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Knochenfinder

Knochenfinder

Titel: Knochenfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Lahmer
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zu Natascha; unbewusst wandte er sich von Winterberg ab. »An unserer Schule läuft was. Viele machen dabei mit.« Aus den Augenwinkeln blickte er zu Winterberg, sah dann schnell wieder zu Boden.
    Natascha beobachtete Manuel. Was lief da nur ab?
    Winterberg fragte sich wohl das Gleiche, denn er sprang ruckartig vom Schreibtischstuhl auf. »Was passiert an eurer Schule?«
    »Das sollte alles irgendwie geheim bleiben, aber das war es nicht wirklich.« Manuels Stimme war so leise, dass man ihn kaum hörte.
    Natascha starrte Winterberg an, der sich drohend vor Manuel aufgebaut hatte. Sie zog ihn am Hosenbund nach hinten. »Hey, setz dich.«
    Winterberg nahm widerwillig Platz und behielt Manuel dabei im Auge.
    Als ob der Junge jetzt irgendwas machen würde, dachte Natascha. Er ist viel zu eingeschüchtert. Seine Lippen bewegten sich plötzlich lautlos, als hätte es ihm jetzt ganz die Stimme verschlagen.
    In die plötzliche Stille hinein schrillte Winterbergs Handy. »Nicht jetzt!«, schimpfte er und zog das Telefon aus der Hosentasche. »Mist!«
    Er stand auf und ging zum Fenster. Während er leise telefonierte, wandte er Natascha und Manuel den Rücken zu. Dabei tippte er nervös mit den Fingerspitzen auf die Fensterbank und nickte ab und zu. Natascha beobachtete nicht nur ihren Kollegen, sondern auch Manuel. Langsam schien er sich wieder zu fangen, denn er setzte sich aufrecht und atmete tief ein. Er warf sogar den Kopf wieder zur Seite, um die Haare in Positur zu bringen.
    Winterberg beendete das Telefonat, setzte sich wieder und wandte sich kurz an Natascha. »Es gibt Neuigkeiten. Jetzt hören wir uns aber erst einmal an, was es denn am Gymnasium so Spannendes gibt.« Er zwinkerte Manuel zu, doch es sah nicht halb so kumpelhaft aus, wie es wahrscheinlich wirken sollte.
    Manuel rückte sich wieder in Positur und sah nun etwas selbstbewusster in Winterbergs Richtung. »An unserer Schule läuft so ein Ding. Ein paar Jungs machen da mit, und soweit ich weiß, soll das alles geheim bleiben. Das klappt aber nicht. Manche von denen haben Bilder auf ihrem Handy und zeigen sie anderen. Ich hab zufällig was davon gesehen.«
    »Wovon?« Winterberg war ungeduldig und sah aus, als würde er gleich noch einmal aufspringen und Manuel bedrohen.
    Natascha wusste, dass seine Söhne in dieselbe Schule gingen. Fast bewunderte sie ihren Kollegen dafür, dass er noch einigermaßen ruhig blieb. Sie hätte Manuel an seiner Stelle wahrscheinlich schon längst geschüttelt, damit er endlich mit der Sprache herausrückte.
    Der Junge seufzte und fügte sich ins Unvermeidliche. »Es geht um brutale Bilder und Filme. Die drehen die selbst, filmen das Blut und alles.«
    Natascha hatte das Gefühl, als läuteten unzählige Glocken in ihrem Kopf. Das blutverschmierte T-Shirt bei René!
    Winterberg musste Ähnliches gedacht haben, denn sein Gesicht hellte sich auf, und er atmete erleichtert aus. »Bingo! Dann wissen wir jetzt wenigstens, was es mit dem T-Shirt in Renés Bett auf sich hat. Auch wenn wir noch nicht wissen, wessen Blut das war. Und jetzt erzähl mir mehr von diesen Filmchen.« Er stand auf und ging zum Schreibtisch, um Block und Stift zu holen.
    Manuel fühlte sich sichtlich unwohl, denn das Zucken seines Beines hatte wieder eingesetzt, und er sah immer wieder von Natascha zu Winterberg. »Ich weiß da nicht viel drüber. Ich hab das mal zufällig in der Pause gesehen, als ich was von meinem Platz holen wollte. Zwei aus meiner Klasse haben mich irgendwie zu spät bemerkt, und dann haben sie ganz schnell das Handy umgedreht und auf den Tisch gelegt, sodass ich nichts mehr sehen konnte. Anschließend haben sie mich blöd angemacht, und ich bin wieder zurück auf den Schulhof gelaufen.«
    »Ihr wisst, dass das, was ihr da macht, strafbar ist?«, drohte Winterberg. »Das sind Körperverletzungen und gewaltverherrlichende Darstellungen und wahrscheinlich noch mehr – das bringt euch ziemlichen Ärger ein. Also: Wer hat noch damit zu tun?«
    Manuel sah wieder zu Natascha, als suchte er Hilfe bei ihr. Plötzlich hatte sie das Gefühl, ihr Herz würde für zwei oder drei Schläge aussetzen. Ihr kam ein fürchterlicher Verdacht, und sie sah erschrocken zu Winterberg. Merkte er denn nichts? Sie schloss die Augen, als könnte sie auf diese Weise ihre Gedanken bei sich behalten. Aber es funktionierte nicht. Die Gedanken fuhren Karussell und ließen Bilder in ihrem Unterbewusstsein aufblitzen: René, der von dem Foto im Besprechungsraum auf die

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