Knochenfinder
sowieso niemand zufällig entdeckt. Das machte ja das Cachen so interessant.
Aber warum wurden ausgerechnet die Caches der Haubergsreihe als Fingerverstecke benutzt? Es hätte doch jede andere Reihe auch getan, sofern sie aus mindestens fünf Verstecken bestand.
Lag es an der Gegend? War etwas Besonderes an dieser Grillhütte oder diesem Waldstück? Simons Herzschlag beschleunigte sich. Die alte Hütte im Wald! Sie machte diese Stelle zu etwas Besonderem. Und dass Natascha dort gewesen war, schrie geradezu nach einem Zusammenhang.
Simon überlegte noch kurz, ob es möglicherweise auch etwas mit dem Owner zu tun haben könnte; doch diesen Gedanken schob er rasch als nebensächlich beiseite. Die Lösung lag definitiv in der Hütte!
Er lief so schnell über den Kies, dass bei jedem Schritt etliche Steinchen hochflogen. Manche von ihnen prallten gegen die Karosserien der Autos, aber das war Simon in dem Moment egal. Was mussten die Kollegen auch ihre Kisten hier im Weg abstellen! Er rannte auf den schmalen Pfad zu, der zur Hütte führte. Mittlerweile wirkte er breiter, viele der Pflanzen am Rand waren platt gedrückt von den vielen Personen, die seit heute Morgen zur Hütte gegangen waren. Doch kaum war er dem Pfad ein paar Meter gefolgt, klingelte sein Handy.
»Mist!«, fluchte er und nestelte beim Laufen an seinem Gürtel, um den Anruf entgegenzunehmen. »Ja?« Er ging langsamer, um besser hören zu können.
»Hier Lorenz.«
»Was gibt ’s?«
»Hör zu, Steinhaus. Ich hab jetzt herausgefunden, wem diese Hütte im Wald gehört.«
Simon blieb stehen und schaute sich um, als ob der Besitzer gleich winkend zwischen den Büschen hervortreten würde.
»Sie gehört einem Heinrich Münker, aber der ist tot. Starb im letzten Jahr an Darmkrebs. Sein Sohn hat ihn gepflegt. Und jetzt halt dich fest: Der Sohn ist Robert Münker. Das ist der Besitzer dieser Cachereihe mit dem Bonuscache da oben.«
Simon stutzte. »Hat der euch nicht auch die Koordinaten für den falschen Bonuscache gegeben?« In seinem Kopf begann ein Rauschen, das er erst ein einziges Mal zuvor erlebt hatte: an dem Tag, als sein Vater starb und er beschloss, Polizist zu werden.
»Ja.« Lorenz’ Stimme klang leise; sie wurde durch das Rauschen in Simons Kopf gedämpft. »Winterberg weiß schon Bescheid. Er hat grad eine unaufschiebbare Vernehmung, danach kommt er umgehend zu euch.«
Simon nickte langsam. So schnell konnte es manchmal gehen. Da tappte man tagelang im Dunkeln, und ein einziger Hinweis konnte ausreichen, um einem Fall die alles entscheidende Wendung zu geben.
Sie wussten jetzt, wem die Hütte gehörte. Und sie wussten auch, dass Münker eine falsche Fährte gelegt hatte.
Aber sie wussten immer noch nicht, wo Natascha und René waren.
Kapitel 62
Winterberg hielt den Telefonhörer in der Hand und starrte von Niklas zum Telefon und wieder zurück. Das fehlende Puzzleteil, das eben noch zum Greifen nah gewesen war, hatte sich in Luft aufgelöst.
Lorenz hatte endlich herausgefunden, wer die Besitzer dieser Hütten im Waldstück Dautenbach waren. Und eine dieser Hütten gehörte Robert Münker, der gleichzeitig auch die Cachereihe angelegt hatte, in der die Finger versteckt waren. Sie mussten jetzt nur noch ein Empfangskomitee zu Münker schicken, damit er ihnen schnellstmöglich den Aufenthaltsort von René und Natascha verriet. Egal, wie.
Um die Beamten, die zu Münker fuhren, würde Lorenz sich kümmern, und an der Hütte waren ohnehin genügend Leute, nicht zuletzt Steinhaus und Fischer samt Kollegen.
Und er?
Er saß hier in seinem Büro und hatte seinen Sohn gerade dazu gebracht, dass er ihm von diesem »Brutalo-Film-Netzwerk« erzählte. Noch vor wenigen Minuten hatte er das für den Schlüssel zum Ganzen gehalten – für den besten Weg, um endlich René zu finden.
Und mit einem Mal war alles anders.
Ein Anruf hatte genügt, um die alles entscheidende Vernehmung im Fall René in ein Erziehungsgespräch zwischen Vater und Sohn zu verwandeln. Er musste Niklas ziemlich angestarrt haben, denn der winkte mit der geöffneten Hand vor Winterbergs Gesicht.
»Alles klar? Was ist denn los? Ist was mit René?«
Winterberg schüttelte den Kopf, um wieder klar zu denken. »Nein. Schon gut. Erzähl mir jetzt einfach, woher du die Bilder hast. Und behaupte nicht, du hättest sie einfach aus dem Netz geladen, denn ganz so einfach ist es nicht. Das weiß sogar ich.«
»Doch, die Bilder gibt es im Internet. Man muss nur wissen,
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