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Knochenfunde

Knochenfunde

Titel: Knochenfunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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heute zur Bank gegangen«, sagte sie benommen.
    »Wenn er das Bankschließfach mit dem Geld nicht entdeckt hätte, wäre er wohl jetzt nicht tot. Er muss Zeit gehabt haben, sich den Inhalt des Schließfachs anzusehen, sonst wäre er keine Bedrohung gewesen.«
    »Er war noch so jung…«
    »Ja, es ist zum Kotzen.« Galen nahm Eves Ellbogen. »Machen  wir, dass wir uns verziehen. Wenn uns jemand hier sieht, kommen sie am Ende noch auf die Idee, dass es Mord war und dass wir die Hauptverdächtigen sind. Sie mögen vielleicht über jeden Verdacht erhaben sein, aber ich bin es nicht.«
    »Setzen Sie sich.« Galen drückte Eve auf einen Küchenstuhl und setzte den Wasserkessel auf. »Ich mache uns einen Kaffee.«
    »Es geht mir schon wieder gut.« Das war gelogen. Es ging ihr alles andere als gut. Sie konnte an nichts anderes mehr denken als an diesen schönen jungen Mann, der jetzt nicht mehr schön war. Pierre, dessen Leben so ein brutales Ende gefunden hatte.
    »Dann leisten Sie mir halt Gesellschaft.« Galen schaltete den Herd ein und nahm eine Dose löslichen Kaffee aus dem Schrank.
    »Ich bin sehr sensibel. Ich kann einfach kein Blut sehen.«
    Sie versuchte zu lächeln. »Lügner.«
    »Nein, ich bin wirklich sensibel. Nur dass mein empfindlicher Kern von einer Schicht Narbengewebe überdeckt ist.« Er nahm zwei Tassen vom Regal und tat Zucker hinein. »Und Blut ist… eine Sauerei. Man sollte es nur vergießen, wenn es absolut unumgänglich ist.
    Es gibt wesentlich sauberere Methoden.« Er warf ihr über die Schulter hinweg einen Blick zu und grinste. »Das hat gesessen, was? Haben Sie etwa erwartet, dass ich Sie tröste? Dafür sind Sie viel zu hartgesotten.«
    »Bin ich das?«
    »Klar. Quinn würde Sie natürlich trösten. Aber von mir würden Sie das nicht akzeptieren.« Er füllte die Tassen mit kochendem Wasser und setzte sich ihr gegenüber an den Tisch. »Trinken Sie also stattdessen eine Tasse Kaffee.«
    Zwar hatte er gerade das Gegenteil behauptet, aber er versuchte doch, sie zu trösten. »Ich bin überrascht, dass ein Gourmet wie Sie sich mit löslichem Kaffee zufrieden gibt.«
    »Das ging am schnellsten.« Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Außerdem kann ich mich mit allem zufrieden geben. Ich bin es gewohnt, mich einzuschränken.«
    »Der Kaffee tut gut.« Sie nahm noch einen Schluck. »Den habe ich jetzt gebraucht. Das alles hat mich ziemlich mitgenommen. So viele Tote, ich habe es satt. Wir kämpfen und kämpfen, aber wir können nichts dagegen ausrichten.«
    »Manchmal schon. Ich persönlich habe vor, hundertfünfzig Jahre alt zu werden. Bei all der Forschung, die auf diesem Gebiet getrieben wird, hab ich gute Aussichten, in dem Alter noch richtig knackig zu sein.«
    »Pierre war so jung. Wenn so ein junger Mensch stirbt, ist es besonders schlimm.«
    »Wie Ihre Bonnie.«
    »Ja.« Eve starrte in ihre Kaffeetasse. »Wie meine kleine Bonnie.«
    Galen schwieg.
    Eve holte tief Luft. »Und ich hasse diese Ungeheuer, die so junge Menschen töten. Am liebsten möchte ich ihnen an die Gurgel gehen und sie anschreien, wie unfair es ist, einem Menschen die besten Jahre seines Lebens zu rauben. Es ist grausam und scheußlich…
    Mist.« Tränen liefen ihr über die Wangen. »Tut mir Leid. Ich wollte nicht – «
    Galen kniete neben ihr. »Hey, tun Sie mir das nicht an.« Er nahm sie in die Arme und wiegte sie sanft. »Sie reißen mein ganzes Narbengewebe auf.« Plötzlich spürte er, wie sie in seinen Armen erstarrte. Er ließ sie sofort los. »Damit wir uns richtig verstehen: Ich versuche nicht, einen schwachen Moment auszunutzen. Das ist wieder mal mein berühmter Beschützerinstinkt. Eine Frau weint, und ich reagiere.«
    »Aber ich kenne den Unterschied zwischen einem schwachen  Moment und der Realität. Ich mag Sie, ich achte Sie, und wenn ich es zuließe, würde ich Sie sexy finden. Aber Sie sind nicht mehr zu haben. Das ist so klar und deutlich, als stünde es auf Ihrer Stirn geschrieben. Ich bin also Ihr Beschützer und Ihr Freund, und manchmal dürfen Sie sich an meiner Schulter ausweinen. Alles klar?«
    Sie lächelte schwach. »Alles klar.«
    Er grinste. »Zumindest hat dieses kleine Missverständnis etwas Gutes bewirkt. Sie weinen nicht mehr.« Er seufzte theatralisch. »Ich kann Tränen nicht ertragen. Sie machen mich völlig hilflos.«
    »Das werde ich mir merken. Es könnte sich irgendwann als praktisch erweisen.« Sie stand auf. »Ich gehe jetzt ins Bett. Morgen früh muss ich zeitig

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