Knochenfunde
von der Straße zu kratzen.« Er steckte die Fotos ein und wandte sich ab. »Jedenfalls hat er die falsche Entscheidung getroffen, als er versucht hat, dich zu töten.«
Boca Raton
29. Oktober
An den mit Absperrseilen gesicherten Straßen rund um die St.- Catherine’s-Kathedrale drängten sich die Menschenmassen. Eve brauchte mehrere Minuten, bis sie Nathan entdeckt und sich ihren Weg zu ihm gebahnt hatte.
»Eve?« Nathan spähte durch den dunklen Schleier in ihr Gesicht.
Sie nickte. »Ist Melton drinnen?«
»Er ist vor einer halben Stunde reingegangen. Wahrscheinlich wollte er genug vom Rampenlicht abbekommen, bevor der Präsident eintraf.«
»Der Präsident ist hier?«
»Er ist vor zehn Minuten eingetroffen.« Mit einer Kopfbewegung deutete Nathan auf vier Männer in dunklen Anzügen und Sonnenbrillen, die auf den Stufen vor dem Portal standen. »Secret Service.«
»Ich hoffe, sie sind in der Lage, den Präsidenten zu schützen. Bei Copeland haben sie sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert.« Sie schaute zum Kirchenportal hinüber. »Ich bin froh, dass Präsident Andreas hier ist. Copeland hat alle Ehre verdient.«
»Sie nehmen das ja richtig persönlich.«
Sie zuckte die Achseln. »Wahrscheinlich habe ich einfach Schuldgefühle. Wenn ich früher begriffen hätte, was hier gespielt wird, hätten wir Copeland vielleicht retten können.«
»Vielleicht auch nicht. Als Sie endlich rausgefunden haben, dass Hebert es auf Copeland abgesehen hatte, war es schon zu spät.«
»Wenn ein Mensch stirbt, ist jede Minute wichtig.« Sie sah zu, wie eine Limousine nach der anderen vor der Kathedrale hielt und weitere Trauergäste eintrafen. »Ich weiß nicht, ob – Mein Gott.« Sie packte Nathans Arm. »Sagen Sie mir, dass ich verrückt bin. Ist das da drüben Thomas Simmons?«
Nathan zuckte zusammen. »Wo?«
»Auf der anderen Straßenseite. Grünes Polohemd. Verdammt, er steht keine drei Meter von diesem Secret-Service-Mann entfernt.«
Sie starrte den Mann an, der die ankommenden Gäste aufmerksam musterte. Dieselbe volle Unterlippe, dieselbe Hornbrille… »Das ist er, Nathan.«
»Wenn nicht, ist er ein Double.« Nathan arbeitete sich nach vorne vor. »Vielleicht können wir ja näher rankommen.«
Eve schob sich hinter Nathan her durch die Menge. O Gott, Simmons…
Plötzlich hob Thomas Simmons den Kopf und schaute direkt zu Nathan hinüber, der sich ihm bis auf wenige Meter genähert hatte.
Nathan lächelte. »Hallo, könnten wir vielleicht – «
Simmons drehte sich auf dem Absatz um und verschwand in der Menge. Mit den Ellbogen bahnte er sich seinen Weg, und als die Menschen sich nicht mehr so dicht drängten, begann er zu laufen.
»Scheiße.« Nathan rannte ihm nach.
Eve versuchte den beiden zu folgen, kam jedoch vor lauter Leuten nicht recht vom Fleck. An der Straßenecke blieb sie stehen. In welche Richtung waren die beiden gelaufen?
Dann entdeckte sie Nathan.
Sie rannte los.
In einiger Entfernung stieg Simmons hastig in einen beigefarbenen Toyota.
Nathan beschleunigte sein Tempo. »Warten Sie! Sie können nicht entkommen! Ich will Ihnen – «
Der Toyota fuhr los und raste die Straße entlang.
Nathan blieb fluchend stehen und schaute dem Wagen nach, der schnell aus seinem Blickfeld verschwand.
»Das war er, nicht wahr?« Eve hatte ihn eingeholt. »Das war Simmons.«
»Ich glaube schon.« Nathan zog ein Notizheft aus der Tasche.
»Und ich hoffe, dass ich mir das Nummernschild richtig gemerkt habe.« Er kritzelte ein paar Ziffern in sein Heft. »Auch wenn das wahrscheinlich ein Mietwagen ist und die Nummer uns nichts nützen wird. Glauben Sie, Quinn kann das rausfinden?«
Sie nickte und nahm den Zettel entgegen, den Nathan ihr reichte.
»Was wollte der bloß hier?«
»Wer weiß? Wenn er diese anderen Cabal-Mitglieder wirklich
getötet hat, hat er vielleicht auf sein nächstes Opfer gewartet. Oder er beschattet Melton, so wie ich. Oder, falls er völlig durchgeknallt ist, kann er sonst was für einen Grund gehabt haben.« Keuchend lehnte er sich gegen eine Hauswand. »Gott, ich muss unbedingt ein paar Pfunde abspecken. Diese Verfolgungsjagd hätte mich beinahe umgebracht.«
»Zumindest wissen wir jetzt, dass er hier ist.«
»Nun, ein Schatten ist er jedenfalls nicht.« Nathan zog die Nase kraus. »Und er ist wesentlich besser in Form als ich.« Er trat von der Hauswand weg. »Ich muss zurück und warten, bis Melton seine Krokodilstränen getrocknet hat und die Kirche
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