Knochenfunde
schlecht. Ich bin beschäftigt.« Nicht beschäftigt genug.
Die drei Tage seit Eves Abreise waren ihm wie dreihundert vorgekommen. »Ich versuche, Capel aufzuspüren. Er ist wie vom Erdboden verschluckt.«
»Sie glauben, er hat sich bezahlen lassen, um Eve diesen Labor-bericht zu schicken, und ist anschließend untergetaucht?«
»Möglich. Jedenfalls hat er nicht versucht, noch mehr Geld aus mir rauszuquetschen, er muss also eine andere Quelle haben.«
»Irgendeinen Verdacht?«
»Jemand, der entweder Eve oder mir eins auswischen wollte.
Wahrscheinlich mir. Sie hat keine Feinde. Bei mir sind es Legio-nen.«
»Erstaunlich.«
»Haben Sie keine Feinde?«
Logan überging die Frage. »Ich gebe Ihnen Bescheid, falls ich von Galen höre.«
»Vielleicht sollte ich ihn anrufen. Ach nein, vergessen Sie’s.«
»Gute Entscheidung. Sie würden doch Eve nicht den Eindruck
vermitteln wollen, dass Sie sie kontrollieren. Wie geht es Jane?«
»Sehr gut. Besser als ich es verdient hätte.«
»Da stimme ich Ihnen zu. Bis demnächst, Quinn.«
Joe legte auf und ließ den Motor an. Er würde mit Capels Nachbarn sprechen und dann nach Hause fahren. Und nicht an Eve denken, die hunderte Meilen weit entfernt von ihm in Baton Rouge weilte.
Tochterfirmen in Alabama und Louisiana.
Louisiana…
Keine voreiligen Schlüsse ziehen. Womöglich hatte die Grab-
schändung mit Eves Auftrag in Baton Rouge überhaupt nichts zu tun. Aber die Richtung, in die sich seine Nachforschungen entwi-ckelten, gefiel ihm ganz und gar nicht, verdammt.
Und er wünschte, er könnte mit Galen Verbindung aufnehmen,
ohne dass Eve etwas davon mitbekam.
Er sollte sich auf seine Arbeit konzentrieren. Erst Capel finden und dann den Mann, der ihn bestochen hatte. Die Spur des Reifenab-drucks weiterverfolgen. Sich um Jane kümmern. Und aufhören zu wünschen, er könnte das nächste Flugzeug nehmen und zu Eve nach Baton Rouge fliegen.
Er hoffte inständig, dass die Zeit den Graben wieder schließen würde, der sich zwischen ihnen beiden aufgetan hatte.
»Ich bin eingeschlafen«, sagte Eve, als sie die Treppe herunterkam und sich das zerzauste Haar glättete. »Um Gottes willen, es ist ja schon viertel nach fünf. Warum haben Sie mich nicht geweckt?«
»Was für eine Frage. Sie brauchten Ihren Schlaf.« Galen grinste.
»Und ich brauchte Zeit, um eine hervorragende Mahlzeit zuzubereiten.«
»Ich muss sofort rüber zur Kirche. Ist Melton hier gewesen?«
»Er ist pünktlich hier erschienen. Ich habe ihn fortgeschickt.«
»Dazu hatten Sie kein Recht.«
»Ich habe ihm gesagt, wir würden um sechs Uhr am Eingang der
Kirche sein.« Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Sie haben also noch fünfundvierzig Minuten Zeit, um dieses köstliche Mahl mit mir zu genießen.« Er deutete auf den gedeckten Tisch. »Ich mag es nicht, hastig zu essen, dann schmeckt es nur halb so gut. Aber diesmal nehme ich es in Kauf.«
»Sie hätten mich wecken sollen.«
»Sie vergeuden wertvolle Zeit. Sie wollen unseren ehrenwerten Senator doch nicht warten lassen.«
Sie folgte ihm ins Esszimmer. »Ich lasse ihn schon seit vier
Stunden warten.«
Galen grinste. »Das hat er verdient.« Er schob ihren Stuhl zurecht, schüttelte eine Serviette aus und legte sie auf ihren Schoß.
»Wir fangen an mit dem Spinatsalat.«
»Kommt nicht in Frage.« Sie sprang auf. »Galen, ich möchte auf der Stelle aufbrechen, um Melton zu treffen. Ich könnte sowieso nichts essen. Mein Magen ist immer noch nicht in Ordnung.«
»Ach, was bin ich doch für ein Tölpel. Natürlich können Sie
nichts essen. Da hat mich wohl meine Leidenschaft fürs Kochen übermannt. Also gut, vielleicht zaubere ich Ihnen dann ein Süpp-chen, wenn wir heute Abend von der Kirche zurückkommen.«
»Gut möglich, dass ich heute Abend nicht zurückkomme. Ich ar-
beite oft die Nacht durch.«
»Man kann nie wissen. Sie sind immer noch ein bisschen blass
um die Nase.«
»Galen.«
»Keine Sorge. Ich versuche nicht, Sie herumzukommandieren.
Manchmal nutze ich Situationen aus, um meinen Willen durchzusetzen. Aber ich respektiere Ihre Entscheidung.«
»Kochen Sie wirklich so gern?«
»Essen gehört zu den schönsten Dingen im Leben. Es lässt die
größten Widrigkeiten weniger schlimm erscheinen.«
Und Galens Leben war wahrscheinlich schon immer voller Wid-
rigkeiten gewesen. Eves Blick wanderte von der weißen Damast-
tischdecke zu den flackernden, lindgrünen Kerzen und dann zu dem feinen Porzellan. Es war
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