Knochenfunde
instinktivem Gespür zu unterschätzen, aber es gab eigentlich keinen überzeugenden Grund anzunehmen, dass sie diesen Auftrag nicht in Sicherheit würde zu Ende führen können. Die Geschichte mit der Lebensmittelvergiftung war zwar Besorgnis erregend, aber schließlich wurde sie nicht nur von Galen beschützt, sondern auch von den Männern, die sie am Morgen auf dem Gelände um die Kirche herum gesehen hatte.
Außerdem gefiel ihr die Vorstellung nicht, dass jemand einen Mann, wie Galen ihn beschrieben hatte, ermordete und ungestraft davonkam. Aber einen Mord konnte man nur bestrafen, wenn das Opfer bekannt war – und das Opfer zu identifizieren war ihre Aufgabe.
»Nicht, solange es für mich keinen zwingenden Grund gibt abzureisen.« Sie wandte sich wieder dem Schädel zu. »Und jetzt lassen Sie mich allein. Ich muss mit meiner Arbeit beginnen.«
»Er ist ziemlich verdreckt.« Galen berührte den Schlamm auf Victors Stirn. »Merkwürdige Art von Erde, meinen Sie nicht?«
Sie zuckte die Achseln. »Erde ist Erde.«
»Glauben Sie, dass Sie den ganzen Dreck entfernen können?«
»Das meiste. Ich werde nicht versuchen, den Schmutz aus sämtlichen Hohlräumen zu entfernen. Dabei würde ich den Schädel am Ende nur noch mehr beschädigen. Und jetzt gehen Sie. Ich möchte Victor wenigstens halbwegs von dem Dreck befreit haben, bis Sie mich abholen, um zu Maries Beerdigung zu fahren.«
»Sie wollen also immer noch hingehen?«
»Warum nicht? Erstens kann es sein, dass es ein Unfall war.
Zweitens, falls es kein Unfall war, könnte jemand anders etwas zwischen die Zutaten geschmuggelt haben, die Marie eingekauft hat.
Wenn sie unschuldig ist, dann wurde sie entweder getötet, damit sie nichts ausplaudern kann, oder um meine Lebensmittelvergiftung erst recht wie einen Unfall aussehen zu lassen. Kein schöner Gedanke, nicht wahr?«
»Mord ist noch weniger schön.« Galen lächelte. »Aber Sie wollen ja nichts auf Marie kommen lassen. Also gehen wir zu der Beerdigung. Es kann schließlich nicht schaden.«
Nachdem Galen gegangen war, begann Eve vorsichtig, den Dreck von Victors Schädel zu entfernen.
Merkwürdige Art von Erde.
Sie hielt inne und betrachtete die Schmutzspuren. Das Zeug sah tatsächlich merkwürdig aus. Schwarzer Schlamm durchsetzt mit winzigen weißen Splittern, sodass er heller wirkte.
Alles Quatsch. Vielleicht sah die Erde in Sheriff Bouviers Revier überall so aus. Wenn nicht, wäre es der Polizei bestimmt aufgefallen.
Das ging sie nichts an. Sie musste nur zusehen, dass sie das Zeug abbekam und sich an die Arbeit machen konnte.
Marie Letaux’ Sohn Pierre war groß und gut aussehend und of fensichtlich erschüttert über den Tod seiner Mutter. Er stand inmitten von Freunden und Verwandten, als Eve sich ihm nach dem Trauergottesdienst in der kleinen Kirche näherte.
Eve streckte ihre Hand aus. »Ich bin Eve Duncan. Ich möchte Ihnen mein Beileid aussprechen. Ich habe Ihre Mutter nicht gut gekannt, aber ich war vielleicht die Letzte, die sie lebend gesehen hat.
Hat Sie Ihnen erzählt, dass sie für mich arbeiten würde?«
Pierre nickte. »Sie war ganz aufgeregt. Sie wusste, dass Sie jemand ganz Wichtiges sind.«
»Na ja, das ist wohl übertrieben.«
»Mr Tanzer sagte, Sie seien berühmt. Ihr gefiel die Vorstellung, für eine Frau zu arbeiten, die etwas aus ihrem Leben gemacht hat.«
Seine Augen füllten sich mit Tränen. »Mama wollte auch berühmt sein. Ich habe es ihr noch gar nicht erzählt, aber ich hatte vor, wenn ich mit dem Studium fertig bin und meine eigene Praxis habe, ein Restaurant für sie einzurichten. Ich hätte es ihr sagen sollen.« Seine Stimme versagte. »Ich wünschte, ich hätte es ihr gesagt. Es sollte eine Überraschung werden.«
»Sie wusste, wie sehr Sie sie liebten. Sie war sehr stolz auf Sie.«
Eve betrachtete den mit Blumen bedeckten Sarg, der in einen Leichenwagen geladen worden war. »Sie hat sich so sehr gewünscht, dass Sie Ihr Studium beenden.«
Pierre nickte. »Sie hat mich auf jede erdenkliche Art unterstützt.
Am Abend vor ihrem Tod hat sie mich angerufen, um mir zu sagen, ich solle mir keine Sorgen machen, sie hätte eine Möglichkeit gefunden, das Geld für meine Studiengebühren aufzutreiben. Sie meinte, alles würde gut werden.«
»Das hat sie gesagt?«
Er nickte, den Blick auf den Sarg gerichtet. »Es tut mir Leid, ich muss jetzt gehen.«
»Selbstverständlich. Ich wünsche Ihnen alles Gute für die Zukunft.«
»Im Moment kann ich an
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