Knochengrube: Mystery-Thriller (German Edition)
Rodriguez, der außerhalb von Basra auf eine Landmine getreten war, und Mariani, der niemals mit irgendwem darüber sprach, was ihn in den Rollstuhl gebracht hatte. Greer sah sich unter all diesen Typen um, die es viel übler erwischt hatte als ihn, und versuchte, sich besser zu fühlen. Sieh mal, sagte er zu sich, du könntest durch die Gegend rollen wie Mariani. Oder Krallen anstatt Händen benutzen wie Gruber oder wie Rodriguez auf einem Bein aus Kohlenstofffaser rumhumpeln. Aber das funktionierte nie so, wie er wollte. Wenn er wieder ging, war er noch genauso angepisst und verbittert wie bei der Ankunft.
Normalerweise wurde er von Indira behandelt, und auch heute hatte sie den Tisch bereits für ihn vorbereitet. »Wie geht es uns heute, Captain Greer?«, sagte sie und strich das Papiertuch auf der Liege glatt, die dem Fenster am nächsten stand. »Grummelig wie immer?«
Er wusste nie, was er auf so etwas antworten sollte. Es bestätigen?
Lächelnd klopfte sie auf die Liege, als wollte sie einen Hund dazu bringen, aufs Sofa zu springen. »Kommen Sie, machen Sie es sich bequem. Ich hole die Handtücher.«
An einer Seite war eine Umkleidekabine. Er ging hinein, legte die meisten seiner Klamotten und Wertsachen in ein Schließfach und kam in sauberem T-Shirt und Jogginghose wieder raus. Er weigerte sich, eines dieser am Rücken offenen Hemden zu tragen.
Indira erwartete ihn, und sobald er sich auf die Liege gehievt hatte, schob sie ein kleines Kissen unter seinen Nacken, ein zweites unter die Knie und wickelte dann sein linkes Knie behutsam in heiße Tücher. Er versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, dass er sie die ganze Zeit über beobachtete, aber er argwöhnte, dass sie es trotzdem spürte. Als er sie zum ersten Mal gesehen hatte, war er von Schmerz und Wut so abgelenkt gewesen, dass er sie kaum wahrgenommen hatte. Doch beim nächsten Mal und dem Mal danach war er in der Lage gewesen, sie gründlich zu betrachten.
Sie war anders als alle Frauen, die er sonst kannte. Sie war klein, hatte dunkle Haare und Augen, und ihre Haut wirkte kupferfarben. Sie sah ein bisschen aus wie die Iraker. Sie sprach nicht viel von sich, aber im Verlauf der vielen Sitzungen, die er bei ihr hatte, hatte er doch ein paar Dinge erfahren. Sie stammte aus Bombay, was ihre singende Sprechweise erklärte, und sie bezeichnete sich als Zoroastrierin. Er hatte im Internet nachgesehen und herausgefunden, dass das eine uralte Religion war, bei der man an Feuerzyklen oder etwas Ähnliches glaubte, die Millionen Jahre dauerten. Sie lebte irgendwo in West L. A., zusammen mit ihren Eltern und einem Haufen Brüdern und Schwestern. Er hatte noch nicht herausgefunden, wie er sie nach ihrem Alter fragen konnte, aber er selbst war dreißig und wusste, dass sie jünger als er sein musste.
»Jetzt heißt es fünfzehn Minuten warten«, sagte sie, stellte den Wecker ein und legte ihn zwischen seine Füße. »Sagen Sie Bescheid, wenn es zu heiß wird.«
Von der Wärme sollte sich das Bein lockern, bevor sie mit den Übungen begannen, mit deren Hilfe er Muskeln aufbauen und seinen Bewegungsradius erweitern sollte. Er hatte ihr nie erzählt, wie es zu der Beinverletzung gekommen war, und sie hatte nie danach gefragt. Ob das wohl zu ihrer Ausbildung gehörte? Warten Sie, bis der Krüppel selbst mit der Information rausrückt, drängen Sie ihn nicht dazu. Er wusste, dass viele Kerle, wie Mariani in seinem Rollstuhl, nicht darüber reden wollten. Was ihn selbst betraf, war es ihm ganz recht, nicht darüber zu reden. Als man ihn im Basislager außerhalb von Mosul ins Sanitätszelt gebracht hatte, hatte Sadowski seine Geschichte bestätigt, dass sie in der Nähe auf Patrouille gewesen seien, als sie von einem Heckenschützen angegriffen worden waren. Damals hatte niemand viele Fragen gestellt, alles schien möglich, und Überfälle von Heckenschützen waren an der Tagesordnung. Die Armee hatte ihm sein Purple Heart, die Auszeichnung für verwundete Soldaten, verliehen, ihn ehrenhaft entlassen und schickte ihm seitdem jeden Monat einen Scheck, der nicht einmal annähernd ausreichte.
Greer lag auf dem Rücken und starrte an die Decke. Er lauschte dem Ticken des Weckers sowie dem Stöhnen und Ächzen und den gemurmelten Gesprächen der anderen Veteranen, die mit ihren Therapeuten sprachen und ihre schmerzhaften Übungen hinter sich brachten. Trotzdem freute er sich irgendwie immer auf diese Sitzungen. Die Regierung zahlte, und Indira kümmerte sich um
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