Knochengrube: Mystery-Thriller (German Edition)
tödlichere Zähne. Der Kiefer des Schrecklichen Hunds war so kräftig, dass er Tiere anfallen und töten konnte, die viel größer waren als er selbst, zum Beispiel ein Bison oder ein Kamel. Mit seinen Zähnen hat er ihnen einfach die Knochen zermalmt.«
Einen Moment lang herrschte Stille.
»Jetzt muss ich aber los und versuchen, noch ein paar von den Dingern auszugraben!« Er wandte sich an die dankbare Dozentin und sagte: »Sie gehören wieder Ihnen.«
Die Grube befand sich auf museumseigenem Boden und war nur zwei Minuten Fußmarsch entfernt, doch als er dort ankam, hatte sich das Nachmittagsteam bereits an die Arbeit gemacht. Claude, der pensionierte Ingenieur, quälte sich in einer Ecke ab, Rosalie in einer anderen, und Mirandas Arme steckten bis zu den Handgelenken in der klebrigen Masse.
»Du bist spät dran«, sagte sie neckend. »Das werde ich weitersagen.«
»Wem willst du das weitersagen?«
»Ach ja, du bist ja selbst ein großes Tier.«
»Eine kurze Lektion in Lebenskunde«, sagte Carter. »Es gibt immer ein noch größeres Tier.«
Claude schnaubte, während er eine weitere Handvoll Teer in seinen Eimer schaufelte. »Das kannst du laut sagen.«
Rosalie wischte sich mit der Rückseite eines pummeligen Arms über die Stirn. »Ich glaube, ich kann hier ein Menge Zeug ertasten.«
»Ich auch«, sagte Claude.
»Und ich erst«, stimmte Miranda in den Chor ein. Heute trug sie ein pinkfarbenes trägerloses Top und eine Kette mit kleinen Silberperlen. Nicht unbedingt das, was Carter für die Arbeit im Gelände empfohlen hätte.
Er sah sich um. Die drei arbeiteten in verschiedenen Quadranten, in sorgfältig markierten Abschnitten des Rasters, und sie waren alle in fast der gleichen Höhe.
»Ich habe es dir doch schon letztes Mal gesagt«, erklärte Miranda. »Ich kann etwas echt Komisches da unten ertasten.«
In Carter keimte der Verdacht auf, dass sie auf eine »Querader« gestoßen waren, einen Abschnitt der Grube, in der sich die Fossilien besonders dicht angesammelt hatten. So etwas kam manchmal vor. Ein großes Tier, ein Riesenfaultier oder ein langhörniger Bison vielleicht, hatte sich zu weit in den Teer vorgewagt, der möglicherweise unter einer Schicht aus Gestrüpp und Blättern verborgen gewesen war oder sich an einem fließenden Strom abgelagert hatte. Und dann hatte es in der Falle gesessen. Ein paar Zentimeter Teer hätten schon ausgereicht. Die jüngsten und kräftigsten Tiere wären vielleicht in der Lage gewesen, sich selbst zu befreien, doch die älteren oder schwachen oder diejenigen, die vor Angst und Frustration bis zur Erschöpfung brüllten, hätten es nicht geschafft. Ihre Schreie hätten ihren Untergang eher noch beschleunigt, indem sie Räuber von nah und fern anlockten. Wolfsrudel, Säbelzahnkatzen oder amerikanische Löwen, die, anders als ihre afrikanischen Vettern, paarweise anstatt in Rudeln umherstreiften. Diese Raubtiere hätten sich auf das gefangene Tier gestürzt und versucht, es zu töten und zu fressen.
Wodurch viele von ihnen ihrerseits in der Falle gesessen hätten.
Carter hatte zuvor schon Zeugnisse solch wütender Gemetzel gefunden, haufenweise gebrochene Knochen, Fangzähne und Krallen, allerdings noch nie so viele und so konzentriert wie an diesem Ort. Er ließ den Blick über die gesamte Grube schweifen. Was mochte auf dem Grund der Pit 91 liegen? Was hatte so viele Tiere zum Angriff verleitet und so viele von ihnen in den Tod gelockt?
»Was meinst du, was du da drüben hast?«, rief er Claude zu.
»Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen«, erwiderte Claude, »aber es fühlt sich an wie ein Hals- oder Schlüsselbeinknochen. Ich kann dir zeigen, wo genau er liegt.«
Die Oberfläche der Grube war kreuzweise mit schmalen hölzernen Laufgängen ausgelegt, nur wenige Zentimeter über dem Teer. Vorsichtig ging Carter in Claudes Ecke und kniete sich neben ihn. Heute trug er Shorts, und die harten, rauen Holzbohlen drückten gegen seine Knie.
»Es ist ein paar Zentimeter tief«, sagte Claude und zeigte auf eine Stelle zwischen ihnen.
Carter beugte sich vor und steckte eine Hand in den glänzenden schwarzen Schlamm. Wie immer war er warm und zähflüssig, und als er seine Hand tiefer eintauchte, erschauderte er leicht. Seine Fingerspitzen stießen auf etwas Hartes, Eckiges, genau dort, wo Claude es beschrieben hatte.
»Hast du es gefunden?«
»Ja.« Aber es war immer noch so tief im Teer versunken und unsichtbar, dass er nur raten konnte, um was es sich
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