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Knochenerbe

Knochenerbe

Titel: Knochenerbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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zu besetzten, und das, obwohl Mutter im Ausland weilte! Grinsend lenkte ich mein Auto auf eben diesen Platz, wobei ich mir fest vornahm, Mutter diese kleine Anekdote nicht vorzuenthalten. Mutter hatte ihren Betrieb Select Realty genannt, Teagarden Homes, fand sie, sei zu groß für ein „Verkauft!“-Schild in einem Vorgarten. Das mit dem Select war natürlich ein plumper Versuch, sich bei den oberen Segmenten des Immobilienmarktes einzuschleimen, was Mutter gelungen zu sein schien. Sie war eine offensive Maklerin, die nie wartete, bis ein Geschäft bei ihr hereinschaute, wenn sie genauso gut losziehen und es aus irgendeinem Gebüsch prügeln konnte. Sie legte großen Wert darauf, dass alle bei ihr beschäftigten Makler ähnlich kämpferisch vorgingen. Wie ein Makler aussah, war ihr egal, solange er die richtige Einstellung, ihre nämlich, mitbrachte. Ein voreingenommener Rivale hatte Select Realty in meinem Beisein einmal als Haifischbecken bezeichnet. Ob Mutter in mir wohl eine begabte Mitarbeiterin gesehen hätte, fragte ich mich, als ich den Weg zu dem alten, von Mutter geschmackvoll für ihre Zwecke umgebauten Wohnhaus hinaufging. Wer bei Select Realty arbeitete, tat das absolut top gestylt, weswegen meine Jeans ziemlich negativ herausstachen. Sich so leger zu kleiden war ein Fehler gewesen. Ich hatte auf keinen Fall wie eine Maklerin aussehen wollen, wirkte dafür nun aber wie ein Hippie, der nicht mitbekommen hat, dass seine Zeit lange vorbei ist.
    Patty Cloud am Empfangstresen trug ein Kleid, für das ich als Bibliothekarin einen Wochenlohn hätte hinblättern müssen – und sie war nur die Empfangsdame!
    „Aurora, wie schön, Sie zu sehen!“, sagte sie mit geübtem Lächeln. Patty war mindestens vier Jahre jünger als ich, wirkte durch das Kostüm und die gekünstelte Lockerheit allerdings viel älter.
    Gerade ging Eileen Norris durch den Empfangsraum, um Patty ein paar Briefe auf den Schreibtisch zu legen, die zur Post sollten. Bei meinem Anblick blieb sie wie angewurzelt stehen.
    „Gott, Kind, du siehst ja aus wie der Kuh aus dem Hintern gezogen!“ Eileen war eine verdächtig schwarzhaarige Frau Mitte vierzig, die sich ausschließlich in den teuersten Geschäften für Damen mit Übergröße einkleidete. Ihr Make-up war alles andere als diskret, aber mit gekonntem Geschick aufgetragen, das Parfüm war nicht zu überriechen, aber attraktiv – Eileen war eine der überwältigendsten Frauen, die mir je über den Weg gelaufen waren. In Lawrenceton galt sie als Unikat und konnte Kunden schneller zum Hauskauf überreden, als man es schaffte, eine Aspirin zu schlucken.
    Ihre Begrüßung schmeckte mir nicht, aber ich hatte nun einmal eine Fehlentscheidung getroffen, die gerade Eileen mir nicht so ohne Weiteres durchgehen lassen würde.
    „Ich komme nur kurz als reitende Botin: Mutter wird ihre Flitterwochen noch ein wenig ausdehnen.“
    „Das freut mich!“, donnerte Eileen. „Das freut mich echt! Die Frau hat schon seit Menschengedenken keinen Urlaub mehr genommen. Ich wette, es geht ihr supergut.“
    „Daran kann kein Zweifel bestehen.“
    „Jetzt sollst du nach den Kinderchen schauen, wo doch die Mama weg ist?“
    Eileen passte es nicht, dass die Tochter ihrer Chefin „nachschauen“ kam – auch daran konnte wohl kein Zweifel bestehen.
    „Ach, ich wollte nur mal nachsehen, ob das Haus noch steht“, sagte ich leichthin. „Aber ich möchte dir auch eine Immobilienfrage stellen.“
    Mackie Knight, ein blutjunger schwarzer Makler, den Mutter erst kürzlich eingestellt hatte, kam in Begleitung eines jungen Paares herein. Wahrscheinlich waren es Kunden, ich erkannte die beiden, sie waren frisch verheiratet: Ihr Bild hatte am selben Tag wie das von meiner Mutter und John in der Zeitung gestanden. Die beiden wirkten wie betäubt und stritten sich erschöpft über zwei Häuser, eins in der Macrae Street, eins in der Littleton. Mackie, der in sicherem Abstand ein paar Schritte vor den beiden ging, verdrehte die Augen, als die kleine Karawane an Eileen und mir vorbeizog.
    „Er macht sich gut“, sagte Eileen geistesabwesend. „Die jüngeren Paare haben nichts gegen einen schwarzen Makler, und die schwarzen Kunden lieben ihn. Nun, du sagtest, du hast eine Immobilienfrage?“
    „Ja. Was bringen Häuser in der Nähe der Junior High derzeit?“
    Patty und Eileen spitzten sichtlich die Ohren. Hier ging es ums Geschäft.
    „Wie viele Schlafzimmer?“
    „Zwei.“
    „Quadratmeter?“
    „Um die

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