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Knochenfinder

Knochenfinder

Titel: Knochenfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Lahmer
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das Verhältnis zur Schwester meiner Frau ist, wenn ich das so sagen darf, nicht ganz unkompliziert. Sie wohnt nur drei Straßen weiter, aber René würde nicht einmal zu ihr gehen, wenn unser Haus abbrennen würde und wir alle obdachlos wären.«
    Karin Staudt sah erschrocken zu ihrem Mann. »Warum sagst du so etwas? Das geht doch niemanden etwas an!« Und an die Polizisten gewandt, erläuterte sie: »Sie ist neun Jahre älter als ich, und es gibt oft Streit wegen des Pflegeheimplatzes unserer Mutter. Aber das hat nun wirklich nichts mit René zu tun! In Wirklichkeit fing alles mit dieser Nina an. Diese falsche Schlange hat meinen Sohn unglücklich gemacht!«
    »Karin!« Staudt legte eine Hand begütigend auf ihr Knie.
    Sie lehnte sich in ihrem Sessel zurück und sah die Kommissare verbittert an. »Sie hat ihn doch nur ausgenutzt. René war wie ausgewechselt, nachdem er sie kennengelernt hatte. Er hat nur noch von ihr gesprochen. Bilder von ihr standen auf seinem Schreibtisch, und plötzlich brauchte er morgens im Bad eine Ewigkeit, bis er sich hergerichtet hatte. Natürlich wollten wir sie auch kennenlernen, doch sie hatte immer wieder Ausflüchte, weshalb sie nicht kommen konnte. Mal war ihr Fahrrad kaputt, dann musste sie für eine Arbeit lernen oder hatte plötzlich Kopfschmerzen. René hat ihr immer wieder geglaubt und uns vertröstet. Und dann war es auf einmal vorbei. Eines Tages kam er nach unten, sagte nur ›Es ist aus‹ und verkroch sich in sein Zimmer. Er war ihr wohl nicht gut genug.«
    »Wie lange ist das jetzt her?«, erkundigte sich Winterberg.
    Sie hob vier Finger in die Höhe. »Vier Wochen. Eine vergleichsweise kurze Zeitspanne; er könnte also immer noch unter Liebeskummer leiden. Verstehen Sie jetzt, warum wir glauben, dass es ein Abschiedsbrief war?«
    Natascha nickte. Ihr erster Liebeskummer hatte ein halbes Jahr gedauert und erschien ihr damals als das Schlimmste, was ihr jemals passieren könnte. Dann aber hatte sie gesehen, dass ihre vermeintlich große Liebe mit ihrer damals besten Freundin ging. Die Trauer war dann so schnell vorbei gewesen, wie sie gekommen war. Die Freundschaft zwischen den beiden Mädchen allerdings auch.
    Winterberg stand auf. »Wir bräuchten noch etwas Persönliches von René, falls sich irgendwann die Situation ergeben sollte, dass wir rasch einen DNA-Vergleich durchführen müssen.«
    Karin Staudt sah ihn erschrocken an.
    Natascha versuchte, sie zu beruhigen. »Keine Angst, Frau Staudt. Es ist einfach nur für den Fall der Fälle. Wir haben wirklich noch keine Spur von ihm. Seine Zahnbürste hat er wohl mitgenommen, denke ich. Wir können aber auch Kleidungsstücke nehmen.«
    Mit fahrigen Bewegungen stand Karin Staudt auf. »Ich hole den Aufsatz seiner elektrischen Zahnbürste. Es dauert nur einen Augenblick!« Im nächsten Moment war sie im Flur und ging die Treppe nach oben.
    »Sie haben wirklich noch keine Anhaltspunkte, oder?«, flüsterte Staudt.
    »Nein, wirklich nicht«, bekräftigte Winterberg. »Wir möchten nur schon eine Vergleichsprobe haben; das ist reine Routine.«
    Staudt atmete hörbar aus. »Ist gut. Danke.«
    »Außerdem benötigen wir ein Foto von René, das wir möglichen Zeugen zeigen können. Das ist bei der Suche unerlässlich. Können Sie uns eins geben?«
    »Ja, natürlich. Ich sage meiner Frau Bescheid.«
    Staudt ging kurz in den Flur und rief seiner Frau zu, sie solle das Foto von René von der Pinnwand nehmen und mitbringen. Wenig später kam Karin Staudt zurück und hielt den Polizisten das Bild und einen Zahnbürstenkopf entgegen, der in einem Gefrierbeutel steckte.
    Natascha nahm beides und betrachtete das Bild. Es zeigte ein Porträt, frontal aufgenommen. Besonders auffällig waren Renés rote Haare. Sein Pony war schräg geschnitten, er trug die gleiche modische Frisur wie derzeit die meisten Jungs in seinem Alter. Damit die halb langen Haare möglichst cool ins Gesicht hingen, musste man den Kopf leicht schräg halten. Ein kleines Dreiecksbärtchen zierte sein Kinn. Seine Gesichtszüge waren nicht unattraktiv, fand Natascha. Sie konnte sich vorstellen, dass ihm eines Tages die Mädchen hinterherlaufen würden.
    Sie gab das Bild an Winterberg weiter, der es nach einem kurzen Blick darauf in die Jackentasche steckte. »Vielen Dank für das Foto. Das erleichtert die Suche sehr. Wir würden auch gern Renés Zimmer sehen. So können wir uns einen besseren Eindruck von Ihrem Sohn machen, und eventuell fällt uns etwas auf, das uns

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