht mit Schwung ins Kameradschaftsleben innerhalb der Polizeibehörde stürzte. Er hatte spärliches braunes Haar, breite Schultern, scharfblickende blaue Augen und einen kleinen Bauchansatz. Als ich noch mit Arthur zusammen gewesen war, hatte ich ihn relativ häufig auf Partys getroffen, aber nie in Begleitung Sallys.
    „Wie lange geht das denn schon?“, fragte ich.
    „Etwa fünf Monate. Wir waren zusammen auf Arthurs und Lynns Hochzeit. Ich wollte dich ansprechen, aber du warst nach der Trauung so schnell verschwunden, dass ich dazu keine Gelegenheit hatte. Auf dem Fest habe ich dich dann gar nicht entdeckt, kann das sein?“
    „Ich hatte Kopfschmerzen und dachte, ich hätte mir eine Grippe eingefangen. Deswegen bin ich gleich nach der Trauung nach Hause gefahren.“
    „Viel hast du nicht versäumt. Es war eine sonderbare Hochzeitsfeier. Jack Burns hat sich betrunken und wollte einen der Kellner verhaften, weil er sich erinnerte, dass der schon mal wegen eines Drogenvergehens in Polizeigewahrsam gewesen war.“
    Jetzt freute es mich erst recht, dass ich diese Feier verpasst hatte.
    „Wie geht es Perry?“, erkundigte ich mich nach einer kleinen Pause. Ich brachte das Gespräch nur ungern auf Sallys armen, kranken Sohn, aber die Regeln der Höflichkeit verlangten es nun einmal.
    „Danke, dass du fragst“, sagte sie. „Die meisten Leute tun das nicht. Sie wollen nichts von Perry hören, weil er psychisch krank ist, statt Krebs oder sonst was zu haben. Aber ich möchte, dass die Leute nach ihm fragen, und ich gehe ihn jede Woche besuchen. Ich fände es schlimm, wenn die Leute vergäßen, dass er noch lebt. Ehrlich, Roe, die meisten tun so, als wäre Perry gestorben. Dabei sitzt er nur in der

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