Knochenfunde
La-ge. Ich wollte Ihnen den Anblick ersparen.«
»Vielen Dank. Das war sehr nett von Ihnen.«
»Ich bin eben nett.« Er stieß die Schlafzimmertür auf und schaute sich um. »Meine Mutter hat immer gesagt, wenn du es im Leben gut haben willst, dann behandle die anderen so wie sie dich behandeln.«
»So stimmt das Zitat aber nicht ganz.«
»Ergibt aber mehr Sinn.« Er trat auf den Balkon und blickte auf den Sumpf hinaus. »Scheint alles in Ordnung zu sein. Ruhen Sie sich aus. Ich werde noch kurz einen Blick ins Bad und in die untere Etage werfen und Ihnen dann ein leichtes Mittagessen bereiten.«
»Ich bin nicht invalid. Das kann ich selbst.«
»Versuchen Sie etwa, mich arbeitslos zu machen? Wie soll ich
mich als königlicher Vorkoster bewähren, wenn Sie alles selber in die Hand nehmen?« Er ging zur Tür. »Übrigens, ich bin in das Zimmer neben Ihnen gezogen. Durch diese hauchdünnen Wände kann
ich so gut wie alles hören, was hier passiert, ich hab’s ausprobiert.
Ich hoffe, Sie schnarchen nicht…«
Wenige Minuten später hörte Eve ihn die Treppe hinunterlaufen.
Sie warf noch einen letzten Blick auf die Kirche, bevor sie den Balkon verließ. Es fiel ihr schwer, sich abzuwenden. Wahrscheinlich lag es daran, dass das alte Gebäude einen einfach in seinen Bann zog.
Außerdem war es das Letzte, was sie gesehen hatte, als sie dachte, sie würde sterben. Das allein würde schon ausreichen, um ihre Phantasie zu beschäftigen.
Eve riss sich los und ging in ihr Zimmer. Das breite Bett war sehr verlockend. Sie ärgerte sich, dass sie so matt und erschöpft war. Als sie das Krankenhaus verließ, hatte sie angenommen, dass sie sich viel schneller wieder fit fühlen würde. Vielleicht sollte sie einfach duschen. Danach würde es ihr schon viel besser gehen.
Na ja, vielleicht ein ganz kleines Nickerchen…
»Die Schuhe wurden von der Norton Shoe Company hergestellt.«
Carol Dunn warf den Bericht auf Joes Schreibtisch. »Das ist eine Firma mit Sitz im Südosten der Vereinigten Staaten mit Tochterfirmen in Alabama und Louisiana. Größe neun.«
»Vertrieb?«, fragte Joe.
Sie schüttelte den Kopf. »In beiden Staaten weit verbreitet, etwas weniger hier in Georgia. Bei so dünnen Sohlen müssen die ziemlich preiswert sein und sich gut verkaufen.«
»Na wunderbar.« Er runzelte die Stirn. »Was ist mit den Reifen-abdrücken?«
»Firestone Affinity HP fünfzehn Zoll. Standard am neuen Saturn L-300.«
»Danke, Carol.« Joe überflog den Bericht. »Ich bin dir was
schuldig.«
»Du bist vor allem dir selbst ein paar Stunden Schlaf schuldig«, sagte sie. »Jane hat angerufen und mich gebeten, dich heute früh nach Hause zu schicken.«
»Bin schon unterwegs.« Er stand auf und ging zur Tür. »Würdest du sie bitte anrufen und ihr ausrichten, dass ich Essen vom Chinesen mitbringe, aber unterwegs noch was erledigen muss?«
»Feigling.«
»Genau. Die Kleine hat Haare auf den Zähnen.« Beim Hinausge-
hen drehte er sich noch einmal um. »Hat George Capel angerufen, während ich unterwegs war?«
Carol schüttelte den Kopf. »Hörst du deinen Anrufbeantworter
nicht ab?«
»Ich bin altmodisch. Dieses neumodische Zeugs macht mich ner-
vös.«
»Und du hast gehofft, er würde nicht funktionieren.«
»Capel ist seit einer Woche nicht im Labor aufgetaucht. Ich bin bei ihm zu Hause gewesen – der Briefkasten quillt über, und er hat die Zeitung nicht abbestellt.«
»Klingt nicht gut. Andererseits könnte es sein, dass er ganz spon-tan in Urlaub gefahren ist. So was kommt vor.«
»Ja, ich weiß. Aber ich glaube, es wird allmählich Zeit, dass ich mal mit den Nachbarn rede.«
»Also gut, ich rufe Jane an«, sagte Carol. »Aber wehe, du vergisst das chinesische Essen.«
Joe nickte und winkte ihr zum Abschied. Von seinem Wagen aus
rief er Logan an. »Haben Sie von Galen gehört?«
»Er meldet sich nur, wenn es einen wichtigen Grund gibt. Er hat seinen eigenen Arbeitsstil.«
»Sie wissen also nicht, ob es Eve gut geht?«
»Wenn es ein Problem gäbe, hätten wir davon gehört. Galen ist bei ihr.«
Und Joe war nicht bei ihr, und das machte ihn ganz verrückt.
»Könnten Sie ihn bitten, regelmäßig Bericht zu erstatten?«
»So arbeitet Galen nicht.«
»Das sollte er aber, verdammt.«
»Sie wollten Galen, Quinn.«
Weil er der Beste war. Aber das bedeutete nicht, dass Galens Arbeitsstil ihm nicht den letzten Nerv raubte. Er wollte Informationen.
»Wie läuft’s denn bei Ihnen?«, fragte Logan.
»Nicht
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