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Knochenfinder

Knochenfinder

Titel: Knochenfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Lahmer
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neugierig hinterher, als er rasch im Wald verschwand. Simon würde sich nicht wundern, wenn sie bald abgehetzt und eifrig schnatternd wie zufällig am Absperrband vorbeispazierten.
    Als er den Schotterplatz vor der Grillhütte erreichte, sah er einen Streifenwagen dort stehen, vor dem André Fischer wartete. Er hielt an, und der Kollege ging ihnen entgegen.
    »Moin.« Fischer hob kurz eine Hand zum Gruß und zeigte dann auf den Grill hinter ihm.
    Dort lehnte tatsächlich ein Mountainbike. Simon spürte einen Stich in der Magengrube. Das Rad war schwarz, mit gepolsterten Griffen am Lenker und einem schmalen Ledersattel. Beim Näherkommen sah er, dass das Leder des Sattels dunkel und speckig war. Er dachte unwillkürlich an Nataschas Po und fragte sich, ob er dem Sattel wohl seine Form gegeben hatte. Plötzlich spürte er, wie seine linke Hand zitterte. Die Hand, mit der er den Po umfasst hatte, mit der er beim Küssen unter ihr T-Shirt gegangen war.
    Deutlich sah er den roten Aufkleber: »Ich bremse auch für Tiere«. Mit einem Mal spürte er einen Kloß im Hals, der ihm das Schlucken erschwerte.

Kapitel 49
    Winterberg parkte seinen Wagen vor dem Haus von Familie Staudt. Aus mindestens zwei Häusern wurde er beobachtet, diesmal weniger diskret als bei seinen Besuchen zuvor. Die Befragungen der Nachbarn durch die Kollegen hatten wohl auch dem Letzten klargemacht, dass sich im Hause Staudt eine Tragödie abspielte. Offensichtlich schien es dann auch weniger verwerflich zu sein, am Fenster auf der Lauer zu sitzen.
    Wenn die Befragungen ja wenigstens neue Erkenntnisse gebracht hätten! Aber die neugierigen Nachbarn hatten auch nur das berichten können, was sie ohnehin schon wussten: dass Karin Staudt trank, ihr Mann zu viel arbeitete und sich deshalb niemand richtig um René kümmerte. Und man hatte gesehen, dass der Junge am Freitagmorgen mit Tasche und Rucksack das Haus verlassen hatte.
    Einzig eine alte Nachbarin, die gegenüber wohnte, wusste noch anderes zu erzählen; sie sprach von Männern mit dunkelbraunen Uniformen und Maschinengewehren im Anschlag. Doch diese Männer hatten sich recht schnell als Weltkriegstrauma einer dementen Frau entpuppt.
    Winterberg fragte sich, wie sich wohl die Eltern verändert haben mochten, nachdem die Fassade bürgerlicher Normalität eingestürzt war. Ihnen musste jetzt klar sein, dass die Nachbarn über das Alkoholproblem von Karin Staudt Bescheid wussten und in der Schule darüber geredet wurde; auch die Zeitungen berichteten bereits über René S., den armen, vernachlässigten Schüler.
    Er schellte, doch eine ganze Zeit lang ging niemand an die Tür. Erst als er mehrfach klingelte, erblickte er durch die Milchglasscheibe einen Schatten: Karin Staudt. Sie öffnete ihm, drehte sich um, ohne ihn überhaupt anzusehen, und schlich zurück ins Wohnzimmer. Winterberg schloss die Tür und folgte der Frau.
    Die Unordnung war noch größer als am gestrigen Tag; offensichtlich war hier alles zusammengebrochen. Zu den Weinflaschen unter dem Tisch war eine Wodkaflasche auf dem Sofa hinzugekommen, eine geöffnete Dose Ravioli stand auf dem Boden, in der noch ein Löffel steckte. Die Luft roch verbraucht und sauer, eine glimmende Zigarette im vollen Aschenbecher nebelte den Raum ein.
    Karin Staudt, die sich auf das Sofa gelegt und sich in eine Wolldecke gewickelt hatte, sah ihn desinteressiert an. »Was wollen Sie?«
    Winterberg versuchte, locker zu bleiben. Karin Staudt war käseweiß und zitterte unter der Decke, und wenn sie sich heute noch nicht übergeben hatte, so würde sie es sicher bald tun. Sie hatte offensichtlich einen gewaltigen Kater.
    »Ist Ihr Mann zu sprechen?«, fragte er.
    Sie schnaubte verächtlich. »Nee, der ist ins Büro gefahren. Als ob nichts wäre. Wenn Sie mit ihm sprechen wollen, müssen Sie da schon hinfahren.«
    »Später, Frau Staudt. Jetzt habe ich erst noch ein paar Fragen an Sie. Fühlen Sie sich in der Lage, mit mir zu sprechen? Wenn es Ihnen lieber ist, hole ich vorher gern Ihren Hausarzt oder jemand anderen dazu, dem Sie vertrauen. Vielleicht eine Freundin?«
    Frau Staudt grinste; es sah beinahe frech aus. »Doktor Hartmann? Jaa, der verschreibt mir dann wieder so nette Pillen, die mich ruhigstellen sollen. Tolle Idee, Herr Kommissar. Nee, fragen Sie mich schon.« Sie nahm die Zigarette aus dem Aschenbecher und zog daran. Es sah unbeholfen aus, und sie musste husten. Wahrscheinlich hatte sie vorher noch nie geraucht.
    Die Luft war so verqualmt, dass

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