Knochenfunde
sein.« Er öffnete die Tür. »Da sind wir.«
Ein riesiger schwarzer Sarg.
Eve blieb wie angewurzelt stehen und starrte auf den Sarg. Er füllte fast die ganze kleine Kapelle aus.
»Ich werde hier draußen warten«, sagte Melton.
Eve empfand dieselbe Scheu, sich dem Sarg zu nähern, die Melton offenbar dazu bewogen hatte, draußen zu bleiben. »Ich dachte, Sie hätten den Schädel aus dem Sarg entfernt. Ich hatte nicht damit gerechnet, den Sarg – Er ist sehr… groß…«
»Der Sarg wurde speziell angefertigt, um die sterblichen Überreste vor Schaden und weiterem Verfall zu schützen. Wir wollten ganz sichergehen, dass der Schädel perfekt erhalten blieb«, erklärte Rick ernst. »Glauben Sie mir, ich finde es schrecklich, dass der Rest des Skeletts abhanden gekommen ist. Ich war hier noch nicht zuständig, als das passiert ist.«
»Abhanden gekommen?«, wiederholte Eve. »Ich glaube, diesen Ausdruck würde ich dafür nicht benutzen.«
»Mir erscheint es auch unglaublich. Die ganze Sache ist äußerst merkwürdig. Aber das geht mich nichts an. Meine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass von nun an nichts mehr schief geht.« Rick trat an den Sarg. »Und man hat mir gesagt, dass der Schädel in sehr gutem Zustand ist.« Er öffnete den Deckel und trat zur Seite. »Was meinen Sie?«
»Ich brauche mehr Licht. Ich kann ihn kaum sehen. Es ist zu dunkel hier drin.«
»Oh, das tut mir Leid.« Eilig zündete Rick eine Kerze auf dem Altar an. »In dem Arbeitszimmer, das ich für Sie vorbereitet habe, gibt es genug Licht. Ich wusste nicht, dass Sie den Schädel hier schon näher in Augenschein nehmen wollten. Ich dachte…«
Er war so bestürzt, dass Eve sich beherrschte. »Ist schon gut, Rick. Falls es Probleme mit dem Licht gibt, kann ich den Schädel ja mit ins Haus nehmen.«
»Nein, bitte, tun Sie das nicht. Glauben Sie mir, in Ihrem Arbeitszimmer werden Sie alles finden, was Sie brauchen«, sagte Rick.
»Der Senator möchte, dass Sie hier arbeiten.«
»Warum?«, fragte Galen.
»Weil die Kirche auf einer Insel steht. Senator Melton war sehr beunruhigt wegen des verschwundenen Skeletts. Er möchte völlige Sicherheit für Ms Duncan, und die Sicherheitsleute, die wir angeheuert haben, meinten, auf einer Insel könnten sie sie besser schützen. Ich verspreche Ihnen, ich werde alles tun, was ich kann, um Ihnen die Arbeit in der Kirche angenehm zu gestalten.«
»Na dann strengen Sie sich mal an.« Galen trat näher, nahm eine kleine Stablampe aus seiner Tasche und leuchtete in den Sarg. »Es ist verdammt kalt hier drinnen. Und feucht dazu.«
»In ihrem Arbeitszimmer ist es warm.«
»Ist schon in Ordnung«, sagte Eve abwesend, den Blick auf den Schädel gerichtet. Sie konnte immer noch nichts Genaues erkennen, aber die Stablampe war besser als nichts.
Der Schädel war zwar durch Feuer geschwärzt, aber er war in-
takt, außer dass die Zähne fehlten und der Unterkiefer zerschmettert war. Abgesehen davon gab es keine sichtbaren Risse oder Verlet-zungen. Das war ein Glück.
»Es ist der Schädel eines Mannes, eines weißen Mannes. Der
Schädel ist überraschend gut erhalten. Ich denke, ich werde damit arbeiten können.«
»Der sieht aber ziemlich mitgenommen aus.« Galen zeigte auf
den zerschmetterten Unterkiefer. »Und die Zähne fehlen. Der hat einiges hinter sich. Erinnert mich an einen Gladiatorenfilm.«
»Halten Sie den Mund, Galen«, sagte Eve. »Ich muss unvorein-
genommen sein, wenn ich das Gesicht rekonstruiere. Ich möchte nicht, dass er am Ende aussieht wie Russell Crowe.«
»Toller Film.« Galen zwinkerte Rick zu. »Sie können mir später sagen, für wen Sie ihn halten – wenn sie nicht in der Nähe ist.«
Rick lächelte und schüttelte den Kopf. »Ich tappe ebenso im
Dunkeln wie Sie. Ich kann nur raten.« Er schaute Eve an. »Ich habe in Ihrer Werkstatt einen Ablagetisch und zwei Arbeitstische aufge-stellt. Soweit ich informiert bin, brauchen Sie eine Videokamera sowie einen Computer, um den Fortgang Ihrer Arbeit zu dokumen-tieren. Ich habe mich mit dem gerichtsmedizinischen Institut an der Louisiana State University in Verbindung gesetzt, und ich glaube, ich habe alles korrekt installiert. Sobald Sie so weit sind, werde ich Ihnen den Schädel bringen.«
Offenbar konnte er es nicht erwarten, dass sie mit ihrer Arbeit begann. Sein Eifer gefiel ihr, aber sie war noch nicht bereit, sich von dem Schädel zu trennen.
»Galen, würden Sie Rick begleiten und die Werkstatt für mich in
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