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Knochenfunde

Knochenfunde

Titel: Knochenfunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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aufstehen und mich an die Arbeit machen.«
    Galen warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Es ist bereits morgen. Zum Flughafen?«
    »Nein, verdammt.« Sie ging auf die Tür zu. »Mit dem Mord an  dem Jungen werden sie nicht ungestraft davonkommen. Dafür werden sie bezahlen. Ich werde Victor ein Gesicht verpassen.«

Sieben

    »Darf ich eintreten?«, fragte Galen.
    Eve schaute von dem Schädel auf. »Wenn Sie mich nicht voll  quatschen.«
    »Nur ein paar Worte. Wo ist Rick?«
    Sie zuckte die Achseln. »Irgendwo. Er hat mir vor ein paar Stunden eine Tasse Kaffee gebracht. Warum?«
    »Nur so. Normalerweise ist er so eifrig um Sie bemüht, dass ich fast Angst um meinen Job bekomme.«
    »Er mag vielleicht eifrig bemüht sein, aber er ist still und unaufdringlich. Ich merke kaum, dass er da ist.«
    »Wahrscheinlich würden Sie ihn auch nicht bemerken, wenn er  herumliefe und eine Trommel schlüge. Ich habe noch nie jemanden erlebt, der so in seiner Arbeit aufgeht.«
    »So bin ich nun mal.« Ihre Arbeit hatte ihr über die tiefste Verzweiflung hinweggeholfen und verhindert, dass sie nach Bonnies Tod verrückt wurde. Die Arbeit war ihre Rettung und ihre Leidenschaft.
    »Ich wollte Ihnen nur berichten, was ich über Bently in Erfahrung gebracht habe.«
    »Ich dachte, Sie hätten mir bereits alles erzählt.«
    »Nur was auf den ersten Blick erkennbar war. Ich habe ein bisschen tiefer gegraben. Ich verlasse mich nicht gern auf den ersten Blick.«
    »Was haben Sie denn rausgefunden?«
    »Er war ein engagierter Umweltpolitiker. Hat sich leidenschaftlich für die Nutzung von Sonnenenergie und die Reinigung von Flüssen eingesetzt.«
    »Und?«
    »Das machte ihn zur Zielscheibe für alle möglichen Energiekonzerne. Was, wenn er eine Aktion geplant hatte, mit der er irgendeinem hohen Tier auf die Füße getreten wäre?«
    »Sie spielen also schon wieder das Spiel ›Was wäre wenn‹.«
    »Ich kann nichts dafür. Da bin ich zwanghaft. Das ist meine  misstrauische Natur.« Galen lächelte. »Aber zumindest sollten Sie doch erleichtert sein zu erfahren, dass Bently sich als ein tadelloser Charakter erweist.«
    »Wieso?«
    »Weil Sie offensichtlich so liebevolle Gefühle für diesen Schädel entwickelt haben, dass es Sie verdammt glücklich machen würde, wenn sich herausstellt, dass Victor ein netter Mensch war.«
    »So oder so würde mich nichts davon abhalten, meine Arbeit zu Ende zu bringen.«
    Galen legte den Kopf schief und musterte den Schädel. »Sie  scheinen ja noch nicht sehr weit gekommen zu sein. Er sieht aus wie eine Voodoo-Puppe. Was sind das für Stöckchen, die Sie in ihn gesteckt haben?«
    »Gewebetiefenmesser. Ich schneide jedes Stäbchen auf die richtige Länge zurecht und klebe es auf eine bestimmte Stelle des Gesichts. Es gibt mehr als zwanzig Punkte am Schädel, deren Gewebetiefe bekannt ist.« Vorsichtig brachte sie ein weiteres Stäbchen an.
    »Es gibt anthropologische Tabellen, auf denen man die Maße für jeden Punkt ablesen kann.«
    »Dann besteht Ihre Arbeit also hauptsächlich aus Messungen?«
    »Nein, das ist die Routinearbeit. Ich nehme Plastilinstreifen und klebe sie zwischen die Stäbchen, bis sie die richtige Gewebetiefe haben. Dann fange ich an zu glätten und auszufüllen und zu modellieren, bis ich zufrieden bin. Die letzte Phase ist die wichtigste. Deswegen vermeide ich es, mir Fotos des Toten anzusehen. Nicht einmal mein Unterbewusstsein darf beeinflusst werden.«
    »Tja, vorerst besteht ja keine Gefahr. Aber ich habe vor, zur Zeitungsredaktion zu gehen und mir ein paar Fotos zu besorgen.«
    »Dann behalten Sie sie, bis ich fertig bin.«
    »Und wann wird das sein?«
    »Wenn ich es Ihnen sage. In fünf, sechs Tagen vielleicht.« Sie schaute ihn an. »Irgendwelche Neuigkeiten über Pierre?«
    »Ein kurzer Artikel auf Seite fünf der lokalen Tageszeitung über den Selbstmord von Pierre Letaux, der offenbar verzweifelt war über den plötzlichen Tod seiner Mutter.«
    »Sie haben ja gleich vermutet, dass die Polizei keine Fragen stellen würde.«
    »Ich muss gestehen, dass ich in dem Fall nicht darauf erpicht war, Recht zu behalten.« Er zuckte die Achseln. »Manchmal gewinnen die Verbrecher halt.«
    »Diesmal nicht.« Sie klebte ein weiteres Stäbchen auf. »Und jetzt gehen Sie und lassen mich arbeiten.«
    »Bin schon unterwegs.« Er überlegte. »Wissen Sie, wir könnten eigentlich Melton anrufen und ihm sagen, wir seien der Meinung, dass mit Marie und Pierre Letaux’ Tod etwas nicht

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